| # taz.de -- Nach der Freilassung von Doğan Akhanlı: „Ich will nicht mehr sc… | |
| > Der Schriftsteller sieht seine Kritik an der Türkei als Ursache für seine | |
| > zeitweilige Festnahme. Merkel schließt eine Verschärfung der deutschen | |
| > Linie nicht aus. | |
| Bild: Als Akhanlı 2010 festgenommen wurde, protestierten seine Unterstützer v… | |
| Berlin dpa | Der Kölner Schriftsteller Doğan Akhanlı sieht seine kritische | |
| Auseinandersetzung mit der Türkei als Ursache für seine von Ankara | |
| betriebene vorübergehende Festnahme. Er habe kritisch über die türkische | |
| Politik und Geschichte geschrieben, sagte der ursprünglich aus der Türkei | |
| stammende Autor der ARD in Spanien. „Das gefällt der Türkei bestimmt nicht. | |
| Sie möchten mich zum Schweigen bringen.“ Beugen will sich der 60-Jährige | |
| aber nicht: „Ab 60 will ich auch nicht mehr schweigen“, sagte der geradezu | |
| fröhlich wirkende Autor. | |
| Akhanli, der ausschließlich die deutsche Staatsbürgerschaft hat, war am | |
| Samstag im Spanien-Urlaub festgenommen, nach einem Tag aber wieder | |
| freigelassen worden. Er darf das Land für die Dauer des | |
| Auslieferungsverfahrens nicht verlassen. Der Fall hat den ohnehin | |
| zugespitzten Konflikt zwischen der Bundesregierung und dem türkischen | |
| Präsidenten Recep Tayyip Erdogan noch einmal angeheizt. | |
| Kanzlerin Angela Merkel (CDU) schließt eine nochmalige Verschärfung der | |
| deutschen Linie nicht aus. „Wir müssen uns immer wieder die Schritte | |
| vorbehalten“, sagte sie am Sonntagabend in Sender RTL auf eine Frage nach | |
| härteren Sanktionen. Zugleich sagte sie: „Wir haben jetzt schon sehr hart | |
| reagiert.“ | |
| Vor einem Monat hatte die Bundesregierung ihren moderaten Kurs gegenüber | |
| Erdogan aufgegeben. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) ließ die | |
| Reisehinweise verschärfen und warnte deutsche Unternehmen vor | |
| Investitionen. „Ich glaube, dass wir auf eine längere Strecke diese neue | |
| Politik fortführen müssen und nicht glauben dürfen, in ein paar Wochen ist | |
| das erledigt“, sagte Gabriel in einem am Wochenende veröffentlichten | |
| Interview der Deutschen Presse-Agentur, das noch vor der erneuten | |
| Eskalation geführt wurde. | |
| ## Kritik am Missbrauch von Interpol | |
| Merkel sagte mit Blick auf Akhanlı, der wegen eines von Ankara | |
| durchgesetzten Festnahmegesuchs der internationalen Polizeibehörde Interpol | |
| festgehalten wurde: „Ich bin sehr froh, dass Spanien ihn jetzt erstmal | |
| wieder freigelassen hat. Das geht nicht, wir dürfen auch die | |
| internationalen Organisationen wie Interpol nicht für so etwas | |
| missbrauchen.“ Und mit Blick auf Erdogan: „Es ist leider einer von vielen | |
| Fälle, deshalb haben wir auch unsere Türkeipolitik massiv verändert und | |
| müssen diesen Konflikt auch austragen. Genauso, wie es völlig unmöglich | |
| ist, dass der türkische Staatspräsident deutsche Staatsbürger, und seien | |
| sie auch türkischer Abstammung, auffordert, nicht zur Wahl zu gehen.“ | |
| Erdogans Wahleinmischung hatte Gabriel als „einmaligen Eingriff in die | |
| Souveränität unseres Landes“ kritisiert. Daraufhin schimpfte Erdogan am | |
| Wochenende vor Anhängern in Istanbul: „Wer bist du denn, um den türkischen | |
| Präsidenten anzusprechen? Erkenne deine Grenzen!“ | |
| Grünen-Chef Cem Özdemir empfahl, solche persönlichen Attacken zu | |
| ignorieren. „Sich mit Erdogan auf seinem Niveau anzulegen, hat keinen Sinn, | |
| da bräuchte es einen Psychologen“, sagte er der Saarbrücker Zeitung. „Wir | |
| müssen stärker die Sprache der Wirtschaft und des Geldes sprechen.“ Daher | |
| sollten vorerst für Investitionen in der Türkei staatliche | |
| Hermes-Bürgschaften verweigert werden. | |
| Seien Parteikollegin Katrin Göring-Eckardt forderte die EU-Länder auf | |
| zusammenzuhalten. „Die polizeiliche Zusammenarbeit mit der Türkei gehört | |
| auf den Prüfstand“, sagte die Bundestagsfraktionschefin der Passauer Neuen | |
| Presse weiter. „Es kann nicht sein, dass Gegner des türkischen Regimes in | |
| Europa ungeprüft als Kriminelle verhaftet werden.“ | |
| ## Politisch motiviertes Verfahren | |
| Hintergrund des türkischen Festnahmegesuchs gegen den Kölner Autor ist nach | |
| Angaben seines Anwalts der Vorwurf, Akhanlı sei 1989 an einem Raubmord in | |
| Istanbul beteiligt gewesen – ein Vorwurf, von dem er vor einem türkischen | |
| Gericht zunächst freigesprochen wurde. Uyar zeigte sich überzeugt, dass das | |
| Verfahren politisch motiviert ist. Der Schriftsteller lebt seit 1991 in | |
| Deutschland. In seinen Werken befasst er sich auch mit der Verfolgung der | |
| Armenier in der Türkei. | |
| Ankara hat 40 Tage Zeit, in Spanien Akhanlıs Auslieferung zu beantragen. | |
| Dessen Anwalt rechnet aber nicht mit der Auslieferung, wie er der | |
| Frankfurter Allgemeinen Zeitung sagte. | |
| Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Niels Annen, | |
| forderte Erdogan auf, die EU-Beitrittsverhandlungen zu beenden. „Der | |
| Verantwortliche für die Entfremdung der Türkei von Europa sitzt in Ankara, | |
| nicht in Brüssel. Erdogan sollte derjenige sein, der das Kapitel EU | |
| beendet“, sagte er der Frankfurter Rundschau. | |
| 21 Aug 2017 | |
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