# taz.de -- Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch? | |
> Auch die Grünen haben ein Heimatbedürfnis, die Amateure der FDP machen | |
> einen Stuhltanz und die SPD zerfleischt sich selbst. | |
Bild: Der Gartenzwerg – Symbol der deutschen Heimat? | |
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche? | |
Friedrich Küppersbusch: Der Spiegel hat herausgefunden, dass bei ARD und | |
ZDF einiges im Argen liege. | |
Und was wird besser in dieser? | |
Die AfD verteilt den Spiegel-Titel gratis als Beleg für ihre Thesen und | |
erhöht damit die Auflage des Blattes. | |
Den „Heimat“-Begriff nicht den Rechten überlassen – ist das eine gute Id… | |
Steinmeiers „Heimat liegt in der Zukunft“ kann ein Befreiungsschlag werden. | |
Wenn er auch schwer zu verstehen ist. Denn Heimat liegt in der Zukunft, | |
weil sie Vergangenheit voraussetzt. Heimat ist die persönliche Summe von | |
Erlebtem und braucht seine Zeit. Folglich wächst das Bedürfnis nach Heimat | |
mit dem Alter. Regionalzeitungen und dritte TV-Programme stöhnen unter | |
alter Kundschaft – junge Menschen erleben Region als Durchgangsstadium. | |
Kurz: Heimat ist ein menschliches Bedürfnis. Dem ein Ziel zu geben ist | |
klug. Es zu unterdrücken nährt Übersprungshandlungen und bulimischen | |
Hunger. Man darf die Anbieter von Instant-Heimat getrost als politische | |
Pornohändler aussortieren. Da tun sich Florian Silbereisen und Alexander | |
Gauland nichts. Klug also, [1][dass die Grüne Göring-Eckardt dem | |
Bundespräsidenten beipflichtet]. Der Begriff „Heimat“ zieht sich als roter | |
Faden durch die Geschichte der Bundesrepublik; als vaterländischer Taumel | |
verleidet war, erblühte der „Heimatfilm“. Die „Umweltbewegung“ bediente | |
modern gekleidet die Sehnsucht, etwas Bewahrenswertes zu erhalten. Und um | |
die Komplexität auf den Höhepunkt zu wuchten: Wenn du kein Zuhause hast, | |
ist Zukunft eine Heimat. | |
Es wird über die neue Sitzordnung im Bundestag gestritten. Was halten Sie | |
von diesem Stuhltanz? | |
Amateure. Die FDP möchte nicht neben der Schmuddelkonkurrenz der AfD | |
gesehen werden und beansprucht einen Platz in der Mitte. Dort allerdings | |
saß sie von 1949 bis 2013 nicht, im Gründungsparlament sehr wohl rechts | |
außen neben zwei noch rechteren Parteien. Die SPD büßte 1990 ihr Privileg | |
ein, wonach „links von ihr keiner sitzen“ dürfe. Nun mag es der FDP | |
umgekehrt so ergehen. Unterm Strich ein heikles Paradoxon: Im Bemühen, der | |
AfD weniger Aufmerksamkeit zu verleihen, verschafft man ihr mehr. Lindner | |
hat bereits vorexerziert, dass die Schwachstellen des Gegners politische | |
Sachfragen sind. Nicht sein Gesäß. | |
Peter Gauweiler fordert Seehofer zum Rücktritt auf. Wie sehen Sie das? | |
Beim Stand von 0:3 um die Kapitänsbinde zu streiten ist auch mal eine | |
zukunftsweisende Idee. Gauweiler entlüftet den „Wortfetisch Obergrenze“, | |
regt eine Mitgliederbefragung an und verweist auf die regulären Neuwahlen | |
im November. Mitten in Koalitionsgesprächen das Personal zu wechseln kann | |
so hinderlich sein wie mitten in Koalitionsgesprächen einen waidwunden | |
Leitlöwen durchzuschleppen. Vom Ende her betrachtet wird es eine CSU ohne | |
Seehofer geben, und deshalb macht Gauweiler einen Punkt: Die Wähler werden | |
keine Koalition gutheißen, die im Geruch steht, ein Artenschutzprogramm für | |
the hottest Hotte ever zu sein. Dann wird nicht alles besser, aber vieles | |
söder, und womöglich hätte die CSU dann im Vergleich den besseren Gau zu | |
bieten. | |
In der Katalonien-Krise bietet die Schweiz ihre Vermittlung an. Sollte | |
Berlin auch aktiver werden? | |
Klar, eine Abspaltung Berlins vom Bundesgebiet wäre aus westdeutscher Sicht | |
zu begrüßen. | |
Sigmar Gabriels Rücktrittsinterview im Stern, [2][Martin Schulz’ | |
Wahlkampfstory im Spiegel]: Haben Sie eine Erklärung für die Sehnsucht der | |
Sozialdemokraten nach journalistischen Nahaufnahmen? | |
Dazu zählt auch die Nahles-Begleitreportage des Spiegels, die pünktlich zu | |
den Selbstzerfleischungsfeierlichkeiten der SPD erschien. Bei | |
Feldenkirchens Sterbebegleitung der Schulz–Kampagne male ich mir aus: Das | |
wurde bei 30 Prozent Umfragewerten vereinbart und war bei 20 Prozent | |
Ergebnis auch egal. Der Tenor „Schulz ist ein zorniger Torero, das | |
Brandt-Haus eine traurige Bedenkenfabrik“ lädt zu dem Gedanken ein, die SPD | |
möge mal zwei Durchgänge an einem geeigneten Kandidaten festhalten. Da sich | |
der Apparat immer durchsetzt, wird es dazu also nicht kommen. | |
Und was machen die Borussen? | |
Ach menno. So wie die Bayern Heynckes zuletzt vor die Tür gesetzt hatten, | |
war er uns gerade sympathisch geworden. | |
FRAGEN: MARO, AW | |
8 Oct 2017 | |
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Friedrich Küppersbusch | |
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