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# taz.de -- Katja Kipping über „Linken“-Streit: „Reinigendes Gewitter“
> Die Vorsitzende der Linken über Hintergründe des jüngsten heftigen
> Flügelkampfes in ihrer Partei. Von Mobbing zu reden sei Quatsch, sagt
> sie.
Bild: Dietmar Bartsch, Sahra Wagenknecht, Bernd Riexinger und Katja Kipping. Si…
taz: Frau Kipping, wenn man putscht, dann doch wenigstens richtig. Wieso
ist Ihr Putsch gegen Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch [1][schief
gegangen]?
Katja Kippinger: Bernd Riexinger und ich, wir haben bereits nach der Wahl
gesagt, es wird bei unserem Vorschlag für den Fraktionsvorsitz keine
Überraschungen geben. Wir haben im geschäftsführenden Parteivorstand Sahra
Wagenknecht und Dietmar Bartsch einstimmig vorgeschlagen und dafür
geworben, dass sie ein gutes Ergebnis bekommen. Und dann haben wir uns
erstens für eine bessere Verzahnung von Fraktion und Partei engagiert und
dafür, dass die Vielfalt der Fraktion sich in der Zusammensetzung des
Fraktionsvorstands widerspiegelt. Es ging uns nur darum und um nichts
anderes.
Sahra Wagenknecht hat Ihnen vorgeworfen aus dem Hinterhalt zu intrigieren,
sie wegmobben zu wollen.
Das ist Quatsch. Dazu kann ich nur sagen: dieser Brief sagt viel über die
Verfasserin aus und wenig über mich. Diese Anschuldigungen weise ich
zurück.
Sie haben versucht, die Macht der Fraktionsvorsitzenden zu begrenzen, Sie
nennen es eben Verzahnung.
Am Ende hat die Fraktion den Fraktionsvorstand gestärkt, da er jetzt die
Breite widerspiegelt. Es gab in den letzten Jahren da einige Defizite. Ein
Drittel der Fraktion fühlte sich nicht entsprechend vertreten. Das wollten
wir ändern und haben am Ende einen Kompromiss gefunden. Bei der
Geschäftsordnung und beim Personaltableau.
Wenn es diese Defizite gibt, dann ist doch die Fraktion nicht gut geführt
worden. Warum haben Sie dann Bartsch und Wagenknecht wieder als
Fraktionsvorsitzende vorgeschlagen?
Weil sie gute Spitzenkandidaten waren und wir mit ihnen ein gutes Ergebnis
eingefahren haben. Aber es gab natürlich Defizite und als Partei müssen wir
in dieser schwierigen gesellschaftlichen Situation unsere volle Schlagkraft
entfalten. Und da ist es besser, wenn die Fraktion in ihrer Vielfalt auch
im Fraktionsvorstand abgebildet ist. Mir ist wichtig: inhaltliche
Alleingänge und eine Politik der Basta-Sprüche bringen uns nicht weiter,
sondern schaden uns. Wir brauchen einen lebendigen Streit in der Sache,
wenn es etwa um ein linkes Einwanderungsgesetz geht oder die
Sozialstaatsgarantie in Zeiten der Digitalisierung.
Es ging Ihnen als Parteiführung darum, Stimmrecht im Fraktionsvorstand zu
bekommen und ein zu den Fraktionsvorsitzenden gleichberechtigtes Rederecht.
Haben Sie bei den fraglichen Anträgen die Feder geführt?
Es gab verschieden Initiativen aus der Fraktion heraus, von denen ich
einige befürwortet habe. Das Stimmrecht wäre ein Mittel gewesen, Partei und
Fraktion besser zu verzahnen. Am Ende haben wir diesen Vorschlag
zurückgezogen und für ein anderes Personaltableau geworben. Für diesen
Kompromiss habe ich mich stark gemacht und ich freue mich sehr, dass am
Ende auch Sahra Wagenknecht von einer Politik der Rücktrittsandrohungen
Abstand genommen hat und sich auf einen Kompromiss eingelassen hat.
Neu im Vorstand ist Sabine Leidig als Beauftragte für soziale Bewegungen.
Warum ist das wichtig für Sie?
Das ist nach innen und außen ein gutes Signal. Sabine steht für
sozialökologischen Umbau, sie war lange Zeit Geschäftsführerin bei Attac.
Es ist uns wichtig, all das, was im Parlament passiert, eng zu verknüpfen
mit der Arbeit von sozialen Bewegungen, weil wir nur im Zusammenspiel dem
gesellschaftlichen Rechtsruck etwas entgegensetzen können.
Leidig steht für das ökosoziale Milieu, das neu in die Partei kommt. Nun
geht es bei Ihnen ja auch darum, welche Wähler Sie künftig ansprechen: die
urbanen Akademiker oder die Arbeiter. Muss sich die Partei zwischen diesen
Gruppen entscheiden?
Nein, das fände ich verheerend. Unser Selbstverständnis wie die
Wahlstrategie sehen vor, dass wir die unterschiedlichen Milieus ansprechen,
sowohl diejenigen, die in sozialen Brennpunkten leben, die Beschäftigten,
als auch die jungen, alternativen Weltoffenen.
Dafür …
… habe ich mich auch persönlich eingesetzt, ich habe ja nicht nur in
Hörsälen gesprochen, sondern habe auch Haustürbesuche in Plattenbauvierteln
gemacht und früh morgens vorm Jobcenter gestanden und Aktionen des
Pflegepersonals unterstützt.
Das Thema Flüchtlinge, Einwanderung und die Abgrenzung zur AfD werden die
Fraktion und den Bundestag in den nächsten Monaten ganz sicher
beschäftigen. Ist denn Sahra Wagenknecht für diese Themen die Richtige, um
als Fraktionsvorsitzende die Debatte anzuführen?
Sie wird natürlich klare Flagge gegen rechts zeigen, genauso wie die
Fraktion in Gänze. Unser Dreiklang lautet: eine soziale Offensive für alle,
Fluchtursachen bekämpfen sowie das Grundrecht auf Asyl verteidigen und
Bewegungsfreiheit stark machen.
Und für alle drei Punkte steht Sahra Wagenknecht?
Davon gehe ich doch stark aus.
Zumindest bei der Bewegungsfreiheit, sprich offene Grenzen für alle, sieht
Sahra Wagenknecht gegenwärtig keine realistischen Umsetzungschancen.
Meiner Meinung geht es beim Thema Bewegungsfreiheit um eine Haltungsfrage
und nicht um eine unmittelbare Umsetzungsperspektive. Der Kampf für soziale
Gerechtigkeit und Flüchtlingsschutz sind Teil unserer linken DNA. Und
darüber, wie ein linkes Einwanderungsgesetz funktionieren kann, darüber
können wir wirklich diskutieren. Ich habe dazu einen Vorschlag gemacht und
freue mich auf die Debatte.
Als einfache Abgeordnete haben Sie jetzt ein herausgehobenes Rederecht. Was
bedeutet das konkret?
Das bedeutet, dass ich als Parteivorsitzende Themen und Positionen, die der
Partei wichtig sind, im Plenum starkmachen kann.
Ist die Linksfraktion nach dieser Klausur geschlossener oder polarisiert?
Vielleicht war es ein reinigendes Gewitter, nicht alle Konflikte sind
gelöst. Aber in der Fraktion unter den Abgeordneten gab eine ernsthafte
Debattenkultur. Und die eigentliche Arbeit beginnt jetzt.
18 Oct 2017
## LINKS
[1] /Wagenknecht-hat-sich-durchgesetzt/!5456004
## AUTOREN
Anna Lehmann
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