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# taz.de -- Nach Todesschüssen auf Polizei: Lebenslange Haft für „Reichsbü…
> Im Morgengrauen schießt er auf Beamte, ein Polizist stirbt. Für die Tat
> hat der „Reichsbürger“ aus Mittelfranken jetzt seine Strafe bekommen.
Bild: Mord und zweifach versuchter Mord: Wolfgang P. am Montag im Landgericht N…
Berlin taz | Das Landgericht Nürnberg-Fürth verurteilte am Montag den
Reichsbürger Wolfgang P. aus dem bayrischen Georgensgmünd zu lebenslanger
Haft – eine bisher einmalige Strafe für einen Anhänger der Szene. Der
50-Jährige hatte im Oktober 2016 einen Polizisten erschossen und zwei
verletzt, als diese Waffen in seinem Haus beschlagnahmen wollten. Das
Gericht wertete dies als Mord und zweifachen versuchten Mord. G. habe
„heimtückisch“ gehandelt. Er habe die Polizisten erwartet und dafür in
seinem Schlafzimmer drei Waffen gelagert. Als die Beamten eintrafen, habe
er elf Mal „gezielt“ auf sie gefeuert, um einen vermeintlichen „Angriff“
auf sein „Staatsgebiet“ abzuwehren. P.s Verteidiger hatten dem
widersprochen und den „dilettantisch“ aufgetretenen Polizisten eine
Mitschuld gegeben. Sie hatten auf fahrlässige Tötung plädiert. Die
Staatsanwaltschaft hatte lebenslange Haft gefordert, mit besonderer Schwere
der Schuld. Letzteres sah das Gericht nicht. Wolfgang P. nahm das Urteil
laut Prozessbeobachtern regungslos auf, blieb demonstrativ sitzen. Er hatte
vor der Tat seine Ausweispapiere bei der Gemeinde abgegeben, sein
Grundstück als eigenes Staatsgebiet ausgegeben und dort 30 Waffen gehortet.
Der Kontext
Die Schießerei war ein Wendepunkt. Auch weil vorher ein anderer
Reichsbürger, Adrian U. aus Sachsen-Anhalt, ebenfalls Polizisten
niedergeschossen hatte. Vorher wurde die Szene von den Sicherheitsbehörden
als Spinner abgetan. Seit Dezember 2016 nun stehen die Reichsbürger unter
Beobachtung des Verfassungsschutzes. Aktuell zählt dieser bundesweit 15.000
Anhänger, 900 davon rechtsextrem. Schwerpunkt ist Bayern, in dem 3.250
Reichsbürger leben. Die Szene ist zersplittert – alle aber eint, dass sie
die Bundesrepublik nicht anerkennen, dafür aber eigene Fantasiestaaten.
Eine Zusammenarbeit mit Behörden, Gerichten oder der Polizei lehnen die
Reichsbürger ab. Zuletzt verstärkten sich auch Widerstands- und
Gewaltaufrufe. Die Szene gilt als waffenaffin.
Die Reaktionen
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) nannte das Urteil „hart“. Es
werde „der Schwere des brutalen Verbrechens gerecht“. Bayerns
SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher lobte: „Der Rechtsstaat muss
rechtsextremistisch motivierter Gewalt konsequent begegnen.“
Die Konsequenz
Der Druck auf die Szene hat sich erhöht. Zuletzt gab es wiederholt Razzien.
Auch den Reichsbürger Adrian U. aus Sachsen-Anhalt dürfte ein harte Strafe
erwarten: Er ist angeklagt wegen versuchtem Mord. Die Behörden versuchen
zudem, den Reichsbürgern ihre Waffen abzunehmen – die viele über
Schützenvereine legal erworben haben. Das klappt unterschiedlich gut. Laut
Verfassungsschutz haben rund 1.000 Reichsbürger eine Waffenbesitzkarte.
Bayern will in der Szene inzwischen 547 Waffen eingesammelt haben. In
Sachsen sollen von 718 Reichsbürgern 40 Waffen besitzen. 13 wurden die
Erlaubnisse entzogen. Andere Bundesländer sind dagegen noch in der
Prüfphase.
23 Oct 2017
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Rechtsextremismus
Reichsbürger
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