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# taz.de -- Politische Gefangene in der Türkei: Prozess gegen Mesale Tolu begi…
> Die deutsche Journalistin Mesale Tolu steht ab Mittwoch in Silivri bei
> Istanbul vor Gericht. Ihr droht eine Haftstrafe von 15 Jahren.
Bild: Mesale Tolu wird unter anderem „Terrorpropaganda“ vorgeworfen
Athen taz | Am Mittwoch beginnt in der Nähe von Istanbul der erste Prozess
gegen eine der elf deutschen politischen Gefangenen in der Türkei. Die
deutsche Journalistin und Übersetzerin Mesale Tolu (33) wird jetzt nach
über [1][fünfmonatiger Untersuchungshaft] erstmals einem Richter
vorgeführt. Tolu wird von der Staatsanwaltschaft „Terrorpropaganda“ und
Mitgliedschaft in der Marxistisch-Leninistischen Kommunisten Partei (MLKP)
vorgeworfen. Dafür soll sie für 15 Jahre ins Gefängnis.
Mesale Tolu, die in Ulm aufgewachsen ist, hat in Istanbul für die kleine
linke Nachrichtenagentur ETHA gearbeitet. Sie nahm 2007 die deutsche
Staatsbürgerschaft an und gab ihre türkische Staatsbürgerschaft ab. Nachdem
sie ihren späteren Mann Suat Corlu kennen gelernt hatte, pendelte sie
zwischen Ulm und Istanbul und engagierte sich in der sozialistisch
ausgerichteten Agentur. Deren Website war zwar nach dem Putschversuch im
Juli 2016 zwischenzeitlich immer mal wieder gesperrt worden, ist aber nicht
verboten.
Zwei Wochen, nachdem bereits ihr Mann verhaftete worden war, wurde sie mit
17 weiteren Personen bei einer Razzia gegen angebliche Mitglieder der MLKP
festgenommen. Das war am 30. April und seitdem sitzt sie in
Untersuchungshaft. Die Bundesregierung wurde über ihre Festnahme nicht
informiert, ein klarer Verstoß gegen internationales Recht. Erst ihr Vater,
der sich zum Zeitpunkt der Verhaftung seiner Tochter ebenfalls in der
Türkei aufhielt, machte die deutschen Behörden auf das Schicksal seiner
Tochter aufmerksam.
Mesale Tolu hat einen zweieinhalbjährigen Sohn, der bei seiner Mutter im
Gefängnis lebt. Besuch bekommt sie regelmäßig einmal in der Woche von ihrem
Vater, der auch das Kind ab und zu abholt und es zu Besuchen bei seinem
Vater Suat Corlu mitnimmt.
Der Prozess gegen Mesale Tolu und 17 weitere Angeklagte findet in einem
Gerichtssaal innerhalb des Hochsicherheitsgefängnisses von Silivri, rund 80
Kilometer von Istanbul entfernt, statt. Tolu wird für den Prozess dorthin
gebracht. Die Öffentlichkeit hat dort nur einen begrenzten Zugang. Als
Beleg für ihre Anklage führt die Staatsanwaltschaft an, dass Mesale Tolu
sowohl bei der Beerdigung eines getöteten MLKP-Militanten wie auch bei der
Beerdigung einer Deutschen, die in den Reihen der kurdischen YPG gekämpft
hat, gesehen worden sei. Mesale Tolu sagt dazu, dass sie jeweils als
Berichterstatterin vor Ort war.
Sie wird als Teil einer politischen Gruppe vor Gericht gestellt und ihre
deutsche Staatsbürgerschaft wird in dem Prozess kaum eine Rolle spielen.
Für politische Beobachter der einschlägigen Prozesse in der Türkei besteht
wenig Hoffnung, dass Mesale Tolu, ungeachtet aller Proteste in Deutschland,
freigesprochen wird.
Der Prozess hat dennoch so etwas wie einen Pilotcharakter für die
irgendwann bevorstehenden Verhandlungen gegen den [2][Welt-Korrespondenten
Deniz Yücel und den Menschenrechtler Peter Steudtner], die ebenfalls als
politische Gefangene festgehalten werden. Während Deniz Yücel jetzt schon
seit Februar vergeblich darauf wartet, dass eine Anklage gegen ihn
vorgelegt wird, forderte der Staatsanwalt jüngst gegen Steudtner eine
Haftstrafe zwischen 7,5 und 10 Jahren.
11 Oct 2017
## LINKS
[1] /Journalistin-Tolu-in-tuerkischem-Gefaengnis/!5453182
[2] /Kommentar-Erdogans-Geisel/!5441607
## AUTOREN
Wolf Wittenfeld
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Mesale Tolu
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