# taz.de -- Flüchtlingsunterkunft: Zwei Jahre im Hangar | |
> Noch immer leben 200 Flüchtlinge im alten Flughafen Tempelhof. Wann das | |
> Containerdorf daneben eröffnet, ist weiter unklar. | |
Bild: Hängepartie: Manche im Flughafen warten seit zwei Jahren auf eine andere… | |
In dieser Woche steht ein wenig erfreulicher Jahrestag an: Am 24. Oktober | |
2015 wurden die Hangars im ehemaligen Flughafen Tempelhof zur | |
Flüchtlingsunterkunft umfunktioniert. Eine behelfsmäßige Unterbringung in | |
der Not, die Menschen sollten damals vor allem ein Dach über dem Kopf | |
bekommen. | |
Heute, zwei Jahre später, leben noch immer 200 Frauen, Männer und Kinder in | |
den Hallen. Mehr als die Hälfte der BewohnerInnen sei von Anfang an dabei, | |
berichtete Michael Elias, Geschäftsführer des Betreibers Tamaja, am Sonntag | |
der taz. Er bezeichnet die Situation als „unerträglich“. Kinder, die mit | |
sechs Jahren in die Hangars einzogen, seien inzwischen acht. „Wir wollen | |
nicht, dass diese Menschen vergessen werden.“ | |
Die Flüchtlinge leben in den Hangars in durch dünne Wände voneinander | |
abgetrennten Kabinen. Türen gibt es keine, lediglich ein dicker Vorhang | |
schirmt den eigenen Raum vom Flur ab. Die Kabinen sind nach oben offen. Die | |
BewohnerInnen können das Licht nicht selbst regulieren. Sie hören die | |
Geräusche in der Halle und werden selbst gehört. Eine Großküche versorgt | |
die Menschen mit Essen, selbst zu kochen ist nicht möglich. | |
Es gebe zwar keine Streitereien, erzählte Elias. Dank der vielen Angebote | |
etwa durch Ehrenamtliche langweilten sich die Bewohnerinnen und Bewohner | |
auch nicht. „Aber sie fühlen sich latent beobachtet.“ Jeder brauche eine | |
Privatsphäre, die könne Tamaja den Menschen in den Hangars nicht bieten. | |
„Intimität, Sexualität, was macht das mit einem, wenn man sich das | |
permanent verklemmt?“ | |
6.500 Flüchtlinge wohnen in Berlin nach wie vor in Notunterkünften. In den | |
kommenden Wochen sollen über 1.500 von ihnen in modulare Unterkünfte und | |
Containerdörfer umziehen, sagte am Sonntag Sascha Langenbach, Sprecher des | |
Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF). Auch in Tempelhof stehen | |
bereits die Container auf dem Vorfeld des ehemaligen Flughafens, sie sollen | |
Platz bieten für gut 1.000 Menschen. | |
Wann die Leute dort einziehen können, ist aber noch offen. Vor einem Jahr | |
hieß es, dass die Unterkunft im Frühjahr fertig werden könnte. Doch das | |
verzögerte sich. Zuständig für die Aufstellung der Container ist die | |
Berliner Immobilienmanagement GmbH, kurz BIM. „Wir haben Teile der Gebäude | |
im Juli übergeben“, sagte deren Sprecher Christian Breitkreutz der taz. | |
Damals seien noch kleinere Mängel zu beheben gewesen. Die Außenflächen | |
hätten beispielsweise begrünt werden müssen. An diesem Montag gebe es nun | |
eine „finale Übergabe“ an das LAF. | |
Das bestätigte auch Sascha Langenbach. Einen Termin für einen möglichen | |
Einzug wollte er nicht nennen, weitere Nachbesserungen könnten nötig sein. | |
„Wir sind natürlich daran interessiert, den Standort so schnell wie möglich | |
ans Netz zu bringen.“ | |
Vor allen Dingen muss seine Behörde erst mal einen Betreiber für die | |
Flüchtlingsunterkunft finden. Bei einer ersten Ausschreibung hatte sich | |
niemand beworben, bestätigte Langenbach. Laut Elias von Tamaja hat es sich | |
um eine europaweite Ausschreibung mit festgelegtem Personalschlüssel | |
gehandelt. „Auf einen Sozialarbeiter sollten 166 Bewohner kommen. Da können | |
Sie gerade mal ‚Guten Tag‘ und ‚Auf Wiedersehen‘ sagen.“ In einer nä… | |
Runde habe man das Angebot aber selbst gestalten können. Langenbach zufolge | |
gibt es inzwischen mehrere Bewerber. | |
Sollte das Containerdorf erst in einigen Monaten eröffnen, nutzt das vielen | |
Flüchtlingen aus den Hangars wahrscheinlich nichts mehr. Tamaja begleitet | |
die BewohnerInnen bei der Job- und Wohnungssuche. Auf diese Weise gelinge | |
es, pro Monat 50 bis 70 Leute aus der Flughafenunterkunft zu kriegen, sagte | |
Elias. In die Container auf dem Vorfeld ziehen dann andere ein. | |
22 Oct 2017 | |
## AUTOREN | |
Antje Lang-Lendorff | |
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