# taz.de -- Wahlkampf-Workshops in Bremen: Die Qual der Wahl | |
> Ein starkes Bild, ein griffiger Slogan – und fertig ist das Wahlplakat? | |
> So läuft das nicht. Was alles dahinter steckt, lernen Jugendliche in | |
> Workshops. | |
Bild: Wichtig fürs Plakat: Die Mimik und Gestik müssen sitzen. | |
BREMEN taz | Nicht immer ist die Sache so klar wie 1972: „Willy wählen“, | |
hieß es da, klare Ansage, und die Sache für die SPD war geritzt. Und heute? | |
Gibt es Workshops für Jugendliche, in denen sie tief einsteigen wollen in | |
das, was eigentlich hinter einem Wahlkampf so steckt. | |
„Was würdest du versprechen, um gewählt zu werden?“ Unter dem Motto „Ich | |
bin die Wahl“ fragen sich Jugendliche diese und weitere Fragen zum Thema | |
Wahlkampf. In den Workshops, die vom [1][Kultur- und Bildungsverein (Kubo)] | |
im Ostertor organisiert werden, lernen die TeilnehmerInnen, wie | |
künstlerisch Politik sein kann und wie politisch Kunst eigentlich ist. | |
Aktuell findet der letzte Workshop „Foto und Video“ in der Gleishalle am | |
Güterbahnhof statt. Vorangegangen sind im Juni vier weitere zu den Themen: | |
Kunst und Politik, Performance, Text und Meinung sowie Mode und | |
Inszenierung. Finanziert wird das Projekt durch das Bundesministerium für | |
Bildung und Forschung. „Wir wollen Wahlplakate mit den Themen der | |
Jugendlichen entwickeln“, erklärt die Projektkoordinatorin Ka Jahn. | |
Bereits 2015 organisierte sie ein ähnliches Projekt zur Landtagswahl in | |
Bremen. Dabei habe sie gemerkt, wie wichtig es sei, Jugendliche dafür zu | |
sensibilisieren, wie Wahlkampf funktioniert. Schnell stand daher fest, dass | |
sie dieses Thema im Jahr der Bundestagswahl erneut aufgreifen will, mit | |
mehr Zeit, mehr Geld und mehr Möglichkeiten. | |
Die insgesamt fünf Workshops fanden in Zusammenarbeit mit verschiedenen | |
Kooperationspartnern statt. Zu Beginn stand eine Einführung in das Thema | |
„Kunst und Politik“, bei dem die ersten Ideen gesammelt wurden und Adrienne | |
Körner vom Förderprogramm „Demokratisch Handeln“ den Jugendlichen | |
grundlegende Fragen zum Thema Politik beantwortete. | |
„Schnell wurde klar, dass es die ganz großen Themen sind, die den | |
Jugendlichen wichtig sind“, sagt Jahn: „Weltfrieden, soziale Gerechtigkeit | |
oder auch Feminismus wurden angesprochen.“ | |
Doch wie setzt man diese Themen auf einem einzigen Plakat um? Im nächsten | |
Schritt hieß es also herauszufinden, was eigentlich hinter diesen Themen | |
steckt. Was verbinden die Jugendlichen damit? Welche persönlichen | |
Erfahrungen haben sie gemacht? „Wir wollten die Geschichten hinter den | |
großen Themen finden“, sagt Jahn. | |
Im Performance-Workshop fragten sich die Jugendlichen daher: Warum klingen | |
Wahlprogramme eigentlich immer so kompliziert? Und welche Gesten nutzen | |
PolitikerInnen, um diese verschachtelten Sätze zu untermalen? | |
Der Theaterkünstler Felix Reisel hatte im Vorfeld markante Gesten von | |
namhaften PolitikerInnen wie Donald Trump oder Angela Merkel ohne Ton zu | |
Videos zusammengeschnitten und erarbeitete mit der Gruppe eine Performance, | |
in der diese Mimik und Gestik dargestellt und gespiegelt wurde. | |
Die Schriftstellerin Donka Dimova erarbeitete mit der Gruppe die Kriterien | |
für einen guten Wahlspruch und zusammen erstellten sie die ersten Slogans. | |
Die anfänglich sehr sperrigen, großen Themen wurden heruntergebrochen und | |
auf die persönlichen Situationen der Jugendlichen fokussiert. | |
„Mehrere TeilnehmerInnen erzählten, von LehrerInnen ungerecht behandelt zu | |
werden“, sagt Jahn. Und so wurde aus dem Thema soziale Gerechtigkeit der | |
Slogan: „Mobbed as fuck – Lehrer sind Zukunftskiller“. Im dazugehörigen | |
Video wird die Aussage erklärt: „Nicht jeder, aber einer reicht schon“, | |
heißt es dort. | |
Dem Thema Diskriminierung und den daraus entstehenden Vorurteilen wird mit | |
einem schlichten Plakat begegnet. Zu sehen ist nur der Rücken einer schwarz | |
verhüllten Frau, verbunden mit der Frage: „Was glaubst du an was ich | |
glaube?“ Im Video dreht sie sich um, ihr Mantel schimmert bläulich von | |
innen und in den Händen hält sie eine große, weiße Kugel. Sie sagt: „Ich | |
glaube an Magie. Es ist jedem selbst überlassen, woran, wie und ob er | |
glaubt.“ | |
Die Plakate sollen laut Jahn irritieren und provozieren, die Videos | |
informieren. Auf jedem der Plakate wird es daher einen QR-Code geben, der | |
direkt zum Video führt. Vorgestellt werden die Ergebnisse am 31. August in | |
der Bürgerschaft. Anschließend werden die Plakate auch im öffentlichen Raum | |
gezeigt. | |
29 Jun 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://kubo.de/ | |
## AUTOREN | |
Pia Siber | |
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