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# taz.de -- AfD-Provokation im Brandenburg: Wenn der Köder nicht mehr anlockt
> Die AfD beantragte im Brandenburger Landtag, die Förderung von
> LGBT*-Projekten abzuschaffen. Die anderen Parteien reagierten einstimmig.
Bild: Ach so? Im Potsdamer Stadtschloss ging es am Mittwoch um „Diskriminieru…
Berlin taz | Jetzt, wo die AfD in den deutschen Bundestag einzieht, stellen
viele die Frage: Wie reagiert man auf rechtspopulistische Stimmen im
Parlament? Dafür lohnt es sich, einen Blick auf eines der 13
Landesparlamente zu werfen, in denen die Partei bereits sitzt.
Im Brandenburger Landtag sitzt die AfD seit 2014 mit zehn Abgeordneten.
Alexander Gauland ist Fraktionsvorsitzender. Die Fraktion setzt auf
kalkulierte Provokation.
Für die Sitzung am Mittwoch beantragte die AfD-Fraktion zum Beispiel, dass
Brandenburg die „ideelle und finanzielle“ Förderung von LGBT*-Projekten
einstellen solle. Ein Antrag nach klassischer AfD-Formel: provokant, mit
einer Prise Verachtung für Minderheiten. AfD-Abgeordnete Birgit Bessin
setzt ein ein hervorragendes Pokerface auf bei Sätzen wie: „Und was ist mit
Projekten gegen die Diskriminierung von Heterosexuellen?“
Der Köder ist also gelegt, jetzt bitte alle schön aufregen. Aber darum geht
es den Antragstellern ja. Was tun also die Abgeordneten der anderen
Fraktionen, nach drei Jahren (Zusammen-)Arbeit mit der AfD?
1. Sachen beim Namen nennen
Die Linke meldet sich als erstes zu Wort, Volkmar Schöneburg betritt das
Podium. „Ich halte den Antrag für perfide und schamlos“, sagt er, da wird
nichts in Watte gepackt. Eine Abgeordnete der Grünen sagt, der Antrag
gehöre in die Ablage der „ewig Gestrigen“. Es gibt viele starke Worte, um
die Politik der AfD zu benennen. Man muss nicht immer nur „Nazi“ schreien,
denn dafür ist die AfD bereits gewappnet, das prallt nicht nur an ihr,
sondern auch an ihren Wählern ab.
2. Begründen statt behaupten
Aber, und das ist noch wichtiger, Schöneburg setzt nach: „Und das möchte
ich jetzt begründen.“ Das macht er auch, nicht nur ideologisch, sondern vor
allem mit Fakten. Zahlen, die zeigen: Natürlich ist die Diskriminierung von
LGBT* nicht nur ein dunkler Teil der Geschichte, sondern Realität. Für die
meisten abseits der AfD dürften das nicht gerade Breaking News sein, aber
es ist wichtig, so etwas nicht nur zu behaupten, egal wie
selbstverständlich es auch klingen mag, sondern auch zu belegen.
3. Strategien entlarven
Nach dem ersten Widerlegen der Argumente der AfD ist es Zeit, einen Schritt
zurückzutreten: Was will die Partei mit einem Antrag wie diesem eigentlich
erreichen? Dass so eine Forderung vom Rest des Parlaments entschlossen
abgelehnt wird, dürfte die AfD nicht überraschen. Schöneburg geht sogar
noch einen Schritt weiter: Die AfD will selbst nicht, dass der Antrag
durchgeht. „Doppelbödigkeit“ nennt er es, dass zum Tag gegen Homophobie im
Mai noch alle der AfD-Fraktion teilgenommen, sogar Beifall geklatscht
haben. Doch jetzt soll ein Antrag wie dieser nach erzkonservativen Wählern
fischen, durchkommen wird er ja eh nicht. Die Grünen merken an, dass der
Antrag ursprünglich noch „pünktlich zum Bundestagswahlkampf“ gestellt
wurde.
4. Nicht schwer bewaffnet ins Wortgefecht
Immer wieder ruft die AfD dazwischen, zwei der AfD-Abgeordneten wollen auf
die Rede der Linken etwas entgegnen. AfD-Mann Andreas Galau steht mit
hochrotem Kopf am Podium, schreit fast. Es hätte ein richtiges Wortgefecht
geben können, bis die letzte Fraktion ihre Redezeit aufgebraucht hat. Aber
niemand lässt sich darauf ein, raue Umgangsformen gibt es nur bei der AfD.
Hier bekommt auch niemand [1][„auf die Fresse“].
5. Geschlossen auftreten, obgleich nicht dauernd
Die CDU-Abgeordnete Kristy Augustin steigt mit dem Satz ein: „Ich schließe
mich meinem Vorredner von den Linken in allen Punkten an.“ Das hört die
Linke sicher nicht besonders oft. Bei der Abstimmung am Ende sind alle
Fraktionen außer der AfD geschlossen gegen den Antrag, keine Enthaltungen.
„Die AfD will die Zeit zurückdrehen, die Karawane zieht in die andere
Richtung“, sagt die Grünen-Abgeordnete.
Es ist natürlich wichtig, nicht alle politischen Differenzen dem
„gemeinsamen Gegner“ AfD zu opfern. Doch bei solchen Provokationen ist
Einstimmigkeit erlaubt. Dass die CDU der Linken „in allen Punkten“
zustimmt, dürfte ja sowieso sehr selten vorkommen.
6. Film- und Buchtipps geben
Der Linken-Abgeordnete empfiehlt den AfD-Abgeordneten zum Abschluss noch
das Buch „Die Rückkehr nach Reims“ vom französischen Soziologen Didier
Eribon, außerdem könnten ihnen die Filme „Aus der Haut“ und „Coming Out…
beim besseren Verständnis von Diskriminierung helfen.
28 Sep 2017
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## AUTOREN
Tanya Falenczyk
## TAGS
Landtag Brandenburg
Schwerpunkt AfD
Rechtspopulismus
Alexander Gauland
Queer
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