# taz.de -- Findeltiere in Hamburg: Regeln statt Reden | |
> Laut dem Hamburger Tierschutzverein wurden in den Ferien 156 Tiere | |
> ausgesetzt. Mehr Regulierung würde dagegen helfen. | |
Bild: Auf in den Urlaub: Hunde können dabei stören | |
Labrador „Champ“ sitzt hechelnd neben dem von der Sonne glühenden Blech der | |
Leitplanke und blickt dem Familienvan auf dem Weg ans Meer hinterher. | |
Version 1: Champs Leine ist zu lang. Er setzt an, um seinen Lieben | |
hinterherzulaufen. „Die werden mich doch nicht vergessen haben?“ Ein Lkw | |
erfasst ihn. Tot. | |
Version 2: Klar sehen die anderen Reisenden am Rastplatz Champ. Helles | |
Fell, treuer Blick, hässlich ist er nicht. „Aber das wird jetzt echt nicht | |
mein Problem.“ Champ bleibt sitzen und verreckt an einem Hitzschlag. | |
Welche Version sich seine Familie ausmalt, wenn sie das Tier einfach | |
entsorgt? Wahrscheinlich hoffen sie auf Version 3: „Es wird sich schon | |
jemand kümmern.“ Sie hätten das Tier auch im Tierheim abgeben können, sich | |
dann aber mit ihrem schlechten Versagergewissen auseinandersetzen müssen. | |
Der Hamburger Tierschutzverein hat in den Sommerferien 156 mutmaßlich | |
ausgesetzte Tiere aufgenommen. Fünf davon waren Hunde. Die meisten Leute | |
sind nicht so dumm, einen Hund an der Raststätte sitzen zu lassen, weil die | |
in Hamburg gechipt sind. Bei Katzen sieht das gleich ganz anders aus. Die | |
sind die Spitzenreiter der Entsorgten. 64 wurden in den Ferien gefunden. | |
## Die Dunkelziffer ist hoch | |
Seit vielen Jahren machen Tierschutzvereine Öffentlichkeitsarbeit, um | |
Tierhalter*innen dafür zu sensibilisieren, dass sie ihre Miezis und Plutos | |
nicht in die „Freiheit“ entlassen. Was wirklich hilft – das zeigt das | |
Beispiel der Hunde – ist Kontrolle, nicht gutes Zureden. Warum also | |
registriert die Stadt nicht auch Katzen? | |
Wenn die gechipt wären, würde die Zahl der ausgesetzten Tiere sicher | |
zurückgehen. Wenn Papierkram und vielleicht auch eine Steuer damit | |
verbunden wären, würden sich wohl auch weniger Menschen im ersten Schritt | |
unüberlegt ein „soooo niedliches Katzenbaby“ zulegen. „Einzimmerwohnung … | |
einer vierspurigen Straße? Egal, ist ja Weihnachten!“ | |
## Goodbye, old friend! | |
Bei Hamstern, Kanarienvögeln, Schildkröten oder Meerschweinchen würde das | |
wegen der schieren Massen und des hohen Aufwands für die Behörden nicht | |
funktionieren. Da liegt die Dunkelziffer wohl noch höher. Findet ja keiner | |
wieder. „Goodbye, old friend!“ | |
Und auch bei Hunden, die vielleicht nicht mehr so oft ausgesetzt, aber doch | |
häufig genug in Tierheimen abgegeben werden, wäre mehr Regulierung besser: | |
In Niedersachsen müssen Halter*innen einen Hundeführerschein machen. Der | |
beinhaltet vor dem Tierkauf eine theoretische Prüfung und später einen | |
praktischen Test. | |
In Hamburg gibt es zwar eine Gehorsamsprüfung, wenn Halter*innen von der | |
geltenden Anleinpflicht befreit werden wollen, vor dem Kauf müssen sie aber | |
kein Wissen über Tierhaltung nachweisen. Dabei spricht nichts dagegen. | |
Lieber zweimal vor dem Kauf überlegen, ob man wirklich ein Haustier halten | |
kann, bevor man Champ einmal im Rückspiegel kleiner werden sieht. | |
17 Aug 2020 | |
## AUTOREN | |
Andrea Maestro | |
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