# taz.de -- Hamburger Senator über Bildungstrend: „Auf die Kernfächer konze… | |
> Der Bildungstrend zeigt: Die Schülerschaft wird gemischter, die | |
> Leistungen werden schlechter – außer in Hamburg. Was macht die Stadt | |
> richtig? | |
Bild: Die Schülerschaft ist bunter geworden. Das kann die Leistungen herunterd… | |
taz: Herr Rabe, beim Bildungstrend in den Fächern Mathe und Deutsch haben | |
sich Hamburger Grundschüler verbessert, während sie sich in den meisten | |
anderen Ländern verschlechtert haben. Ist Hamburg das neue, deutsche | |
Finnland? | |
Ties Rabe: Ich freue mich, dass uns die Wissenschaftler in diesem | |
Ländervergleich ausdrücklich für die gute Entwicklung, die wir in den | |
letzten Jahren genommen haben, gelobt haben. Aber im Länderranking aller | |
Bundesländer stehen wir immer noch auf Platz 11, bis Finnland geht also | |
noch was. | |
Was können andere Bundesländer von Hamburg lernen? | |
Ach, mit Ratschlägen bin ich vorsichtig. Aber wir haben eine sehr gute | |
Lehrerausstattung, liegen in der Lehrer-Schülerrelation bundesweit auf | |
Platz 1. | |
Also, mehr Lehrer in die Schulen, dann lernen alle Schüler besser lesen und | |
rechnen? | |
Am Anfang jeder Veränderung steht die ehrliche Überzeugung, dass man besser | |
werden will und das auch schaffen kann. Zu oft höre ich, schlechte | |
Ergebnisse lägen nur an der Politik oder an den Schülern. Sicher gibt es | |
viele Ursachen, aber es geht auch darum, dass Schulen besser werden können. | |
Deshalb haben wir vor fünf Jahren in allen Schulen regelmäßige | |
Lernstandsuntersuchungen eingeführt. Über die Ergebnisse tauschen sich die | |
Kollegien und die Schulleitung aus und diskutieren die Lernerfolge der | |
Kinder. Diese Kultur des Hinschauens halte ich für essentiell. Außerdem | |
denke ich, dass wir uns in der Schule mehr auf die Kernfächer, auf Deutsch | |
und Mathematik konzentrieren müssen und die Stundentafeln aufstocken | |
müssen. In diesen Fächern lernen die Kinder Schlüsselkompetenzen, die sie | |
häufig nicht mehr von zu Hause mitbringen. | |
Welche Fächer wollen Sie stattdessen vom Stundenplan nehmen? Musik und | |
Kunst? | |
Das muss man im einzelnen entscheiden, aber es geht hier vor allem darum, | |
die Möglichkeiten des Ganztags besser zu nutzen. Warum kann man nicht am | |
Nachmittag auch Mathe- oder Lesespiele machen. Außerdem halte ich auch das | |
Fachlehrerprinzip für sehr wichtig. Es ist eben nicht egal, ob Mathematik | |
vom Sportlehrer oder von einer ausgebildeten Fachlehrerin gegeben wird. | |
Aber viele Länder haben Mühe geeignete Fachlehrer zu finden. Es gibt | |
zurzeit keine Mathelehrer auf dem Arbeitsmarkt, stattdessen müssen | |
Quereinsteiger ran.? | |
Wir müssen stärker für den Lehrerberuf werben und auch mit den Hochschulen | |
sprechen. Zu viele Studierende scheitern im Studium. | |
Die Gewerkschaften fordern eine Angleichung der Gehälter von Grund- und | |
Gymnasiallehrern. Wäre das ein Mittel um den Beruf attraktiver zu machen? | |
Man kann für Grundschullehrer in diesem Punkt durchaus ein Herz haben. Aber | |
wir sollten nicht so tun, als ob wir damit den Lehrermangel auflösen. | |
Lehrer fehlen auch an Oberschulen, Berufsschulen und Sonderschulen. | |
Eine Erkenntnis aus dem Bildungstrend ist: die Schülerschaft ist | |
vielfältiger geworden. Wie geht man damit um, dass mehr Kinder mit | |
Förderbedarf, mehr Schüler nichtdeutscher Muttersprache an den Schulen | |
sind? Muss sich nicht auch die Lernkultur verändern, wenn die Schülerschaft | |
gemischter wird. | |
Da gibt es kein Patentrezept. Was häufiger zum Erfolg führt sind feste | |
Rituale und Abläufe. Viele Kinder kommen eben aus Familien, wo es es das | |
nicht mehr gibt. Ernsthaftigkeit, auch Wertschätzung gegenüber Schule, | |
Lernen und Bildung sowie eine feste Ordnung sind gerade in den ersten | |
Schuljahren wichtig. Eine Schule ist kein Ort der Beliebigkeit, auch kein | |
Jugendzentrum. Das schließt offene Unterrichtsformen und | |
Binnendifferenzierung aber nicht aus. | |
Wo müssen Bund, Länder und Kommunen besser zusammenarbeiten? | |
Zurzeit wird wieder über die Abschaffung des Kooperationsverbots | |
diskutiert. Ohne Zweifel müssen wir in bestimmten Bereichen enger | |
zusammenarbeiten, etwa beim Ganztagsausbau, beim Bau und der Renovierung | |
ordentlicher Schulgebäude und bei der Digitalisierung. Da kommen auch | |
wohlhabende Länder schnell an ihre Grenzen. Entscheidend dafür, wie gut | |
Kinder lernen, ist aber der Unterricht. Und da hilft auch eine Aufhebung | |
des Kooperationsverbots nicht weiter. | |
16 Oct 2017 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
## TAGS | |
Schule | |
Bildung | |
deutsch | |
Mathematik | |
Hamburg | |
Lesestück Meinung und Analyse | |
Migration | |
Migration | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Not-Quartier für neues Gymnasium: Wenn Scholz Schule macht | |
Weil sich der Schulbau um Jahre verzögert, muss das neue | |
Struensee-Gymnasium in ein ungeeignetes Quartier ausweichen. Olaf Scholz | |
hatte in die Planung gefunkt. | |
Debatte Politische Bildung an Schulen: Gegen Hass und Gewalt | |
Nur eine Wochenstunde Sozialkunde in der Schule? Politische Bildung muss | |
ausgebaut werden. Sie befähigt zum Leben in Freiheit. | |
Studie zu Schülerkompetenzen: Jeder virte kan nich richtich schreiben | |
Das Niveau von Grundschülern ist gesunken – auch durch Zuwanderung und | |
Inklusion. Das zeigt der Bildungstrend im Auftrag der Kultusminister. | |
Herrlich, was sie „Umvolkung“ nennen: Jeder Fünfte migrationshintergründig | |
Es hat sich hierzulande viel geändert. 18,6 Millionen Menschen in | |
Deutschland haben einen Migrationshintergrund. |