| # taz.de -- Auslieferungsforderungen der Türkei: So einfach geht das nicht | |
| > Internationale Haftbefehle und Auslieferungsersuchen lösen keinen | |
| > Automatismus aus. Es muss immer geprüft werden. | |
| Bild: Die Zentrale von Interpol in Lyon | |
| Freiburg taz | Die Türkei kann mit einem internationalen Haftbefehl nicht | |
| einfach durchsetzen, dass ein Regimegegner im Ausland festgenommen und in | |
| die Türkei ausgeliefert wird. | |
| Internationale Haftbefehle werden direkt an einen anderen Staat übersandt | |
| oder über Interpol als „red notice“ verbreitet. Eine „red notice“ (rote | |
| Ausschreibung) bedeutet, dass eine gesuchte Person festgenommen werden | |
| soll, damit sie ausgeliefert werden kann. | |
| Interpol versteht sich als strikt neutrale Organisation. Artikel 3 der | |
| Interpol-Verfassung verbietet jede politische Aktivität. Wenn Interpol | |
| bemerkt, dass internationale Haftbefehle benutzt werden, um gegen | |
| Regimegegner vorzugehen, verschickt die Zentrale einen „Artikel-3-Hinweis“. | |
| Jeder Staat entscheidet selbstständig, ob eine „red notice“ ins nationale | |
| Fahndungssystem aufgenommen wird. In Deutschland entscheidet dies das | |
| Bundesamt für Justiz in Absprache mit dem Auswärtigen Amt. Wenn ein | |
| Artikel-3-Hinweis von Interpol vorliegt, entscheidet seit 2015 allerdings | |
| das Bundesjustizministerium selbst, ob dennoch gefahndet werden soll. | |
| Geändert wurde dies nach der Festnahme des Al-Dschasira-Journalisten Ahmad | |
| Mansour in Berlin. Er war aufgrund eines ägyptischen Haftbefehls inhaftiert | |
| worden, obwohl Interpol längst eine Artikel-3-Warnung versandt hatte. Erst | |
| nach zwei Tagen wurde Mansour aus der deutschen Haft entlassen und konnte | |
| auch aus Deutschland ausreisen. Die Inhaftierung aufgrund eines | |
| internationalen Haftbefehls bedeutet noch nicht, dass der Betroffene am | |
| Ende ausgeliefert wird. Sie stellt nur sicher, dass ein | |
| Auslieferungsverfahren stattfinden kann. | |
| Auslieferungen von Spanien an die Türkei sind im Europäischen | |
| Auslieferungsübereinkommen geregelt. 50 Staaten haben diesen | |
| völkerrechtlichen Vertrag ratifiziert. Er entstand im Rahmen des | |
| Europarats. Die Türkei hat ihn schon 1960 ratifiziert, Spanien erst 1982. | |
| Auch dieses Übereinkommen bemüht sich um politische Neutralität. Danach | |
| sind Auslieferungen nicht zu bewilligen, wenn es um politische Straftaten | |
| geht oder wenn das Auslieferungsgesuch der politischen Verfolgung dient. | |
| Spanien hat in einem Vorbehalt allerdings klargestellt, dass es Terrorismus | |
| nicht als politische Straftat betrachtet. | |
| ## Ausliegerung in diesem Fall ausgeschlossen | |
| In Deutschland wird über einen Auslieferungsantrag in zwei Schritten | |
| entschieden: Zunächst urteilt ein Oberlandesgericht, ob die Auslieferung | |
| rechtlich zulässig ist. Wird dies bejaht, trifft die Bundesregierung noch | |
| eine politische Entscheidung, ob sie wirklich ausliefern will. | |
| Fordert die Türkei von Deutschland die Auslieferung von Regimegegnern, | |
| würden diese derzeit in der Regel nicht einmal zur Fahndung ausgeschrieben. | |
| Jedenfalls dürfte eine Auslieferung aus juristischen und politischen | |
| Gründen ausgeschlossen sein. | |
| Doğan Akhanlı könnte von Deutschland nicht an die Türkei ausgeliefert | |
| werden, da er deutscher Staatsbürger ist. Die Auslieferung von Deutschen | |
| ist nur innerhalb der EU möglich („europäischer Haftbefehl“) oder gegenü… | |
| internationalen Gerichtshöfen. | |
| 21 Aug 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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