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# taz.de -- Bundeswehr in Konya: Reise geplatzt, Experiment geglückt
> Der Abgeordnetenbesuch bei den deutschen Soldaten in der Türkei war als
> Testballon gedacht. Nach der Absage läuft die Debatte über Konsequenzen.
Bild: Awacs-Flugzeug in Konya: Abflug für die deutsche Besatzung?
Berlin taz | Die Reise nach [1][Konya] war ein Test. Alexander Neu hatte
ihn sich vor einigen Wochen ausgedacht. Im Verteidigungsausschuss
beantragte der Linken-Abgeordnete im Juni einen gemeinsamen Besuch auf der
Nato-Basis in der Zentraltürkei, die übrigen Fraktionen stimmten zu, und so
stand die Versuchsanordnung: Mal sehen, dachte sich Neu, ob die türkische
Regierung den Besuch zulässt – oder ob sie ihn ebenso verhindert wie zuvor
schon die Reisen ins benachbarte Incirlik.
Seit Freitagnachmittag ist das Ergebnis da: Wenige Tage vor dem geplanten
Abflug der Abgeordneten hat die Türkei laut Regierungssprecher Steffen
Seibert „darum gebeten, den Besuch zu verschieben“ – ihn de facto also
unterbunden. In Berlin läuft seitdem eine Debatte über die Konsequenzen.
Die Opposition sowie Teile der SPD wollen die deutschen Soldaten, die in
Konya in Awacs-Flugzeugen der Nato sitzen, im Zweifel abziehen. „Ohne
Besuchsrecht können die deutschen Soldaten nicht in Konya bleiben“, sagte
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. Der Koalitionspartner bremst aber: Auf
keinen Fall solle Deutschland seine Soldaten abziehen, sagte der
CSU-Abgeordnete Hans-Peter Uhl am Montagmorgen im Deutschlandfunk. Die
Bündnistreue innerhalb der Nato sei wichtiger als die Reise des
Verteidigungsausschusses.
Die Bundesregierung selbst setzt vorerst auf einen Mittelweg: In Gesprächen
mit der Türkei drängt sie nach eigenen Angaben auf einen neuen Termin. Eine
Frist will sie der Regierung in Ankara aber nicht setzen. „Ich halte es
nicht für sinnvoll, jetzt hier Zeiterwartungen in den Raum zu stellen oder
Zeitfristen zu nennen“, sagte Seibert am Montag.
Helfen soll in den Gesprächen mit der Türkei nach Möglichkeit die Nato. Im
Streit über die Abgeordnetenbesuche in Incirlik hatte sich das
Militärbündnis noch herausgehalten – die dort stationierten deutschen
Tornados waren nicht in seinem Auftrag vor Ort. Anders die Awacs-Flugzeuge,
die unter Nato-Kommando fliegen – weshalb der geplatzte Abgeordnetenbesuch
nun im Prinzip das Bündnis als Ganzes betrifft.
## Zehn deutsche Soldaten
Rund zehn deutsche Soldaten sind derzeit als Teil einer multinationalen
Besatzung in den Flugzeugen eingesetzt. Nach Angaben des
Verteidigungsministeriums beobachten sie nicht die Aktivitäten des IS,
sondern nur den Luftraum über Syrien und dem Irak. Sie schauen, wer dort
fliegt. Offiziell, um Kollisionen westlicher Kampfjets mit anderen
Flugzeugen zu verhindern. Sicherlich aber auch, um die Aktivitäten der
russischen und syrischen Luftwaffe zu überblicken.
Die Awacs tragen für diese Aufgabe große Radaranlagen auf dem Rücken. Die
Flugzeuge fliegen zwar nur über der Türkei und dem Mittelmeer und nicht
über den Krisenländern selbst. Schon von dort aus nehmen sie wegen ihrer
Flughöhe aber mehr wahr als Radaranlagen auf dem Boden. Bundeswehr, Nato
und die US-geführte Militärkoalition für Syrien und dem Irak würden deshalb
nur ungern auf die Awacs-Flüge verzichten.
Die deutsche Opposition hätte mit einem Abzug natürlich weniger Probleme.
Der Abgeordnete Neu, dessen Konya-Experiment nun aufgegangen ist, fordert
das Ende des Einsatzes. Die Linke sei ohnehin gegen die deutsche
Beteiligung, schon aus völkerrechtlichen Gründen. „Davon abgesehen müssten
jetzt auch die anderen Fraktionen begreifen, dass ein ,Weiter so' nicht
möglich ist, wenn Besuche deutscher Abgeordneter nicht möglich sind“, sagt
er.
17 Jul 2017
## LINKS
[1] /Nato-Stuetzpunkt-in-Konya/!5431124
## AUTOREN
Tobias Schulze
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werden.
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