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# taz.de -- Nach spanischen Polizei-Razzien: Tausende Katalanen protestieren
> Es kommt zu Konflikten zwischen Polizei und Protestlern, weil Millionen
> Stimmzettel beschlagnahmt wurden. Auch der FC Barcelona stellt sich gegen
> Spaniens Regierung.
Bild: Der Konflikt um die katalanische Unabhängigkeit spitzt sich zu
Barcelona afp | Nach einer Polizei-Razzia gegen die Regionalregierung in
Barcelona sind tausende aufgebrachte Katalanen auf die Straße gegangen. Vor
dem Außenministerium kam es am Mittwoch zu Rangeleien zwischen
Demonstranten und Polizisten, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur afp
berichtete. „Raus mit den Besatzungskräften!“, schrieen einige
Demonstranten. Zuvor hatte die spanische Militärpolizei bei einem
morgendlichen Einsatz am Sitz der Regionalregierung 13 Mitarbeiter
festgenommen.
Rund 4.000 Demonstranten versammelten sich nach Polizeiangaben im Zentrum
von Barcelona. Viele waren in die gelb-rote Flagge Kataloniens gehüllt,
riefen „Unabhängigkeit“ und „Wir werden wählen!“ Eine einflussreiche
Organisation für die Unabhängigkeit, die Katalanische Nationalversammlung
(ANC), rief zu weiteren gewaltfreien Protesten auf. „Wir wollten wählen und
sie erklärten den Krieg“, erklärte der ANC-Chef Jordi Sanchez.
Unter den Festgenommenen war auch Josep Maria Jové, die rechte Hand von
Vize-Regierungschef Oriol Junqueras. Jové war für die
Koordinierungsarbeiten bei der Vorbereitung des für den 1. Oktober
geplanten Referendums und für das Wirtschaftsressort zuständig.
Die Guardia Civil drang in die wichtigsten Büros der Regionalregierung in
Barcelona ein, die Abteilungen für Wirtschaft und Außenpolitik sowie das
Büro von Regierungschef Carles Puigdemont, wie ein Sprecher der
Regionalregierung sagte. Auf Anordnung eines Untersuchungsrichters in
Barcelona seien insgesamt 22 Durchsuchungen vorgenommen worden, sagte ein
Sprecher der Guardia Civil.
Bei einem weiteren Einsatz beschlagnahmte die Polizei zudem fast zehn
Millionen Stimmzettel, wie das Innenministerium mitteilte. Aus einsatznahen
Kreisen verlautete, die Zettel seien in Bigues rund 45 Kilometer nördlich
von Barcelona konfisziert worden.
## „Zieht eure schmutzigen Hände weg!“
Puigdemont warf der spanischen Regierung vor, „de facto den
Ausnahmezustand“ über Katalonien verhängt zu haben. Auch seien die
Autonomieregelungen für die Region praktisch ausgehebelt, etwa durch die
verschärfte Kontrolle der Zentralregierung über seine Finanzen, sagte
Puigdemont.
Bei einer turbulenten Sitzung des Parlaments in Madrid sagte der spanische
Ministerpräsident Mariano Rajoy, mit den drastischen Maßnahmen erfülle er
seine „Pflicht“. „Zieht eure schmutzigen Hände von den Institutionen in
Katalonien weg!“, schimpfte der katalanische Abgeordnete Gabriel Rufián von
der linksgerichteten Unabhängigkeitspartei ERC. „Der Wille des
katalanischen Volkes kann nicht gebremst werden.“
Sowohl die neun ERC-Abgeordneten als auch die acht Abgeordneten von
Puigdemonts rechtsgerichteter Unabhängigkeitspartei PDeCAT verließen aus
Protest gegen die Razzia das Parlament.
Derweil schaltete sich der FC Barcelona in den Streit ein: Der weltberühmte
Fußballverein veröffentlichte am Mittwoch eine Erklärung, in der er unter
Verweis auf sein „historisches Engagement für die Verteidigung des Landes“
jede Handlung verurteilt, welche die Meinungs- und Entscheidungsfreiheit
untergrabe. „Der Wille der Mehrheit des katalanischen Volkes“ müsse
Beachtung finden.
## Finanzverwaltung in Barcelona unter Aufsicht
Spaniens Regierung betrachtet die Volksabstimmung als illegal, das
Verfassungsgericht in Madrid erklärte das in Barcelona beschlossene
Referendumsgesetz für ungültig. Die Generalstaatsanwaltschaft hat bereits
Ermittlungen gegen mehr als 700 katalanische Bürgermeister eingeleitet, die
das Unabhängigkeitsreferendum unterstützen.
In den vergangenen Tagen wurde immer mehr Material für die Abhaltung der
Volksabstimmung konfisziert. So wurden am Dienstag 45.000 Schreiben mit
Anweisungen an die Leiter der Abstimmungslokale für das Referendum
sichergestellt. Das Finanzministerium in Madrid stellte die
Finanzverwaltung in Barcelona unter Aufsicht.
Im Regionalparlament in Barcelona haben die Unabhängigkeitsbefürworter seit
2015 die Mehrheit. Viele größere katalanische Städte sind aber gegen eine
Loslösung von Spanien.
In Umfragen liegen die Gegner einer Abspaltung derzeit mit gut 49 zu 41
Prozent vorn. Die Umfragen zeigen aber auch, dass seit Monaten konstant
rund 70 Prozent der 7,5 Millionen Einwohner Kataloniens dafür sind, in
einer Volksabstimmung über diese Frage zu entscheiden.
20 Sep 2017
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