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# taz.de -- Kolumne Jung und dumm: Das Ende des Handys
> Unser Autor hat sein Smartphone entsorgt. Geht das 2017 überhaupt noch?
> Klar, es gibt ja Emoji-Filme und Telefonzellen.
Bild: Telefonzellen? Gibt es sowas noch? Ja, in Frankfurt am Main stehen noch 1…
Die Analytik der Macht enthüllt Schillerndes: [1][weiße Zähne], weiche
Decken, Süßkartoffelpommes. Zwischen ewigen Glühbirnen und einem Leben in
Glücklichkeit lugt das Frittat der Versprechen hervor – wer noch nicht satt
ist, der wird satt gemacht. So ist selbst Gemüse nun ein
Herrschaftsinstrument.
Auch an der Digitalfront läuft es nicht besser. Ganze Abende vor Instagay
statt vor Netfick verbringend, warf ich das Handy mit Tränen in den
Scheiben aus dem Augenwinkel raus ins Klo und wurf bitter aus, die Nüstern
hindurch hinterher. Furz, blubber. Smartphonesucht-Tante Marianne entsetzt:
„Wie? Was?? Du!?!?!“
Zur allgemeinen Vorbeugung gingen wir zusammen in den [2][Emoji-Film]. Denn
der beschäftigte mich schon seit Monaten. Ich: arm, ostdeutsch, abgehängt.
Lügenpresse und Perückenhersteller fraßen mir die Haare vom Kopf ab wie
alternde Ökos den Ziegen das Fell. Und nun auch noch das. Ein Film über
Bildschirmsymbole. Kann das denn bitte gut gehen?
Und wie! „Süffiges Genre-Kino mit filmhistorischem Knowhow“
(Spiegel-Online-Redakteur Christian Buß. Allerdings in einer
„Tatort“-Kritik)! Der Wahnsinn, ein Kunstwerk! Und was für eins! Wow!
Die Handlungsfäden sind schnell im Hirn versprüht, bilden eine
kaleidoskopische Deutungsmatrix quer durch den Erzählstoff: Ein Zeichen der
Unentschiedenheit, ein Weder-noch-Emoji namens „Möh“ wird seiner Rolle
nicht gerecht – und bildet stattdessen je nach Laune alle anderen ab. Es
soll sich löschen. Bei der aufregenden Abenteuerjagd durch die Tiefen des
„Jeräts“ (Herta M., Hörzu) geht es ab wie ein leprabefleckter Hase mit
Hummeln im „Jesäß“ (Horst B., Hämmerle). Kein Auge bleibt trocken! Und a…
die Gesellschaftskritik kommt bei allem Haithaythay nicht zu kurz – ein
echtes Trump-l’oeil der Sinne.
## 157 Telefonzellen in Frankfurt am Main
Zufrieden wie das dünne, weiße, normschöne Kleinkind, das ich einst war,
verließ ich den Saal. Marianne: weg. Verletzt? Tot? Ich schwor, auf ihr
Grab einen Ikea-Katalog zu legen. Und das jede Woche neu.
In einer Stadt wie [3][Frankfurt am Main gibt es 157 Telefonzellen]. Auf
sie war ich fortan verwiesen. Dort fand ich so einiges: Pizzakartons und
Apfeltartestücke, Spritzen und Sprotten, Samen und Blumen darin; einen
Taschenkalender der Stadt Söten/Nordheide, einen Onyx in Schildkröt-Design,
einmal sogar eine andere (kleinere) Telefonzelle.
## Ein neues Handy – aber ein altes
„Nanu“, rief ich entsetzt. „Ist denn schon Sommer?“ Vor lauter Telefoni…
hatte ich völlig die Zeit aus dem Blick verloren. Dreieinhalb Wochen war
ich nun schon in der letzten gewesen, hatte gequatscht und geplaudert –
schließlich hatte sonst ja auch niemand hineingehen wollen.
Für Halloween habe ich mir dann doch noch ein neues Handy gekauft, ein ganz
neues – altes. Das billigste und auch das beste. „Supertrend Askese“ (Ulf
Poschardt): Der SMS-Speicher ist bei 20 schon voll, die Kamera unscharf,
das Coltan dritte Wahl. Wenn jemand anruft, scheppert es dreckig, als sei
es das Telefon selbst, das da spricht.
Wenn ich das mal könnte.
11 Oct 2017
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