# taz.de -- Kommentar Waffenlieferungen an Türkei: Wahlkampf mit Pausentaste | |
> Sigmar Gabriels Erklärung, Waffenlieferungen an die Türkei seien „on | |
> hold“, ist reiner Wahlkampf. Die CDU hält mit „Sicherheitsinteressen“ | |
> dagegen. | |
Bild: Mit deutschen Waffen ausgerüstet? Ein türkischer Soldat | |
Es ist schon erstaunlich, was im Wahlkampf so alles möglich ist. Der | |
Bundesaußenminister (SPD) zum Beispiel gibt öffentlich bekannt, dass die | |
Große Koalition fast alle Rüstungsexporte in die Türkei [1][auf Eis gelegt | |
habe]. Bemerkenswert dabei ist vor allem seine Wortwahl. „Die großen | |
Anträge, die die Türkei derzeit an uns stellt – und das sind wirklich nicht | |
wenige –, haben wir alle on hold gestellt“, hat Sigmar Gabriel bei einer | |
Veranstaltung des Handelsblatts erklärt. Klingt irgendwie mutig, ist aber | |
höchstens halb forsch. | |
Denn „on hold“, das bedeutet ja nichts weiter, als dass Schwarz-Rot bei den | |
Rüstungsexporten erst mal nur die Pausen- und nicht die Stopptaste gedrückt | |
hat. Es handelt sich also um eine sprachliche Umschreibung für politisches | |
Abwarten. Von konsequenter Verweigerung von Kriegsmaterial für einen | |
autoritären Machthaber kann weiß Gott keine Rede sein. Auch die SPD möchte | |
sich nicht den Zorn der deutschen Rüstungsindustrie einhandeln. Wer weiß, | |
ob die Sozialdemokraten nicht doch wieder in der nächsten Regierung sitzen. | |
Dass diese Koalition definitiv an ihrem Ende angelangt ist und es den einst | |
Verbündeten aktuell wirklich nur noch um Wählerstimmen geht, ist auch | |
deutlich an der Reaktion der Union abzulesen. Deren außenpolitischer | |
Sprecher widersprach dem Außenminister nämlich umgehend. Die Solidarität in | |
der Nato gebiete, so Jürgen Hardt, Wünsche der Türkei nach | |
Rüstungslieferungen grundsätzlich wohlwollend zu prüfen und umzusetzen. | |
Alles andere würde die Nato schwächen und deutsche Sicherheitsinteressen | |
gefährden. | |
Es ist dies das übliche Überwältigungs-Wording, das die Union immer dann in | |
Anschlag bringt, wenn ihre Unterstützer aus Industrie und Arbeitgeberschaft | |
verprellt werden könnten. „Deutsche Sicherheitsinteressen“ – wer mag die | |
schon gefährden? | |
Von Koalitionsdisziplin ist nichts mehr zu spüren. Warum auch? Anderthalb | |
Wochen vor der Bundestagswahl spielen die politischen Akteure einzig für | |
das Publikum. Wichtig ist nur, Unterschiede sichtbar zu machen und die | |
Wählerschaft zu einer Wir-oder-die-Entscheidung zu drängen. Dass dies bei | |
einem solch ernsten Thema wie dem Umgang mit der Türkei versucht wird, | |
lässt Arges für die Koalitionsverhandlungen befürchten – zwischen wem auch | |
immer. | |
13 Sep 2017 | |
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## AUTOREN | |
Anja Maier | |
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