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# taz.de -- Neue Putin-Biografie: Geldwaschen am Komsomol-See
> In „Putins russische Welt“ beschreibt der Journalist Manfred Quiring
> politische und finanzielle Verstrickungen des russischen Präsidenten.
Bild: Putin kann sogar schwimmen!
Manfred Quiring, der Autor des jüngsten und bisher informationsreichsten
der in den vergangenen Jahren so zahlreich erschienenen Bücher über
Wladimir Putin, lebte mit kurzen Unterbrechungen von 1982 bis 2010 als
Korrespondent in Moskau. Für „Putins russische Welt“ konnte er noch die
erst 2016 veröffentlichten Panama Papers mitnehmen, stützt sich aber auch
auf eigene Interviews.
Als Russlands Präsident in seiner ersten Amtszeit vor seinem
Deutschlandbesuch im Jahre 2002 bei einem Treffen mit Journalisten
versicherte, eine Hinwendung zum Westen sei seine grundsätzliche
Entscheidung und auch seine Militärs hätten ihn dazu gedrängt, fragte der
Korrespondent zum Beispiel zur Sicherheit beim ehemaligen
Verteidigungsminister Igor Rodionow nach. Dessen knappe Reaktion: „Das
glaubt Putin selbst nicht!“
Quiring sucht lieber nach materiellen Gründen für das Handeln dieses
Politikers. Zum Beispiel nach zwei Grundstücken, die sich der als Leiter
des Komitees für Außenhandel beim Sankt Petersburger Magistrat im Jahre
1992 am dortigen Komsomol-See zulegte, nebst einem Haus im Werte von
500.000 Dollar – für einen dortigen städtischen Beamten unvorstellbar.
Ein Jahr zuvor hatten die Petersburger unter Lebensmittelknappheit
gelitten. Das Stadtparlament untersuchte nun, ob Putin Unregelmäßigkeiten
bei der Erteilung von Exportlizenzen für seltene Rohstoffe begangen habe.
Für deren Gegenwert wollte die Stadt Nahrungsmittel importieren, aber nur
ein Bruchteil kam an. Das Verfahren wurde später eingestellt. Die Mittel
waren in dubiosen Eintagsfirmen versickert.
## Datschenkooperative „Osero“
Einige dieser Firmen hatten Putins Nachbarn vom Komsomol-See gehört. 1996
registrierten sie sich als Datschenkooperative „Osero“ (zu Deutsch: See).
„Osero“ wurde Quiring zufolge zum Synonym für eine geschlossene
Gesellschaft von Geheimdienstlern, Wissenschaftlern, Geschäftsleuten und
Kriminellen, die den Aufstieg in die Führungsetagen des Landes
bewerkstelligten, mit null Kapital zum Besitz von Milliarden. Zu ihnen
gehörte auch der Vater des Putin-Schwiegersohns Kirill Schamalow (34), vom
US-Nachrichtenmagazin Forbes im Jahre 2016 auf über zwei Milliarden Dollar
Vermögen geschätzt.
Viele Namen aus Putins Petersburger Zeit tauchen in Ermittlungen der
spanischen Polizei aus den Jahren 2008 bis 2016 auf. Sie drehten sich um
die spanischen Aktivitäten der sogenannten Tambower Mafia-Gruppierung und
deren Chef Gennadi Petrow. Aus Telefonabhörprotokollen schlossen die
Ermittlungsrichter, dass Petrow den Chef der obersten russischen
Anklagebehörde ins Amt brachte, Alexander Bastrykin, einen engen Vertrauten
Putins. Auch tauschte sich Petrow mit dem damaligen Vizechef der russischen
Antidrogenbehörde 79-mal aus, unter anderem über die Verhaftung russischer
Polizisten, die ihn bei seinen Geschäften störten.
Im vergangenen Jahr erließ die spanische Polizei gegen zwölf heute in
Russland lebende Personen internationale Haftbefehle wegen Mordes,
Erpressung, Drogen- und Waffenhandel sowie Geldwäsche. Darunter sind der
russische Ministerpräsident zwischen 2007/08, Viktor Subkow, und der
einstige Verteidigungsminister Anatoli Serdjukow.
## Der reichste Musiker des Planeten
Im vergangenen Jahr zeichnete sich auch erstmals eine Antwort auf die Frage
ab, wo denn nun Putins eigenes Vermögen steckt. In den Panama Papers
tauchte plötzlich ein skurriler Akteur auf: der mit Putin seit Mitte der
70er Jahre eng befreundete, kaum bekannte Cellist Sergej Roldugin.
Über seine Offshore-Firmen wurden – dem Recherche-Netzwerk zufolge
vermutlich mithilfe von Betrügereien – insgesamt etwa zwei Milliarden
Dollar geleitet. Falls es sich dabei um sein eigenes Geld handelte,
schlussfolgert Putins Hauptopponent, der Anwalt Alexander Nawalny, dann
wäre Roldugin der reichste Musiker auf dem Planeten.
Quirings Schlussfolgerung aus alledem: Putins Regime kann sich keine
friedliche Koexistenz mit den westeuropäischen Demokratien leisten, weil es
im eigenen Land eine unabhängige Justiz gar nicht aushielte.
13 Aug 2017
## AUTOREN
Barbara Kerneck
## TAGS
Russland
Wladimir Putin
Panama Papers
Biografie
Wladimir Putin
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Russland
Schwerpunkt G20 in Hamburg
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