# taz.de -- Sozialerhebung des Studentenwerks: Wo ist nur der Bildungstrichter … | |
> Wieder einmal legt das deutsche Studentenwerk seine Sozialerhebung vor. | |
> Ausgerechnet die pikanteste Grafik ist nicht mit dabei. | |
Bild: StudentInnen in München | |
BERLIN taz | Gesucht wird: der „Bildungstrichter“. Seit zwanzig Jahren ist | |
diese Grafik ein visuell eindrucksvolles Zeugnis der deutschen | |
Bildungsungleichheit – nun ist der Klassiker verschwunden. Bisher wurde die | |
Grafik im Rahmen der regelmäßigen Veröffentlichung der [1][Sozialerhebung | |
des Deutschen Studentenwerks] publiziert. | |
Das Besondere: Sie zeigte auf eingängige Weise, wie massiv der | |
Bildungserfolg in Deutschland von der sozialen Herkunft abhängt. Die Logik | |
war einfach: Zu sehen war, wie viele von 100 Kindern aus | |
Akademikerhaushalten später einmal an den Universitäten ankommen. Und wie | |
wenigen Kindern aus Nichtakademikerhaushalten dies gelang. So zeigte sich | |
schnell, was etwa die Vereinten Nationen seit Jahren an Deutschland | |
bemängeln: Das deutsche Bildungssystem siebt nach sozialer Herkunft. | |
Allerdings: In dem fast 200-seitigen Bericht, den Bundesbildungsministerin | |
Johanna Wanka (CDU) am Dienstag vorstellte, fehlte der prominente | |
Bildungstrichter plötzlich – und sorgt für Aufregung im Parlament. | |
Die Grünen werfen dem CDU-geführten Bildungsministerium vor, hinter der | |
Entfernung der Grafik aus der Sozialerhebung zu stecken. „Es ist nicht | |
verwunderlich, dass das Ministerium als Finanzier der Sozialerhebung Angst | |
vor schlechten Zahlen im Wahljahr hat“, teilte der hochschulpolitische | |
Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, Kai Gehring, mit. Ein Vorwurf, den | |
Wanka zurückwies. „Es gab keinen Einfluss der Politik“, sagte die | |
Ministerin. | |
Das für die Erhebung verantwortliche Zentrum für Hochschul- und | |
Wissenschaftsforschung teilte mit, der Trichter werde aus anderen Daten | |
generiert und werde zu einem späteren Zeitpunkt gesondert veröffentlicht. | |
Ob das vor oder nach der Wahl geschehen werde, ließ Geschäftsführerin | |
Monika Jungbauer-Gans jedoch offen. | |
## Durchschnittlich 918 Euro im Monat | |
Der wissenschaftliche Report hielt in Bezug auf die Chancengleichheit beim | |
Hochschulzugang dennoch Aufschlussreiches bereit. So ist etwa seit 1991 der | |
Anteil von Studenten, deren Eltern über keinen Schulabschluss verfügen, von | |
29 auf 9 Prozent gesunken. Im selben Zeitraum stieg der Anteil von | |
Studenten, deren Eltern über die Hochschulreife verfügten, von 43 auf 66 | |
Prozent. | |
Immerhin haben die Studierenden hierzulande laut Erhebung mittlerweile | |
etwas mehr Geld in der Tasche. Demnach verfügten deutsche Studierende im | |
vergangenen Jahr über durchschnittlich 918 Euro im Monat, gegenüber 842 | |
Euro im Jahr 2012. Dafür muss der akademische Nachwuchs allerdings auch | |
mehr Geld verdienen. 385 Euro verdienten Studenten durchschnittlich im | |
letzten Jahr. 2012 waren es noch 300 Euro gewesen. | |
Auch die familiären Zuwendungen stiegen im Schnitt von 261 auf 309 Euro pro | |
Monat. Geld, das Studierende wegen der hohen Lebenshaltungskosten in | |
Universitätsstädten auch benötigen. „Der Kostendruck auf die Studenten | |
nimmt zu“, monierte Dieter Timmermann, Präsident des Deutschen | |
Studentenwerks. In vielen Hochschulstädten werde es immer schwieriger, | |
günstigen Wohnraum zu finden. | |
Der Bericht stützt sich auf die Befragung von 60.000 Studierenden im | |
Sommersemester 2016. Da die Erhebung vor der Bafög-Reform im Wintersemester | |
stattfand, lassen sich aus den Daten allerdings keine Rückschlüsse darüber | |
ziehen, wie sich die Erhöhung der Fördersätze auf die finanzielle Situation | |
der Studierenden ausgewirkt haben. | |
27 Jun 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://www.sozialerhebung.de/ | |
## AUTOREN | |
Jörg Wimalasena | |
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