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# taz.de -- Ausgesetzte Tiere: Tierschützer fahren Krallen aus
> Der Tierschutzverein stöhnt: Bis zu 50 Tiere werden täglich in Berlin
> ausgesetzt. Darunter immer mehr Exoten wie Leguane und Schlangen
Bild: Auf in den Urlaub: Hunde können dabei stören
Von wegen gähnende Leere im Sommerloch: Das Tierheim Falkenberg, die
europaweit größte Tierpflegestätte, klagt über täglich rund 40 bis 50
Neuzugänge, die von ihren Besitzern entweder ausgesetzt oder abgegeben
werden. "Viele Kollegen schieben Überstunden und kommen schon morgens um
sechs Uhr zur Arbeit anstatt um acht", sagt Marcel Gäding, Sprecher des
Tierschutzvereins.
Um mehr Berliner für die Notsituation zu sensibilisieren, eröffnete gestern
in der Boxhagener Straße 84 das Informationszentrum des Tierschutzvereins.
Der neue Tierschutz-Beauftragte des Senats, Klaus Lüdcke, begrüßte die
Einrichtung. Der Tierschutz komme "einen weiteren Schritt voran" (siehe
Interview). Der Standort im Friedrichshain solle die zweite Anlaufstelle
neben dem Tierheim werden.
Dort nehmen während der Sommerferien fast alle Heimangestellten - von der
Sekretärin bis zum Tierpfleger einige Haustiere zur Privatpflege auf, um
den Engpass zu überbrücken. Vor drei Jahren noch sind täglich rund 800
Tiere zu betreuen gewesen, jetzt sind es durchschnittlich 1200.
Doch nicht nur Hund, Katze und Kaninchen landen in Falkenberg. "In den
letzten Jahren wurden auch immer mehr Trendtiere und Exoten wie Leguane und
Schildkröten abgegeben", sagt Gäding. Er macht vor allem Baumärkte wie
Hellwig und Obi für diese Entwicklung verantwortlich: Schildkröten,
Schlangen und Leguane würden an jeden Interessierten verkauft ohne die
Haltungsbedingungen zu berücksichtigen. "Eine Wasserschildkröte braucht
aber nun mal 20 Quadratmeter Wasserfläche", so Gäding.
Derzeit leben 30 Schildkröten und drei Leguane im Heim. Die erst im Mai
2006 eröffnete Reptilienstation im Vogelhaus ist damit sehr stark
ausgelastet. "Solche Tiere sind eigentlich nicht für die Heimtierhaltung
geeignet", sagt Tierschutzsprecherin Evamarie König. Für Bartagamen aus der
australischen Wüste werden bespielsweise spezielle Temperaturbedingungen
und UV-Lampen benötigt. "Reptilien sind momentan in Mode. Manche Tiere
gelten auch als Statussymbol", sagt König. Im Herbst werde in Falkenberg
mit dem Bau eines neues Exotenhauses begonnen. Dort sollen auch die drei
Affen Unterschlupf finden, die im Mutterkatzenhaus leben.
Immer mehr Tiere würden aus wirtschaftlichen Gründen abgegeben, sagt
Tierschutzsprecher Gäding. Statisch gesehen kostet ein ausgewachsener,
gesunder Hund 900 bis 1300 Euro im Jahr. "In Zeiten von Hartz IV können
sich viele Leute ihr Haustier nicht mehr leisten", vermutet Gäding. Die
Vermittlung von Heimtieren wird zusätzlich durch spezielle
Aufnahmekriterien erschwert. Wer sich für ein Tier interessiert, muss sich
einer Vor-und Nachkontrolle unterziehen, Sachkunde nachweisen können und
eine Schutzgebühr von bis zu 220 Euro zahlen. "Manche meinen, es sei
einfacher in Deutschland ein Kind zu adoptieren, als ein Tier aus dem
Tierheim zu holen - dabei übernehmen wir einfach nur Verantwortung",
argumentiert Gäding.
24 Jul 2007
## AUTOREN
Jessica Schober
## TAGS
Tierheime
Tierschutz
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