# taz.de -- Überschreitung der Luftgrenzwerte: Fahrverbote ohne Alternative | |
> Endlich nachgereicht: Das Verwaltungsgericht Stuttgart legt die | |
> schriftliche Begründung seines Diesel-Urteils vom Juli vor. | |
Bild: Müssen Autofahrer bald schon in die Straßenbahn umsteigen? | |
FREIBURG taz | Nur Fahrverbote für Dieselfahrzeuge unterhalb der | |
Schadstoffklasse 6 sind geeignet, die Luftgrenzwerte in Stuttgart | |
einzuhalten. Das ergibt sich aus dem schriftlichen Urteil des | |
Verwaltungsgerichts Stuttgart, das das Gericht an diesem Mittwoch online | |
veröffentlicht. Das Urteil hat überregionale Bedeutung, da die Große | |
Koalition im Bund nach wie vor die Vermeidung von Fahrverboten als | |
zentrales Ziel ihrer Politik benennt. | |
Kläger in Stuttgart ist die Deutsche Umwelthilfe. Sie verlangt von | |
Baden-Württemberg eine Verschärfung des Luftreinhalteplans für Stuttgart, | |
weil die Grenzwerte für Stickoxide seit dessen Inkrafttreten 2010 ständig | |
und zum Teil stark überschritten werden. Das Verwaltungsgericht Stuttgart | |
hatte das Land Ende Juli zu einer entsprechenden „Fortschreibung“ des | |
Luftreinhalteplans verurteilt – und legte nun die schriftliche Begründung | |
vor. | |
Danach sind die bisher vom Land vorgeschlagenen Maßnahmen unzureichend. | |
Auch die zusätzliche Software-Nachrüstung von Dieselmotoren sei nicht | |
geeignet, die Grenzwerte einzuhalten, so das Gericht auf Basis der vom Land | |
vorgelegten Zahlen. Die Nachrüstungslösung könne die Immissionen „um | |
maximal 9 Prozent“ senken. | |
Eine Einhaltung der Grenzwerte sei aber „tatsächlich erreichbar“, wenn das | |
Land „ganzjährige Verkehrsverbote“ für Diesel mit hohem Schadstoffausstoß | |
vorsieht. Dies sei auch verhältnismäßig, so das Gericht. Es sieht „keine | |
anderen gleichwertigen Maßnahmen ersichtlich“, die Autofahrer weniger | |
belasten. Zudem wiege der Schutz der Gesundheit von 600.000 Stuttgartern | |
höher als das Mobilitätsinteresse von 80.000 betroffenen Autofahrern. Für | |
„Härtefälle“ könne es Ausnahmen geben. | |
Alternativen zur blauen Plakette | |
Möglich wäre auch, bei einem Teil der betroffenen Pkws, insbesondere die | |
jüngeren Baujahrs, statt eines Fahrverbots zunächst eine Nachrüstung zu | |
ermöglichen. Eine solche Fahrverbotslösung könnte das Land auch dann | |
umsetzen, wenn der Bund sich weigert, die „blaue Plakette“ einzuführen, die | |
Stinkern die Einfahrt in die Innenstädte verbietet. Der Bund sei zwar | |
„verpflichtet“, den Ländern das nötige Instrumentarium zur Verfügung zu | |
stellen. Die Länder könnten jedoch Verkehrsverbote auch mit Schildern „in | |
Textform“ bekannt geben. | |
Das Urteil wird rechtskräftig, wenn das Land auf Rechtsmittel verzichtet. | |
Die Landesregierung kann aber Berufung oder Sprungrevision einlegen. Bei | |
der Berufung würde am Verwaltungsgerichtshof Mannheim der Fall neu | |
verhandelt. Schneller wäre die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht, | |
wo es nur noch um Rechtsfragen ginge. Grün-Schwarz hat vier Wochen Zeit, | |
das Urteil zu prüfen – und wird vermutlich erst nach der Bundestagswahl | |
entscheiden. | |
5 Sep 2017 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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