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# taz.de -- Kölner Schriftsteller Doğan Akhanlı: Im Urlaub festgenommen
> In Spanien wurde der Schriftsteller Doğan Akhanlı in Haft genommen. Die
> Türkei hatte ihn bereits mehrfach wegen angeblicher Terrorunterstützung
> im Visier.
Bild: Doğan Akhanlı im März 2017 in Köln
Der deutsche Schriftsteller Doğan Akhanlı wurde am Samstag Vormittag in der
spanischen Stadt Granada festgenommen. Der 60-jährige türkeistämmige
Schriftsteller, der mit seiner Lebensgefährtin in Spanien Urlaub macht,
muss nun damit rechnen, dort festgehalten zu werden, bis über eine
Auslieferung in die Türkei entschieden wird.
Um 8.30 Uhr klopften laut Ilias Uyar, der Anwalt von Akhanli, bewaffnete
Polizisten an der Tür seines Hotelzimmers und wollten die Ausweise sehen.
Dann sei Akhanli abgeführt worden, weil eine sogenannte Red Notice, ein
Dringlichkeitsvermerk von Interpol gegen ihn vorläge. Vor dem Hotel hätten
zwei vollbesetzte Polizeiwagen gewartet.
Ilias Uyar hat die deutsche Botschaft in Madrid umgehend über die Festnahme
informiert und auch das Auswärtige Amt sei eingeschaltet. „Die jetzigen
Festnahme zeigt den Versuch Erdoğans, seine Macht über die Grenzen seines
Landes hinaus auszudehnen und weltweit gegen unliebsame und kritische
Stimmen vorzugehen.“, so Uyar. „Der Haftbefehl ist eindeutig
rechtsmissbräuchlich. Ich fordere die sofortige Freilassung meines
Mandanten.“, sagte Uyar der taz.
Uyar hatte bisher keinen Kontakt mit seinem Mandanten und will noch heute
nach Spanien reisen. Für Sonntag 9 Uhr ist ein Haftprüfungstermin für
Akhanlı angesetzt.
Der 1957 im türkischen Şavşat geborene Akhanlı ist Mitglied in der
internationalen Schriftstellervereinigung PEN. In seinen Werken setzt er
sich für die Unteilbarkeit der Menschenrechte ein und insbesondere für die
Aufarbeitung des Völkermords an den Armeniern zum Beispiel in seiner auf
türkisch 1998/1999 erschienen Trilogie „Die verschwundenen Meere“. Im
November 2016 hielt er [1][anlässlich der Erinnerung an den Mordanschlag
von Mölln 1992 eine Rede], in der er seine eigenen Erfahrungen während der
rassistischen Pogrome in Deutschland beschreibt.
Von 1985-1987 war Akhanlı als politischer Häftling im Militärgefängnis von
Istanbul inhaftiert und wurde dort gefoltert. Er floh 1991 nach
Deutschland, wurde als politischer Flüchtling anerkannt und 1998 von der
Türkei ausgebürgert. 2001 wurde er deutscher Staatsbürger. In den Jahren
2010 und 2011 war er in der Türkei angeklagt, an einem Raubüberfall
teilgenommen zu haben, wofür am Ende keinerlei Beweise vorlagen und er
freigesprochen wurde.
2013 wurde der Freispruch jedoch wieder aufgehoben und ein internationaler
Haftbefehl erlassen. Internationale Prozessbeobachter kritisierten das
heftig. Rechtsanwalt Uyar, der Akhanlı schon in diesem Fall verteidigt hat,
kennt die Vorwürfe, die jetzt zur Festnahme führten, nicht. „Es könnte
sein, dass die Festnahme mit diesem Haftbefehl zu tun hat. Aber mein
Mandant ist seit Jahren deutscher Staatsbürger und reist unbehelligt durch
Europa. Es gibt keinen Grund, ihn mit einer derartigen Aktion im Ausland
festzunehmen.“
Die erfundene Anklage des Raubüberfalls wertete Akhanlı damals als Versuch
der Einschüchterung: „Sie werfen mir vor, dass ich Mitglied in einer
Terrororganisation bin. Dabei wissen die Geheimdienste und Staatsanwälte
ganz genau, dass das nicht stimmt. Der Grund dieser Anklage ist, dass ich
den ersten Roman über den Genozid an den Armeniern geschrieben habe. Und
sie haben gesehen, dass ich trotz der Ermittlungen gegen mich, nicht über
dieses Verbrechen schweige. Das werden sie mir nie verzeihen.“
19 Aug 2017
## LINKS
[1] http://www.ksta.de/koeln/bewegende-rede-von-do%C4%9Fan-akhanli--ihr-seid-in…
## AUTOREN
Doris Akrap
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