# taz.de -- Dienstwagenflotte in Berlin: Senat hat Ladehemmung | |
> Die Senatoren setzen beim Dienstwagen zu selten auf Hybridtechnik, keiner | |
> fährt E-Auto. Eine Grüner kritisiert deswegen vor allem die Linke scharf. | |
Bild: Beim Tanken können die Senatsverwaltungen noch viel besser machen | |
In einer Gerhard-Seyfried-Fantasie aus den 80ern hätte ein links-grüner | |
Senat im Jahr 2017 etwa so ausgesehen: Grinsende PolitikerInnen verschenken | |
Joints an Schulkinder mit Che-Guevara-T-Shirts, es gibt Verwaltungen für | |
Marxismus und Häkeln – und die Landesregierung fährt im Fahrradkorso zur | |
Arbeit. Bekanntlich ist es anders gekommen. Bei der Fortbewegung verzichten | |
rot-rot-grüne SenatorInnen nicht auf breite, schwarze Karossen, die sie von | |
der nervigen Realität auf den Straßen abschirmen. | |
Immerhin: Bei den Antrieben tut sich etwas. Der Grünen-Abgeordnete Georg | |
Kössler hat den Senat gefragt, wie die Leitungsebene der Senatsverwaltungen | |
unterwegs ist und wie sie künftig fahren wird. Die bisher unveröffentlichte | |
Antwort der Innenverwaltung liegt der taz vor: Danach fahren viele | |
Dienstwagen der Senatsverwaltungen immer noch mit Diesel, nur wenige haben | |
Hybridantrieb. | |
## Autos werden geleast | |
Dabei müssen sich alle SenatorInnen und StaatssekretärInnen an der eigenen | |
Koalitionsvereinbarung messen lassen. Sie enthält das Versprechen, dass der | |
Fuhrpark des Landes auf emissionsarme Fahrzeuge umgestellt wird. Die | |
Regierungsmitglieder selbst, findet Kössler, haben also allen Grund, | |
voranzugehen. Dazu gab es schon in diesem Jahr die erste Chance, denn die | |
Autos im Senatsfuhrpark werden geleast und meist nach ein oder zwei Jahren | |
gegen ein neues Modell ausgetauscht. | |
Vorbild ist tatsächlich Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne), obwohl sie | |
gar keinen neuen Wagen geordert hat: Sie fuhr schon 2016 einen | |
Hybridbenziner. Mit der Kombination aus Elektro- und Ottomotor ist auch die | |
grüne Justizstaatssekretärin Margit Gottstein bereits unterwegs. Alle | |
anderen Grünen an der Spitze von Senatsverwaltungen werden noch in | |
Dieselfahrzeugen herumkutschiert und satteln nun auf Hybrid oder reine | |
Benziner um. | |
Dass sich nicht alle für einen Hybrid entschieden haben, liegt, wie man | |
hört, am Angebot deutscher Hersteller: Mal gebe es kein ansprechendes | |
Modell für besonders große Menschen; mal heißt es, die Standheizung leiste | |
keine ausreichenden Dienste, was für die Fahrer im Winter eine Zumutung | |
wäre. | |
## Verbrauch unter 6 Litern | |
Bei der SPD sticht Spitzenmann Michael Müller mit einem Negativrekord | |
hervor: Sein gepanzerter Daimler MB S-Guard verbraucht im Schnitt 12,9 | |
Liter Benzin auf 100 Kilometer und pustet alle 1.000 Meter 299 Gramm CO2 in | |
die Atmosphäre. Alle anderen Wagen im rot-rot-grünen Fuhrpark haben einen | |
100-Kilometer-Verbrauch von weniger als 5,7 Litern, die meisten liegen | |
zwischen 4 und 5 Litern – fast ausschließlich Diesel, wohlgemerkt. Nach dem | |
anstehenden Fahrzeuggenerationswechsel werden es noch 15 Diesel gegenüber | |
22 Benzinern und Hybriden sein. | |
Auf Kösslers Frage, warum überhaupt noch Dieselfahrzeuge angeschafft | |
werden, antwortete die Innenverwaltung, die beiden noch gelisteten Modelle | |
– darunter der BMW 520d, den die Bundesbevollmächtigte Sawsan Chebli und | |
Senatssprecherin Claudia Sünder bestellt haben – seien „als verlässlich in | |
den ermittelten Werten eingestuft“ worden. | |
## Alte Technologie | |
Gerade von den Linkenressorts wird auch künftig noch viel Ruß ausgehen: | |
Sechs von neun SenatorInnen und StaatssekretärInnen fahren weiterhin mit | |
der durch manipulierte Schadstoffwerte in Verruf geratenen Technologie, | |
unter anderem Kultursenator Klaus Lederer. Auf taz-Anfrage antwortete | |
Lederers Sprecher Daniel Bartsch, das Hybridmodell, für das sich der | |
Kultursenator interessiert habe, sei zum Stichtag nicht erhältlich gewesen. | |
Lederer wolle aber zum nächstmöglichen Zeitpunkt umsteigen. „Dass der gute | |
Wille da ist, sehen Sie auch daran, dass unsere Verwaltung schon das | |
Aufstellen einer Ladesäule prüft“, so Bartsch zur taz. | |
Auch nach der „Ladeinfrastruktur“ hatte der Grüne Kössler gefragt. Laut | |
Innenverwaltung wurde hier in fünf Häusern (Senatskanzlei, Integration, | |
Justiz, Bildung und Gesundheit) noch nichts in die Wege geleitet, bei | |
Kultur und Innerem prüft man, während die restlichen Verwaltungen bereits | |
Säulen aufgestellt haben: Umwelt und Stadtentwicklung jeweils eine, | |
Wirtschaft zwei und Finanzen unter SPD-Senator Matthias Kollatz Ahnen ganze | |
fünf Stück. | |
Kösslers Fazit: Es geht voran mit der ökologischen Umgestaltung der | |
Fahrzeugflotte, jedoch ein bisschen schleppend. Wenig überraschend lobt er | |
die grünen Häuser, die mit gutem Beispiel vorangehen und „konsequent auf | |
saubere Fahrzeuge umsteigen“ würden. Bei der SPD sieht er nur vereinzelte | |
Fortschritte, und in den links geführten Verwaltungen habe „man den Schuss | |
wohl noch nicht gehört“. Sprich: viel zu viel Diesel, viel zu wenig Hybrid. | |
Die komplette Dekarbonisierung – also die Umstellung auf Elektroantriebe, | |
die dann aber auch mit grünem Strom betrieben werden müssen – wird noch | |
eine gute Weile dauern. | |
17 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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