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# taz.de -- Sachkundenachweis für Reptilien: Exoten brauchen einen Führersche…
> Weil in Niedersachsens Tierheimen und Wildtierstationen immer mehr
> Reptilien landen, fordert Rotgrün nun einen Sachkundenachweis für Halter
> und Händler
Bild: Sie gilt bei Reptilienfreunden als Einsteigermodell: Die Kornnatter.
HANNOVER taz | Mit ihren roten Hornschuppen sehen Kornnattern bedrohlich
aus, ein exotisches Accessoire im heimischen Terrarium – und dazu noch
spottbillig. Bei Ebay kostet so eine Schlange nicht mal zehn Euro. „Das
sind Einsteigermodelle unter den Reptilien“, sagt Diana Erdmann von der
[1][Wildtierhilfe Lüneburger Heide]. Das Problem: Viele Käufer hätten keine
Ahnung von der tiergerechten Haltung oder von den Kosten, die so ein Reptil
verursache, sagt Erdmann.
Immer häufiger werden verwahrloste Tiere ausgesetzt, in Wohnungen
zurückgelassen oder vom Veterinäramt beschlagnahmt und landen in der
Wildtierstation. Grüne und SPD fordern in Niedersachsen deshalb jetzt einen
Reptilienführerschein.
Der Sachkundenachweis, den es in Niedersachsen seit 2013 für Hunde gibt,
sollte nach dem Willen von Rot und Grün auch für Halter und Händler von
Reptilien verpflichtend werden. Derzeit wird der Entwurf noch im
Landwirtschaftsausschuss diskutiert.
## Kurs oder Beratung
„Wir wollen Spontankäufe verhindern“, sagt Miriam Staudte (Grüne), die den
rot-grünen Antrag initiiert hat. Dieser sieht vor, dass auch private
Verkäufer und Züchter einen Sachkundenachweis ablegen müssen. „Damit sie
ihre Kunden beraten können“, sagt Staudte. Zudem sollen Menschen, die sich
für den Kauf eines Reptils interessieren, zukünftig beweisen müssen, dass
sie sich mit dessen Haltung auseinandergesetzt haben. Ob das beispielsweise
in Form eines Kurses oder einer Beratung beim Tierarzt geschehe, müsse das
Landwirtschaftsministerium entscheiden, sagt Staudte.
Andrea Wildhagen vom niedersächsischen Landesverband des Deutschen
Tierschutzbundes geht das noch nicht weit genug. „Wir sprechen uns
grundsätzlich [2][gegen die Haltung von Exoten] im Privathaushalt aus.“ In
einem ersten Schritt sollte nach Meinung der Tierschützerin zumindest die
Haltung von Wildtieren verboten werden, die Menschen gefährlich werden
könnten – etwa die Haltung giftiger Schlangen.
Insgesamt sei der Antrag, der auch ein Verbot des Versands lebendiger Tiere
per Post oder die stärkere Kontrolle von Tierbörsen beinhaltet, aber eine
deutliche Verbesserung für die exotischen Tiere, sagt Wildhagen.
Kritischer beurteilt der Verband Deutscher Vereine für Aquarien- und
Terrarienkunde [3][in einer schriftlichen Stellungnahme] den rot-grünen
Antrag: „Die überwältigende Mehrheit der Halter engagiert sich sehr stark
für ihre Tiere und verwendet einen großen Teil ihres privaten Vermögens, um
die Tiere artgerecht zu pflegen.“ Der Antrag aber stelle die Haltung von
Exoten negativ dar.
## Immer mehr Exoten
Grundsätzlich sei der Verband nicht gegen einen Sachkundenachweis. Dieser
müsse jedoch auch für die zuständigen Behörden, die Tierhaltungen
überprüften, Pflicht sein. „Grundsätzlich sollte es keine Rolle spielen, ob
jemand eine Stabschrecke pflegen möchte, ein Meerschweinchen oder eine
Gruppe Mantelpaviane.“ Voraussetzung müsse immer ein ausreichendes
Fachwissen sein.
In Diana Erdmanns Wildtierauffangstation im niedersächsischen Soltau
kümmern sich die Tierpfleger*innen jedes Jahr um rund 2.500 Tiere –
darunter sind Rehkitze, Igel, Singvögel, Füchse, aber auch Hunde oder
Ziegen. Die exotischen Wildtiere wie Schildkröten, Schlangen oder auch
Papageien machen rund 500 Tiere davon aus, Tendenz steigend. „Vor zehn
Jahren waren das nur 50“, sagt Erdmann.
Laut einer Umfrage des Deutschen Tierschutzbundes von 2014 sind 41 Prozent
der Tierheime in Deutschland nicht in der Lage, Exoten angemessen zu
versorgen. In Niedersachsen kümmern sich stattdessen die Wildtierstationen
in Leiferde, Sachsenhagen, Rastede oder eben Soltau um die Reptilien.
## Schwer vermittelbar
„Seit einigen Jahren bestehen große Kapazitätsprobleme“, sagt Dunja Rose,
die Sprecherin des niedersächsischen Umweltministeriums. „Mit einer
Entspannung der Lage ist in den kommenden Jahren nicht zu rechnen.“ Auch
ihr Ministerium halte einen Reptilienführerschein deshalb grundsätzlich für
sinnvoll.
Erdmann von der Wildtierhilfe stimmt diese Aussicht optimistisch. Denn die
Exoten seien nur schwer zu vermitteln und die Kosten für ihre Pflege seien
hoch, weil einige etwa eine bestimmte Raumtemperatur oder ein spezielles
Licht bräuchten, sagt Erdmann. Das Geld dafür müsse sie durch Spenden
aufbringen. „Es ist wunderbar, dass das jetzt mal auf den politischen Tisch
kommt und nicht immer nur auf unseren.“
5 Jul 2017
## LINKS
[1] http://www.wildtier-hilfe.de/
[2] https://www.tierschutzbund.de/exoten.html
[3] https://vda-online.de/news/nachrichten/317-neues-vom-thema-exotenverbot-ste…
## AUTOREN
Andrea Scharpen
## TAGS
Tierschutz
Niedersachsen
Österreich
Wildtiere
Tierschutz
Schwerpunkt Rassismus
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