# taz.de -- 69. Emmy-Preisverleihung und Trump: Ein schlechter Witz | |
> Bei der Verleihung des Fernsehpreises spotteten alle über Trump. Sein | |
> Ex-Pressesprecher Sean Spicer parodierte sich selbst. Zum Lachen ist das | |
> nicht. | |
Bild: „Hihohaha“, frei nach Ex-Pressesprecher Sean Spicer | |
US-Präsident Donald Trump bietet mit seiner Politik und seinen Tweets viel | |
Stoff für Satire. Als Vorbild aller Twittertrolle weltweit verschaffte er | |
der politischen Satireshow „Saturday Night Live“ dieses Jahr insgesamt neun | |
Emmys. Bei deren Verleihung am Sonntag war Trump folgerichtig zentrale | |
Figur aller Scherze. Selbst Sean Spicer, Ex-Pressesprecher des Weißen | |
Hauses, leistete seinen Beitrag. | |
Spicer wurde von Moderator Stephen Colbert auf die Bühne gerufen, die im | |
Stil einer Presseerklärung gestaltet war. „Es ist das größte Publikum aller | |
Zeiten“, sagte Spicer. Ein Witz – und eine Anspielung auf die Vereidigung | |
Trumps im Januar, die laut Spicers damaliger Aussage die größte | |
Zuschauerzahl aller Zeiten zusammengebracht hatte. Fotos bewiesen | |
allerdings, dass zu Barack Obamas Vereidigung seinerzeit deutlich mehr | |
Menschen erschienen waren. | |
Aber ist das alles denn wirklich ein Witz? | |
Sean Spicer hat ganze sechs Monate lang für seinen Präsidenten gelogen. | |
Zurückgetreten ist er erst, als Anthony Scaramucci, ein Wall-Street-Makler | |
und damaliger Moderator des Fox Business Channels, zum Kommunikationschef | |
des Weißen Hauses und somit zu seinem Vorgesetzten ernannt wurde. Seine | |
Lügen über den Inhalt der Gespräche zwischen Team Trump und Team Putin, | |
darüber, dass Barack Obama Trump abgehört habe, oder über die Zahl der | |
ungültigen Stimmen bei der Präsidentschaftswahl – das alles mag Spicer | |
jetzt wie ein Witz vorkommen. Er selbst kann offenbar darüber lachen. Doch | |
eigentlich gibt es nichts zu lachen. | |
## Heute hier, morgen dort | |
Klar, viele Menschen nehmen Donald J. Trump nicht ernst. Er ist ein | |
reicher, weißer, privilegierter Mann. Natürlich ist er ein Macho, geht ja | |
fast nicht anders. Er kotzt sich auf Twitter aus, zum Beispiel über | |
Weltpolitiker*innen, was weder bürokratisch noch stilvoll ist. Er handelt | |
impulsiv und häufig geht es ihm darum, seine Männlichkeit auf den Tisch zu | |
hauen, zum Beispiel mit den „fire and fury“-Drohungen an Pjöngjang. Da | |
hätte er sich genauso gut mit den Fäusten auf die Brust trommeln und dabei | |
laut schreien können. Es wäre nicht weniger effektiv gewesen. | |
Trump kann nur schwach argumentieren, seine Stellung ändert sich je nach | |
Zeitgeist. Ein neues Beispiel dazu ist die Wende über die Einstellung des | |
Daca-Programms, das Jugendlichen einen legalen Aufenthalt in den USA | |
ermöglicht, die als Kind mit ihren Eltern ohne Papiere in die USA | |
eingewandert sind. Nachdem er das Ende des Programms angekündigt hatte, | |
einigten er sich mit den Demokraten darauf, es doch beizubehalten. | |
Obendrein hat er ein orangefarbenes Sonnenbankgesicht. | |
So ein Typ an der Spitze der Weltpolitik kann doch nur eine Witzfigur sein, | |
das mag ja stimmen; aber äußerst gefährlich ist der Mann trotzdem. Und | |
ehrlich gesagt kann man darüber nicht lachen. | |
Durch Donald Trump wurde die Politik in den USA zu einem Witz – der gehörig | |
nach hinten losgehen könnte. Und zwar nicht nur für Frauen, Migrant*innen | |
oder andere marginalisierte Gruppen; Barack Obama hatte 2016 während des | |
Wahlkampfs um die Präsidentschaft einen wichtigen Punkt angesprochen: Wie | |
kann jemand, der nicht mit Twitter umgehen kann, denn mit den Schlüsseln zu | |
atomaren Waffen umgehen? | |
Wer die USA regiert, geht uns alle an. Seit Januar 2017 fühlt sich die Erde | |
an wie ein Spielzeug in der Gnade eines gierigen, verwöhnten Kindes, und | |
die Frage Obamas bleibt weiterhin unbeantwortet. | |
18 Sep 2017 | |
## AUTOREN | |
Sibel Schick | |
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