| # taz.de -- Wählerschwund bei der CDU: Uwe Feiler und die Verlorenen | |
| > Der CDU-Politiker zieht wieder in den Bundestag ein. Doch viele, die mal | |
| > für ihn gestimmt haben, sind nun zur AfD abgewandert. Wie konnte das | |
| > passieren? | |
| Bild: 2013 fuhr Uwe Feiler mit einem ehemaligen Verkaufswagen als Wahlkampfbus … | |
| Uwe Feiler ist weg. Gleich am Montag nach der Wahl war das Plakat | |
| verschwunden. Wochenlang hatte der Brandenburger CDU-Abgeordnete – | |
| Wahlslogan „Gut. Besser. Feiler.“ – von der Laterne in meinen Garten | |
| gelächelt. Dann war er weg. | |
| An diesem Dienstag taucht Uwe Feiler wieder auf. Im Reichstagsgebäude | |
| konstituiert sich der 19. Deutsche Bundestag. Es wird anders sein als vor | |
| vier Jahren. Nicht nur, weil Feiler kein Parlamentsneuling mehr ist; es ist | |
| seine zweite Wahlperiode. Anders wird es vor allem sein, weil diesmal die | |
| AfD dabei ist. 92 Männer und Frauen, deren Parteivorsitzender Alexander | |
| Gauland am Wahlabend erklärt hatte, die nächste Bundesregierung solle sich | |
| „warm anziehen“. „Wir werden uns unser Land und unser Volk zurückholen.�… | |
| Wie viele andere CDU-Abgeordnete hat Uwe Feiler schon im Wahlkampf zu | |
| spüren bekommen, wie gut die verächtliche Rhetorik der Rechtspopulisten bei | |
| seinen Wählern angekommen ist. 65 seiner früheren Fraktionskollegen haben | |
| es diesmal nicht in den Bundestag geschafft. Feiler schon. Aber es war | |
| knapp. | |
| Der Abgeordnete Uwe Feiler wird also an diesem Dienstag frühmorgens sein | |
| Haus in Spaatz verlassen und sich auf den knapp 100 Kilometer langen Weg | |
| nach Berlin machen. Er wird mit seinem Auto durchs Havelland fahren, vorbei | |
| an abgeernteten Äckern, um pünktlich um neun Uhr beim Treffen der | |
| Brandenburger CDU-Abgeordneten anzukommen. Um zehn folgt die | |
| Fraktionssitzung, und um elf ist es schließlich so weit. Die | |
| konstituierende Sitzung beginnt. Die Geschäftsordnung wird beschlossen, | |
| anschließend der Bundestagspräsident gewählt. Der wird Wolfgang Schäuble | |
| heißen. Seine Rede wird mit Spannung erwartet. Welche Worte wird Schäuble, | |
| der hochintelligente knurrige Langzeitpolitiker, wählen? Wird er in den | |
| Angriffsmodus gehen? Oder schafft er es, einen jener raren Momente | |
| herzustellen, die dem hohen Gut der parlamentarischen Demokratie Geltung | |
| verschaffen? | |
| Nach seinen Erwartungen gefragt, antwortet Feiler, er hoffe doch sehr, dass | |
| diese Sitzung „in gesitteten Bahnen verläuft“. Ein typischer Feiler-Satz | |
| ist das. Uwe Feiler ist „mein“ Abgeordneter. Auch wenn ich ihn nicht | |
| gewählt habe, vertritt er im Parlament meinen Wahlkreis, die Interessen von | |
| mir und einer Viertelmillion weiteren Wahlberechtigten. Feiler könnte froh | |
| sein, er hat gewonnen. Aber er ist es nur halb. Er ist von 37,5 auf 29,9 | |
| Prozent abgesackt, 11.000 Stimmen hat er an die AfD verloren, deren | |
| Kandidat ist mit 18 Prozent eingelaufen. „Fürs Nichtstun und | |
| Blöde-Sprüche-Klopfen“, ärgert sich Feiler. | |
| ## Rackern ohne Ende – und dann sahnen die anderen ab | |
| So wie dem CDU-Politiker Uwe Feiler geht es vielen Abgeordneten von Union | |
| und SPD. Seit Jahren und Jahrzehnten machen sie die Wahlkreisarbeit, sind | |
| vor Ort, hören den Leuten zu und versuchen mitunter auch dort zu helfen, wo | |
| es eigentlich Sache der Kommune wäre, des Kreises oder Bundeslandes. Sie | |
| sitzen sich den Hintern platt in Ausschüssen und Gremien, halten | |
| Bürgersprechstunden ab, sehen kaum ihre Familie, kennen aber jedes | |
| Feuerwehrauto und sämtliche Vereinsvorsitzenden, inklusive Enkeln und | |
| Schwippschwägern. | |
| Und wenn Wahlkampf ist, tuckern sie durch die Dörfer, behelligen Wähler an | |
| ihren Haustüren, stehen früh um halb sechs Uhr an Pendlerbahnhöfen und | |
| sitzen bis nachts auf Wahlpodien vor zehn interessierten Dörflern. Und am | |
| Ende wählen die Leute dann die anderen, die ohne Erfahrung, ohne Antworten. | |
| In Feilers Wahlkreis ist es so gekommen und in allen anderen auch. Im einst | |
| roten Brandenburg ist die AfD nun zweitstärkste Partei, nach der CDU und | |
| vor den Sozialdemokraten. | |
| Feiler sagt, er habe im Wahlkampf schon so eine Ahnung gehabt. „Du hast an | |
| der Tür geklingelt, dein Sprüchlein gemacht, und dann kam so ein | |
| siegessicheres Lächeln. Und dieser Satz: ,Danke, wir haben uns bereits | |
| entschieden.' Da wusste ich, die von der AfD können es schaffen.“ | |
| Fünf AfDlern – ausschließlich Männern – haben die Brandenburger in den | |
| Bundestag verholfen. Die meisten Stimmen holten sie in wirtschaftlich | |
| benachteiligten Regionen mit geringem Ausländeranteil und vielen älteren | |
| Wahlberechtigten. Im Speckgürtel um Berlin klappte es nicht so gut. Wo die | |
| Leute Jobs haben, Infrastruktur, eine gute Gemeinschaft, bleiben sie den | |
| Demokraten gewogen. | |
| ## Ein schwieriger Wahlkreis zwischen Großstadt und Provinz | |
| Feilers Wahlkreis ist beides: Berlin-nah und mancherorts fast menschenleer. | |
| Falkensee, Oranienburg sind vitale Umlandstädte. Die Dörfer heißen Börnicke | |
| und Friesack, Paulinenaue und Himmelpfort, viele sind von jener | |
| Fontane’schen Schönheit und Verlorenheit, die die Sehnsucht der Berliner | |
| Wochenendausflügler beflügeln. Doch deren Hingezogenheit kippt gerade in | |
| Abgestoßensein. Was stimmt nicht mit den Ostlern?, fragen sich viele. Was | |
| ist los mit diesen Brandenburgern? Kann man da überhaupt noch hinfahren? | |
| Feiler hat „noch keine vernünftige Antwort darauf“. Aber klar, man kann, | |
| man soll noch nach Brandenburg kommen. Aber die Menschen, sagt er, trauen | |
| der Politik nicht mehr. Er erzählt von Leuten, die ihn angepöbelt haben: | |
| Ihr trinkt doch nur Sekt und esst Kaviar. „Dann sage ich: Ich trinke nur | |
| Bier, und am liebsten esse ich Bockwurst.“ | |
| Das ist zutreffend. Während der gesamten Recherche zu diesem Text werden | |
| reichlich Bockwürste gegessen. Und zwar grundsätzlich mit der Hand. | |
| Bockwurst und Besteck, das gehört sich einfach nicht für Uwe Feiler. | |
| ## Manche Wähler sind nicht mehr erreichbar | |
| Einmal ist er beim Haustürwahlkampf vom Regen überrascht worden, erzählt | |
| er. Den Kandidaten da weiterzuschicken haben nicht mal die beiden | |
| AfD-Wähler in Falkensee übers Herz gebracht. „Wir haben bei denen eine | |
| Dreiviertelstunde unterm Carport gestanden und diskutiert“, erzählt Feiler. | |
| Danach wusste er: Diese Leute sind Argumenten nicht zugänglich. 301.082 | |
| Brandenburgerinnen und Brandenburger haben den Nadelstreifen-Rechten ihre | |
| Stimme gegeben. In 77 von 417 Städten und Gemeinden wurde die AfD sogar | |
| stärkste Partei. | |
| Es ist nicht so, dass Uwe Feiler eine andere Sprache spräche als die | |
| Brandenburger, dass er eine abgehobene Kultur hätte. Der 51 Jahre alte | |
| Niedersachse ist Finanzwirt. Seine Familie ist kurz nach der Wende zurück | |
| nach Brandenburg gegangen, in das Dorf von Feilers Vater. Im | |
| 320-Einwohner-Örtchen Spaatz – Gemeinde Havelaue, Amt Rhinow – hat die | |
| Familie eine Landwirtschaft. Sechseinhalb Hektar Acker, dreißig Tonnen | |
| Spargel jedes Jahr im späten Frühjahr. | |
| Feilers Frau Gabi führt den Betrieb. „Sie ist die Chefin, ich bin Knecht | |
| und Treckerfahrer“, sagt Feiler. Er grinst. Die beiden sind in zweiter Ehe | |
| verheiratet, zusammen haben sie ihre Kinder großgezogen. In dem alten | |
| Hofhaus am Spaatzer Anger steht an diesem Tag der Erbseneintopf auf dem | |
| Herd, im Topf daneben werden gerade die Bockwürste heiß. Zeit zum Reden. | |
| Warum, Herr Feiler, machen Sie, was Sie machen? Sie könnten doch, statt | |
| Berufspolitiker zu sein, warm und trocken im Finanzamt sitzen. Feiler | |
| guckt, schweigt erst mal. Seine Frau sitzt dabei, sagt: „Die Politik hält | |
| meinen Mann am Leben.“ | |
| Man muss dazu wissen, dass der Abgeordnete Feiler eigentlich schon zweimal | |
| fast gestorben wäre. Vor einigen Jahren hat er versucht, eine Eiche zu | |
| fällen. Der Baum stürzte auf ihn herab. Polytrauma, die Ärzte gaben ihm nur | |
| drei Prozent Überlebenschance. Doch nach elf Tagen Koma kämpfte er sich | |
| doch noch ins Leben zurück. Der Bundestagswahlkampf 2013 war dann mühsam | |
| für ihn, er hat es trotzdem gepackt. „Die Partei hat mir Zeit gegeben“, | |
| sagt er. Vor zwei Jahren schließlich ist er bei einem Firmenbesuch im | |
| Wahlkreis zusammengebrochen. Diagnose: Angiom, ein Blutschwamm im Kopf. | |
| Not-OP, Intensivstation, als er wieder zu sich kommt, spricht er den | |
| Pfleger mit „Dr. Pofalla“ an. | |
| ## Politik: „Das ist mein Traumjob.“ | |
| Feiler sagt jetzt, all dies habe ihn eben gerade nicht bewogen, den | |
| Politikerberuf an den Nagel zu hängen. „Das ist einfach mein Traumjob, ich | |
| lebe dafür.“ Dann zählt er auf, was er alles bewegt hat. Geld für den | |
| Straßenbau im Wahlkreis hat er lockergemacht, Millionen für die | |
| Entschärfung der Weltkriegsbomben, die in Oranienburg im märkischen Sand | |
| dämmern. Es sind die Worte von jemandem, der seine Bestimmung gefunden hat. | |
| Der aber auch einen Preis dafür zahlt. Und dessen Partei, die CDU, | |
| mittlerweile hart von rechts angegangen wird. Von der AfD und ihren | |
| Wählern. | |
| Gabi Feiler macht sich Sorgen. Der Ton sei härter geworden, die Verachtung | |
| gegenüber Politikern, die Abschätzigkeit nimmt zu. Im Herbst 2015 ist ihr | |
| Mann mal vom Spaatzer Kneipentisch aufgestanden und schimpfend nach Hause | |
| gekommen. Er konnte das Gejammer nicht mehr hören, irgendwann ist auch mal | |
| Feierabend. | |
| 2005 ist Gabi Feiler in die Partei ihren Mannes eingetreten. Wegen Merkel. | |
| „Ich bin nach wie vor Fan“, sagt sie und erzählt von ihrer Begegnung mit | |
| der Parteivorsitzenden. Im Wahlkampf 2013 war das, Merkel trat öffentlich | |
| in Oranienburg auf, die Frau des Kandidaten Feiler durfte mit in den | |
| VIP-Bereich. „Ich bin nicht so der Drängler“, erinnert sie sich an die | |
| Begegnung, „aber sie kam auf mich zu.“ | |
| Diesmal, 2017, war Merkel nicht im Wahlkreis 58 unterwegs. Und dort, wo sie | |
| auftauchte, wurde sie von Wutbürgern niedergebrüllt. Erst als die | |
| CDU-Zentrale Merkels Termine nicht mehr vorher ankündigte, hörten die Leute | |
| ihr zu. Die organisierten Störer von AfD und NPD blieben weg. „Ich ziehe | |
| definitiv den Hut vor ihr“, sagt Gabi Feiler. Und dass sie in Merkels Lage | |
| schon längst hingeschmissen hätte. | |
| ## Drei Polizeiwagen für den ganzen Kreis | |
| Der Sommer war dann hart. In den neun Wochen bis zum Wahltag war Uwe Feiler | |
| ganze zwei Tage zu Hause, Urlaub war erst gar nicht geplant. Im Wahlkampf | |
| machte Feiler alles so, wie es die Parteizentrale vorgesehen hatte: ran an | |
| die Leute. Aber die Leute mochten nicht so recht. Im Grunde, das ist ihm | |
| klar, wollen alle, dass die Politik ihre Probleme löst. Öffentlicher | |
| Nahverkehr, Dauerbaustellen, Wohnungseinbrüche, Lehrermangel – bei den | |
| meisten Themen sind eigentlich die Kommune oder das Land zuständig. | |
| „Aber den Leuten ist piepe, wer was umsetzt, Hauptsache, es wird gemacht“, | |
| sagt Feiler. Und auch wenn manche komische Ansichten haben, diskutiert | |
| Feiler weiter. „Die Leute erwarten von einem Politiker, dass er mindestens | |
| einen Vorschlag macht“. Aber was für ein Vorschlag sollte das sein, wenn | |
| etwa die Polizei im ganzen Havelland nur drei Einsatzwagen hat. Wenn | |
| Einbruchsopfer ihm erzählen, die Spurensicherung sei erst am übernächsten | |
| Tag gekommen. Staatsversagen? Nein, das nicht. „Aber es gibt Defizite, die | |
| dringendst abgestellt werden müssen.“ | |
| Feiler stand also im Wahlsommer vor den Supermärkten und Bahnhöfen seines | |
| Wahlkreises. Er und seine Parteifreunde klingelten an 9.000 Haustüren. Sie | |
| standen bei Stadt- und Feuerwehrfesten mit ihren Flyern. An den Laternen im | |
| Wahlkreis war kaum noch Platz für Plakate. Am 17. September postete Feiler | |
| auf Facebook ein Foto von sich in Schwarz-Rot-Gold, Slogan: „Voll | |
| muttiviert!“ Er lächelt da aus müden Augen. Am 24. September gewann er | |
| wieder seinen Wahlkreis. Trotz allem. | |
| ## Kollege Patzelt siegt gegen Alexander Gauland – knapp | |
| An diesem Dienstag geht Feiler also wieder von seinem Büro Unter den Linden | |
| die paar hundert Meter hinüber zum Parlament. Uwe Feiler wird sich zwischen | |
| seine Kolleginnen und Kollegen setzen. 311 Abgeordnete waren sie hier vor | |
| vier Jahren, eine mächtige Fraktion, keine Frage. Diesmal sind sie nur noch | |
| 246. Gut möglich, dass Feiler mit seinem Büronachbarn Martin Patzelt | |
| beisammensitzt. Patzelt ist der Brandenburger CDU-Abgeordnete, der im | |
| zurückliegenden Sommer erfolgreich gegen die AfD war. Erfolgreich meint im | |
| Jahr 2017, noch mal davongekommen zu sein. | |
| In Frankfurt (Oder), wo Patzelt in den nuller Jahren CDU-Oberbürgermeister | |
| gewesen ist, hat er sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit AfD-Spitzenkandidat | |
| Alexander Gauland geliefert. Der Bundesvorsitzende mit der Hundekrawatte | |
| kannte im Grunde niemanden im Wahlkreis, und niemand kannte ihn. Und | |
| trotzdem holte er 21,9 Prozent der Stimmen. | |
| Gewonnen hat dann Patzelt, mit 27,1 Prozent. Wie Feiler ist Patzelt durch | |
| seinen Wahlkreis getingelt, hat mit den Leuten diskutiert. Gauland dagegen | |
| ist nur einmal gekommen, in seine Wahlkampfveranstaltung kamen | |
| ausschließlich geladene Gäste. Und dafür kriegt so jemand 21,9 Prozent? | |
| Martin Patzelt ist am wichtigsten, dass er seinen Wahlkreis verteidigen | |
| konnte. „Wenn dort der AfD-Mann das Direktmandat errungen hätte, hätte das | |
| bestehende Vorurteile bestätigt“, sagt er mit lauter Stimme. Patzelt war | |
| mal Sozialarbeiter, das hört man. Mit „bestehende Vorurteile“ meint er den | |
| nicht eben abwegigen Vorwurf, seine Brandenburger seien ganz schön rechts. | |
| „Ich konnte ein Zeichen setzen“, freut sich der Siebzigjährige, „dass | |
| dieses Land, diese Heimat kein Dunkelland ist.“ Nun ja, mit 20,2 Prozent | |
| ist die AfD dort zweitstärkste Partei geworden, der Bundesdurchschnitt | |
| liegt bei 12,8 Prozent. Klingt nach einem handfesten Demokratieproblem. | |
| „Das Wort stimmt schon mal nicht“, regt Martin Patzelt sich jetzt ein | |
| bisschen auf, „wir haben alle Nachholbedarf in Richtung | |
| Demokratie-Entwicklung – nicht nur die AfD-Wähler.“ Er erzählt vom Frust, | |
| den er im Wahlkampf erlebt hat. Von Menschen, die gesagt hätten, es hat eh | |
| keinen Zweck, es ändert sich ja nichts. „Aber wir alle müssen uns doch | |
| fragen, was wir ändern können. Wir reiten die Demokratie zu Tode, wenn wir | |
| glauben, dass Politik und Verwaltung Dienstleister sind, die alle unsere | |
| Wünsche eins zu eins umsetzt.“ | |
| Genau das ist für ihn der Grundkonflikt: Die Wähler hätten die Vorstellung, | |
| dass Politik Wünsche erfüllen muss. „Das ist Unsinn. Die Demokratie läuft | |
| sich den Wolf, wenn das bürgerschaftliche Engagement wegfällt.“ Vielen im | |
| Osten gehe es übrigens gar nicht so schlecht, wie immer getan werde. Er | |
| habe im Wahlkampf gestaunt, wie teuer manche AfD-Wähler eingerichtet waren. | |
| „Schließanlage, SUV, Rasenroboter – die einen haben zu wenig zu essen, die | |
| anderen müssen ins Fitnessstudio gehen, um abzunehmen.“ | |
| Patzelt ist ein christlicher Pragmatiker. Im Flüchtlingssommer 2015 hat er | |
| zwei junge Eritreer bei sich zu Hause in Briesen aufgenommen. Einer der | |
| beiden lebt mittlerweile in Köln, Patzelt und seine Frau meinen, „er wollte | |
| sich unserem Druck entziehen“. Dem anderen haben die Patzelts erst neulich | |
| eine Schultüte geschenkt. „Weil er jetzt Deutsch lernt und dann eine | |
| Ausbildung machen kann. Mit der kann er später in Eritrea was anfangen.“ | |
| Der CDU-Politiker ist ein Helfer, ja, aber er findet auch, dass | |
| Fluchtursachen politisch bekämpft werden müssen, die Maghrebstaaten sind | |
| für ihn keine Fluchtländer. In der CDU-Fraktion hat er vorgeschlagen, alle | |
| Flüchtlinge mit anerkanntem Status zum Arbeiten auf dem dritten | |
| Arbeitsmarkt zu verpflichten. Patzelts Konkurrent von der AfD redet derweil | |
| lieber von „schleichender Landnahme“ durch Geflüchtete. | |
| An diesem Dienstag nun wird ebendieser Alexander Gauland im Plenum vorne | |
| rechts Platz nehmen. Er ist im neu gewählten Bundestag der Vorsitzende der | |
| AfD-Fraktion. Uwe Feiler und Martin Patzelt werden zwischen ihren | |
| Unionskollegen sitzen. Konzentriert werden sie Wolfgang Schäubles Rede | |
| lauschen. Es wird der erste Stresstest für die parlamentarische Demokratie. | |
| Der erste von unzähligen, die in dieser, der 19. Legislaturperiode, kommen. | |
| 24 Oct 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Anja Maier | |
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