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# taz.de -- Die Wahrheit: Mein Hund ist ein Schwein!
> Kuscheln war gestern. Tiere begehren auf. Ein längst felliger Report vom
> Planeten der Haustiere. Garantiert nicht vegan.
Bild: Sie sind überall und sie sind gerüstet: Kampfhund in voller Montur
Immer weniger Menschen sind noch in der Lage, ihren Haustieren Grenzen zu
setzen. Stattdessen führen sie fruchtlose Streitgespräche, nicht nur an der
Supermarktkasse. Doch oft ist es selbst dafür zu spät. Franz P.: „Mein
Goldfisch spricht nicht mehr mit mir!“
Tierhändler raten kauffreudigen Kunden inzwischen nicht selten vom Erwerb
eines Haustieres ab, speziell vor Weihnachten. Max K.: „Ich sehe das immer
häufiger, dass Leute, die keiner Fliege was zuleide tun können, sich
unbedingt eine anschaffen wollen. Nach ein paar Stunden sind sie völlig
entnervt und bringen das Tier zurück. Die Leute haben keine Ahnung und sind
der Aufgabe nicht gewachsen.“
Manche haben schon in der Kindheit Erfahrungen mit Haustieren gemacht und
erinnern sich an schöne Stunden mit kuscheligen Fellknäueln. Früher war
vielleicht einiges besser, aber vieles wird auch oft verklärt, Verletzungen
werden verdrängt. Experten bestätigen: Die meisten Tiere sind nicht mehr
dieselben wie früher.
Wir haben uns mit einem Betroffenen verabredet, der anonym bleiben möchte
(Darum bitte mit verfremdeter Stimme lesen; die Red.): „Seit ein paar
Wochen ignorieren mich meine Katzen. Ich habe schon versucht, mit ihnen zu
reden, aber dann schauen sie mich so seltsam an, stecken die Köpfe zusammen
und kichern. Heute haben sie den ganzen Tag ostentativ ihre Krallen
geschärft, aber ich traue mich nicht, die Polizei zu rufen.“
## Mein Python und ich
Dass sich Mensch und Tier nur noch wenig zu sagen haben, liegt auch an den
digitalen Medien. Karl M.: „Früher hatten wir so viel Spaß miteinander,
mein Python und ich, aber seit einigen Monaten spricht er nur noch mit
seinem Rechner. Einmal wollte ich ihm den wegnehmen, da hat er mich
gewürgt!“
Das mag wie ein Extremfall wirken, aber in den einschlägigen Foren
berichten Haustierbesitzer zunehmend von physischer und psychischer Gewalt,
Fälle von Mobbing sind keine Seltenheit. Peter K.: „Ich bin mit den Nerven
fertig. Die Papageien verbreiten Gerüchte über mich. Meine Frau hat schon
die Scheidung eingereicht.“ Andere müssen noch schlimmere Demütigungen
erdulden. Bernd Z.: „Mein Hund ist ein Schwein! Immer wenn ich in Ruhe
fernsehen will, reibt er sich an mir und fickt mich dann ins Knie. Ich
komme mir so benutzt vor!“
Tierpsychologen ist das Problem seit Langem bekannt. Prof. Dr. Heinz
Sielmann jr. von der Universität Schweinfurt: „Seit 1968 wurden
Generationen von Hunden an der langen Leine gehalten und wuchsen in dem
Bewusstsein heran, dass Autoritäten ungestraft in Frage gebellt werden
dürfen. Mit dem Fall der Mauer sind bei vielen dann endgültig die letzten
Hemmungen verschwunden.“
## Rex allein zu Haus
In Großstädten ist das Problem natürlich sichtbarer als auf dem Land.
Zahlreiche Hundehalter verzichten daher darauf, ihre Tiere in die Schule zu
schicken. Atze O. aus Berlin-Marzahn: „Der Kiez hier wird seit der
Flüchtlingswelle von aggressiven Afghanenrudeln beherrscht. Meinen Rex
lasse ich nicht mehr alleine auf die Straße!“ Lehrer berichten von
zunehmender Verrohung. Fritz W.: „Unsere Schüler rüsten auf. Das sind zum
Teil schon regelrechte Kampfhunde. Ich hab da durchaus Verständnis für.“
Doch nicht nur in sozialen Brennpunkten und an Hundeschulen nimmt die
Gewalt zu, auch in gutbürgerlichen Gegenden herrscht Verunsicherung.
Boutiquenbesitzerin Annette v. B. aus Buxtehude: „Diese widerlichen
Chihuahuas! Stolzieren hier frech in der Gegend herum und pissen vor meinen
Laden, die mexikanischen Kläffer. Trump hat doch völlig recht! Das nächste
Mal wähle ich den!“
Die Tiere haben den Respekt vor ihren Haltern verloren. Erna M.: „Der
Hamster tyrannisiert mich! Ständig verlangt er Dinge von mir, die ich
entwürdigend finde. Was soll ich nur tun?“ Polizei und Justiz konnten
nichts ausrichten, da der Hamster sich nicht zu den Vorwürfen äußern wollte
– schon gar nicht bei Tageslicht. Polizeihauptkommissar Dieter R.: „Die
meisten Hamster schweigen sich aus, andere haben die Backentaschen so
voll, dass man kein Wort versteht. Das sind oft Gewohnheitsverbrecher,
denen es überhaupt nichts ausmacht, jahrelang in einen Käfig gesperrt zu
werden.“
## Bei Plusgraden ist noch niemand erfroren
Ein besonders tragischer Fall ereignete sich im letzten Winter in München.
Bei Minusgraden erfror dort ein Rentner, der von seinem Dachshund in einem
öffentlichen Park ausgesetzt worden war! Der Täter aber konnte sich
geschickt seiner Strafe entziehen, indem er vor Gericht eine üble
Dackelblicknummer abzog.
Auch der Tierschutzbund ist von seinen ursprünglichen Idealen längst
abgerückt. Er rät dazu, im Zweifel das Haustier einfach aufzuessen. Was
sich besonders zu Weihnachten anbietet.
26 Nov 2019
## AUTOREN
Tibor Rácskai
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