# taz.de -- Tag der offenen Moschee in Berlin: „In Dialog treten“ | |
> Die Art, wie Politiker über Muslime reden, fördert die Diskriminierung, | |
> sagt Burhan Kesici. Am Dienstag sind in Berlin gut 20 Moscheen geöffnet. | |
Bild: Besucher in der Berliner Khadija-Moschee beim vorjährigen „Tag der off… | |
taz: Herr Kesici, seit 20 Jahren findet der Tag der offenen Moscheen am Tag | |
der Deutschen Einheit statt, als Zeichen der Zugehörigkeit der Muslime zu | |
diesem Land. Wie ist es darum Ihrer Meinung nach heute bestellt? | |
Burhan Kesici: Der Tag der offenen Moschee ist inzwischen eine deutsche | |
Tradition, eine Institution. Viele Menschen kommen, um Kontakte | |
aufzufrischen und in Dialog zu kommen. | |
Die AfD hat bei der Bundestagswahl über 13 Prozent Zustimmung erhalten, | |
auch in Berlin gibt es einen antimuslimischen Reflex bei vielen | |
Nichtmuslimen. Was muss die Politik, was können Muslime und | |
Moscheegemeinden dagegen tun? | |
Das Erstarken der AfD ist ja kein neues Phänomen. Die latent | |
antimuslimische Stimmung war schon seit Langem spürbar. Wir haben Politiker | |
schon länger darauf aufmerksam gemacht, dass die Art und Weise, wie sie | |
über Muslime reden, die Diskriminierung fördert. | |
Können Sie sich vorstellen, dass eine Moscheegemeinde ganz offensiv auf | |
Rechte zugeht, wenn etwa in ihrer Nachbarschaft ein AfD-Treff ist? | |
Ob man mit solchen Leuten in Kontakt treten will, muss jeder selbst wissen. | |
Aber was wir auf jeden Fall machen wollen, ist, noch mehr in die | |
Öffentlichkeit treten. So gibt es schon jetzt europaweit einen Tag, den die | |
Islamische Gemeinschaft Milli Görüş organisiert, an dem sich Gruppen in | |
Innenstädten präsentieren und Menschen angesprochen werden: „Gestatten, ich | |
bin Muslim. Haben Sie Fragen?“ Wir haben das am Alexanderplatz und am Zoo | |
gemacht. Ich bin dort zum Beispiel endlich mit Leuten von der jüdischen | |
Gemeinde ins Gespräch gekommen, die zuvor unsere Kontaktangebote immer | |
ignoriert hatten. | |
Spüren Sie in Berlin nach dem Anschlag vom Breitscheidplatz ein Erstarken | |
von antimuslimischen Tendenzen? | |
Ich muss gestehen, dass wir in Berlin eine relativ gute Lage haben, was | |
Alltagsdiskriminierung angeht. Dennoch hören wir von jungen Leuten, die auf | |
Wohnungs- oder Jobsuche sind, dass sie nach dem Anschlag vermehrt mit | |
Abwertung und Diskriminierung zu tun bekamen. Inzwischen hat sich das | |
wieder etwas beruhigt. | |
Stellen Sie sich vor, ich sei ein muslimkritischer Mensch. Wenn ich jetzt | |
meine Nachbarmoschee besuche: Woher weiß ich, dass mir dort kein liberales | |
Theater vorgespielt wird und den Rest des Jahres islamistische Hetze gegen | |
den „verdorbenen Westen“ gepredigt wird? | |
Die Personen, die Hetze machen, würden ja gar nicht am Tag der offenen | |
Moschee teilnehmen. Das machen ja gerade Moscheen, die den Kontakt zur | |
Nachbarschaft, zu den Menschen im Kiez suchen. Zudem: Solche Leute haben | |
auch nicht das Bedürfnis, in Kontakt zu treten. Trotzdem muss man auch hier | |
den Dialog suchen und zum Beispiel schauen, ob die Predigten in diesen | |
Moscheen wirklich so hetzerisch sind, wie sie dargestellt werden. Oder ob | |
da etwas missinterpretiert oder falsch übersetzt wird. | |
Das sollte natürlich nicht passieren. Aber dass es Hassprediger gibt, geben | |
Sie doch zu, oder? | |
Es gibt immer Gruppen, die hetzen – und nicht nur gegen Nichtmuslime, | |
sondern auch gegen Muslime, die anders denken. Das möchte ich nicht | |
verschweigen. Aber das ist eine absolute Minderheit. Es ist doch | |
interessant: Bei der AfD wird ja jetzt immer betont, dass 87 Prozent sie | |
nicht gewählt haben. Aber dass 99 Prozent der Muslime keine Radikalen und | |
Hetzer sind, wird nicht betont. Auf der einen Seite werden also Radikale | |
kleingeredet, auf der anderen macht man sie groß. | |
2 Oct 2017 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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