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# taz.de -- Metal-Festival „Elbriot“: Naserümpfen war einmal
> Metal ist längst zu einer mehrheitsfähigen Musik geworden. Seit
> inzwischen fünf Jahren bringt das Festival „Elbriot“ die Größen des
> Genres nach Hamburg.
Bild: Deutliche Sprache, unmissverständliche Pose: Steel Panther beim „Elbri…
Welcome to Hell! Das größte Metal-Festival der Stadt ruft. Die Namen der
eingeladenen Bands sprechen wieder eine deutliche Sprache: Megadeth, Bullet
For My Valentine, Hatebreed, Bury Tomorrow. Es geht um Gewalt, Grusel, Tod
und Verderben. Für einen Tag verfinstert sich das Großmarktgelände unter
höchstem Schalldruck. Tausende aus Hamburg und Umgebung fiebern dieser
musikalischen Apokalypse seit Wochen mit inbrünstiger Vorfreude entgegen.
Wie konnte es so weit kommen?
Metal ist eine einzige Erfolgsgeschichte. Auf den Weg gebracht von Größen
ihrer Zeit (Black Sabbath, Led Zeppelin, Deep Purple) und von AC/DC und
Motörhead stilistisch in Form gegossen, erhielt das Genre Ende der
Siebziger mit der „New Wave of British Heavy Metal“ erstmals ein griffiges
Etikett. Nach dem Auftauchen von Gruppen wie Def Leppard, Iron Maiden,
Saxon, Venom und Judas Priest entwickelte sich ein weltumspannender
Metal-Underground, mit Indie-Labels, Fanzines, Tape-Tradern und sonst noch
allem, was eine funktionierende „Szene“ ausmacht.
## Langer Weg zum Mainstream
Junge US-Bands griffen den Sound ihrer britischen Altvorderen auf und
spitzten ihn in Richtung Speed-, Thrash-, Death- und Black-Metal zu. Allen
voran Metallica sorgten schließlich Anfang der Neunziger dafür, dass Metal
langsam aber sicher den Status eines zwar faszinierenden, doch von den
meisten eher skeptisch oder gar mit Abscheu betrachteten Paralleluniversums
aufgab. Der Übergang in den Mainstream war plötzlich nur noch ein kleiner
Schritt.
Hierzulande läutete das Wacken-Festival den endgültigen Dammbruch ein.
Luftgitarre und Pommesgabel, Moshen und Headbanging sind seitdem zum
Volkssport geworden. Kutten und Nietenarmbänder gelten nicht mehr als
prollig, sondern schick. Metal, früher ein Ding unter Jungs, ist heute ein
Spaß für die ganze Familie. Und was „Crowdsurfing“ bedeutet, erklärt dir
jetzt auch die BWL-Studentin von nebenan. 40 Jahre nach seiner Erfindung
hat sich Metal zu einem musikalisch wie gesellschaftlich mehrheitsfähigen
Phänomen ausgewachsen. Naserümpfen war einmal.
## Wackens kleiner Bruder
Das Event mit dem hübschen Namen „Elbriot“ könnte als Wackens kleiner
Bruder betrachtet werden. 2013 ins Leben gerufen, erfreute es sich von
Anfang an enormer Beliebtheit. Kein Wunder, denn das Booking ist
hochwertig, alte Metal-Recken und aktuelle Bands verschiedener Sub-Genres
werden geschickt miteinander kombiniert. In der Regel treten acht bis zehn
Gruppen auf, das Ticket kostet rund 60 Euro – ein sensationelles
Preis-Leistungs-Verhältnis.
Nicht zuletzt liegt das Festivalgelände mitten in der Stadt. Hamburger
Headbanger müssen also nicht mehr, wie es zuvor jahrelang notwendig gewesen
ist, den weiten Weg in die Provinz (oder gar in Nachbarstädte und -länder)
auf sich nehmen, um sich einen Tag lang unter freiem Himmel mit Metal
beschallen zu lassen. Und egal, wie viel Promille am Ende des Abends
zusammengekommen sind: Von hier aus findet noch jede und jeder auch zu Fuß
den Weg nach Hause.
## Mittags gibts auf die Glocke
Gut beraten ist jedenfalls, wer sich seine Kräfte einteilt. Der
Metal-Reigen beginnt nämlich schon mittags um zwölf. Dann entern neun
Gruppen im Stundentakt die „Elbriot“-Bühne. Den ersten Höhepunkt bildet
gegen 13 Uhr eine Deathcore-Band namens Whitechapel – benannt nach dem
Londoner Stadtviertel, in dem Jack The Ripper sein Unwesen trieb.
Im krassen Kontrast zum Brachial-Sound der Amis steht am frühen Nachmittag
der Melodic-Death-Metal der fünf Finnen von Children of Bodom. Danach
befeuern Hatebreed, Trivium und Bullet For My Valentine das Publikum mit
weiteren Staccato-Beats und -Riffs der Abteilung Metal-Core und Thrash.
Zu den spektakulärsten „Elbriot“-Gästen zählten in der Vergangenheit
Slayer, Anthrax, Testament und Kreator – allesamt in den frühen 1980ern
gegründete Thrash-Formationen mit großen Verdiensten. Von ähnlichem Kaliber
ist auch Megadeth, der diesjährige Headliner. Ihr Chef und Gitarrist Dave
Mustaine gehört zu den Gründungsmitgliedern von Metallica.
## Spektakulärer Act: Megadeth
Aufgrund interner Querelen verließ er die Band aber schon vor den Aufnahmen
zu „Kill ’Em All“. Als das Album-Debüt Metallicas erschien, 1983 also,
formierte Mustaine seine neue Gruppe. Trotz des verspäteten Starts und
wiederholter Schwierigkeiten wegen Mustaines Vorliebe für verschiedene
Genussmittel gelang es Megadeth, innerhalb weniger Jahre zu einer der
relevantesten Thrash-Gruppen der damaligen Ära aufzusteigen.
Der Weg der Band blieb aber weiterhin steinig. Zu den harmloseren Problemen
zählten noch die zahllosen Besetzungswechsel. Anfang der 2000er-Jahre
schlugen Mustaines gesundheitliche Schwierigkeiten ungleich schwerer ins
Kontor. Sie führten fast dazu, dass er das Gitarrespielen aufgeben musste.
In nur zwei Jahren brachte Mustaine aber seine Skills auf den alten Stand.
Seit 2004 sind Megadeth wieder hochaktiv. Das aktuelle Album, „Dystopia“
ist von bewährter Qualität. Den bisher 25 Millionen verkauften Platten der
Band wird sie noch einige hinzufügen können.
Nach Megadeths Besuch beim diesjährigen „Elbriot“ können sich die
Organisatoren des Festivals auf die Fahnen schreiben, schon drei der „Big
Four“ des Thrash-Metals zu Gast gehabt zu haben. Nach Slayer, Anthrax und
Megadeth fehlt jetzt noch Mustaines ehemalige Band, Metallica. Doch die
schweben in kommerzieller Hinsicht längst in ganz anderen Sphären. Ehe die
beim „Elbriot“ auftreten, friert wohl die Hölle zu.
„Elbriot“: Sa, 19.8., ab 12 Uhtr, Hamburg, Großmarkt, www.elbriot.de
18 Aug 2017
## AUTOREN
Michele Avantario
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Heavy Metal
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