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# taz.de -- Gerichtsverfahren in der Türkei: Mammutprozess zu Putschversuch
> Gegen 486 mutmaßliche Putschisten läuft seit Dienstag in Ankara ein
> Prozess. Einige der Angeklagten sind auf freiem Fuß oder flüchtig, so
> auch Fethullah Gülen.
Bild: Spezialeinsatzkräfte führen die Angeklagten vor das Gericht in Ankara
Ankara afp | In der Türkei hat am Dienstag ein neuer Mammutprozess zu dem
gescheiterten Militärputsch vor einem Jahr begonnen. Fast 500 mutmaßliche
Putschisten sind vor einem Gericht bei Ankara des versuchten Sturzes von
Präsident Recep Tayyip Erdogan angeklagt. Die Beschuldigten müssen sich
speziell wegen der Ereignisse auf dem Luftwaffenstützpunkt Akinci
verantworten, von dem aus der Putschversuch koordiniert worden sein soll.
Der Prozess fand unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen in einem speziell
erbauten Gerichtssaal des Gefängnisses von Sincan statt. Bei ihrer Ankunft
wurden die Angeklagten von einer aufgebrachten Menge empfangen. Die
Zuschauer beschimpften die Angeklagten, die jeweils von zwei Polizisten ins
Gericht geführt wurden, und riefen: „Märtyrer sterben nicht, die Nation
wird nicht gespalten werden!“
Einige Demonstranten warfen auch Henkersknoten nach den Angeklagten und
riefen, „wir wollen die Todesstrafe“ und „ihr alle werdet bezahlen“. Auf
Bannern der Regierungspartei AKP wurde zudem gefordert, dass die
Angeklagten vor Gericht eine Uniform tragen. Bei einem früheren Prozess
hatte ein mutmaßlicher Putschistenführer mit einem T-Shirt mit der
Aufschrift „Held“ für Empörung gesorgt.
Von den insgesamt 486 Angeklagten sind 18 auf freiem Fuß und sieben
flüchtig. Unter den Beschuldigten, denen in Abwesenheit der Prozess gemacht
wird, sind auch der islamische Prediger Fethullah Gülen und der
Theologiedozent Adil Öksüz. Gülen soll der Drahtzieher des Umsturzversuchs
vom 15. Juli 2016 gewesen sein, während Öksüz in der Putschnacht auf der
Akinci-Basis das Kommando geführt haben soll.
## Viele Angeklagte auch in anderen Prozessen beschuldigt
Öksüz, der der sogenannte Imam der Gülen-Bewegung für die Luftwaffe gewesen
sein soll, war am Morgen des 16. Juli in der Nähe des Stützpunkts
festgenommen worden, wurde jedoch kurz darauf wieder freigelassen. Gülen,
der seit Jahren im Exil in den USA lebt, bestreitet jede Verwicklung in den
versuchten Staatsstreich gegen seinen langjährigen Verbündeten und heutigen
Erzfeind Erdogan.
Ebenfalls angeklagt sind der frühere Luftwaffenkommandeur Akin Öztürk und
der Geschäftsmann Kemal Batmaz, die ebenfalls eine führende Rolle bei dem
Putschversuch gespielt haben sollen. Viele der Angeklagten sind auch in
anderen Prozessen angeklagt. Bereits im Februar und im Mai hatten in
demselben Gerichtssaal zwei Verfahren gegen hunderte mutmaßliche
Putschbeteiligte begonnen.
Die Putschisten hatten am Abend des 15. Juli Generalstabschef Hulusi Akar
in Akinci festgesetzt, während F-16-Kampfflugzeuge das Parlament, die
Fernsehzentrale, das Polizeihauptquartier und das Hauptquartier der
Spezialkräfte bombardierten. Rund 250 Menschen wurden getötet, doch
scheiterte der Putschversuch, als sich zehntausende Menschen auf den
Straßen den Putschisten entgegenstellten.
1 Aug 2017
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Putschversuch Türkei
Fethullah Gülen
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