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# taz.de -- Bewegung über Widerstand gegen Rechts: „Keine Entwarnung!“
> Was können die G-20-Proteste gegen Rechtsextremismus ausrichten? Drei
> AktivistInnen über Mobilisierung und Alltagsrassismus.
Bild: Anti G-20-Proteste: „Einen linken Protest-Narrativ entgegensetzen“
taz: Frau Klose, Herr Bautz, Herr Khan, von den hohen Umfragewerten vor
einigen Monaten ist die AfD weit entfernt. Ist die Gefahr einer neuen
rechten Normalität gebannt?
Romin Khan: Es gibt keinen Grund zur Entwarnung. Rund acht Prozent heißt,
die AfD kommt in die Parlamente, auch in den Bundestag, und sie kann ihre
Strukturen weiterentwickeln.
Bianca Klose: Erstens hat die AfD bei den vergangenen Landtagswahlen
politische Macht über jene bekommen, die sie vorher als Feindbild markiert
hat. Zweitens gibt es auch innerhalb der Gesellschaft einen Rechtsruck.
Mittlerweile gelten schon menschenrechtsorientierte Standpunkte als
linksextrem, zum Beispiel das Engagement für Menschen- und Grundrechte von
Geflüchteten. Und drittens gibt es eine Radikalisierung innerhalb der
Gesellschaft. Vor allem durch das Netz können solche Menschen enorm schnell
aktiviert und mobilisiert werden. Diese Enthemmung ist eine der größten
Herausforderungen.
Woher kommt dann der Eindruck, dass alles nicht mehr so schlimm ist? Flaut
einfach der mediale Hype ab?
Christoph Bautz: Die Aufmerksamkeit der Menschen verschiebt sich extrem
schnell. Ich nehme die gesamte politische Situation als sehr volatil wahr.
Mal angenommen, es gibt einen größeren Terroranschlag hierzulande oder der
Flüchtlingsdeal mit der Türkei platzt – dann schnellen die Umfragewerte der
AfD wieder nach oben und die politische Stimmung kippt weiter nach rechts.
Vor der Wahl kann noch gigantisch viel passieren. Das ist sehr gefährlich,
und wir sollten uns auf keinen Fall zurücklehnen.
Klose: Wir von der MBR können auch keine Entwarnung geben. Das Asylrecht
wurde schon mehrfach erheblich verschärft – auch deshalb, weil
rassistische, brüllende Bürgerinnen und Bürger gemeinsam mit Tausenden
Rechtsextremen öffentlich Stimmung gemacht und die etablierten Parteien vor
sich hergetrieben haben. Es gibt permanent rechte Kampagnen gegen
Engagierte, die sich für Minderheiten einsetzen, bis hin zu gewalttätigen
Übergriffen oder Brandanschlägen. Das flammt in der öffentlichen Debatte
zwar nur ab und zu auf und hat kaum Konsequenzen, ist aber jenseits der
medialen Konjunktur ein alltägliches Problem.
Das alltägliche Problem heißt gewalttätiger Rassismus?
Klose: Ja, und Rassismus hat man sich ja immer ungern angeschaut, gerade in
der sogenannten Mitte der Gesellschaft oder den Behörden – Stichwort NSU.
Die Auseinandersetzung damit führen wir nicht im nötigen Maß.
Weil viele selbst betroffen sind, weil es uns zu nah geht?
Khan: Weil es an die Substanz von Staat und Gesellschaft geht. Ob sich
Rassismus ausbreitet, hängt auch von politischen Entscheidungen ab.
Unsichere Aufenthaltsverhältnisse und fehlende politische Rechte, wie das
Wahlrecht, ermöglichen es, Menschen auszugrenzen, zu stigmatisieren und sie
vom Arbeitsmarkt zu verdrängen. Aktuelle Entwicklungen wie die Verhinderung
des Familiennachzugs für anerkannte Flüchtlinge oder Arbeitsverbote
schaffen hier neue Probleme. Die tragen dazu bei, die Position der Menschen
weiter zu verschlechtern und Rassismus zu stärken.
Klose: Diese Situation muss man zusammen mit einer Normalisierung der AfD
betrachten. Die machen jetzt Politik vor Ort, in den kommunalen Gremien und
Parlamenten. Der demokratische Konsens, keine Politik mit diesen
antidemokratischen, zum Teil rechtsextremen Personen zu machen, bröckelt
allerorten. Das führt zu einer Normalisierung rechtspopulistischer
Politik.
Diskutieren wir als Gesellschaft also einfach das Falsche? Ist es auch
falsch, Herr Bautz, wenn wir wie Campact gegen TTIP und Ceta die Menschen
auf die Straße bringen – und die eigentlichen Themen unter den Teppich
kehren?
Khan: TTIP und Ceta sind auch Demokratiefragen. Sie betreffen die Frage,
inwiefern eine Gesellschaft über eigene Geschicke entscheiden kann.
Bautz: TTIP und Ceta zahlen auf das Narrativ der AfD ein, dass „die in
Brüssel sowieso machen, was sie wollen“. Die Politik sei nur
wirtschaftsgelenkt, richte sich nicht nach den Bürgern, es gebe nur eine
Alternative und das sei die AfD. Das ist das Gefährliche an der Politik,
wie sie die Kommission macht: TTIP und Ceta höhlen die Demokratie aus und
stellen das Commitment der Bürger zu Europa noch mehr in Frage. Wir sind in
einer Situation, in der wir sagen müssten: Wir brauchen mehr Europa, ein
sozialeres und demokratischeres Europa. TTIP und Ceta führen aber zu einer
Abwendung der Bürger und zu einem Bestätigungsgefühl für das Narrativ der
AfD.
Wie viele AfDler gehen denn auf die TTIP-Demonstrationen von Campact?
Bautz: Das haben wissenschaftliche Institute nachgefragt, und rechte
Anhänger waren im einprozentigen Bereich. Das hängt damit zusammen, dass
wir uns vom Antiamerikanismus rechter Ceta- und TTIP-Kritik klar abgegrenzt
haben. Wir haben immer betont, dass wir diese vereinfachten Bilder, dass
die USA und das Kapital alles steuern, nicht teilen und dass wir den
Schulterschluss mit Bewegungen auf der anderen Seite des Atlantiks gegen
diese Handelsabkommen suchen. Das hat verhindert, dass es Rechte geschafft
haben, diese Bewegung zu kapern.
Lässt sich bei Campact denn gegen Rechts mobilisieren? Das scheint bisher
eher ein vernachlässigter Bereich zu sein.
Bautz: Es gab Momente, in denen Menschen bereit waren, auf die Straße zu
gehen. Das war der Moment, als Pegida stark wurde und es diese ganzen
Ableger wie Hagida und Legida gab. Da gab es einen Ruck, und die Leute
haben gesagt: Wir können den Rechten nicht die Straße überlassen. Aber dann
ebbte das ab. Und wenn dann 40.000 gegen rechts auf die Straße gehen und
ein paar Monate später 320.000 gegen TTIP, steht das nicht im Verhältnis.
Sie versuchen es dann also gar nicht erst?
Bautz: Wir haben viel versucht: Die Menschenkette gegen Rassismus in fünf
Städten. Das Willkommensnetz, über das Flüchtlingsinitiativen Bürger zum
Helfen einladen, Videos, die das Programm der AfD entlarven. Bei
Mobilisierungen muss man sich trotzdem immer wieder die Frage stellen: Was
bewirke ich, wenn ich auf die Straße gehe? Vor den Landtagswahlen hatte man
den Eindruck, dass eine Mobilisierung für eine offene Gesellschaft der AfD
eher nutzen als schaden würde. Dann wäre gesagt worden, das
links-grün-versiffte 68er-Deutschland würde wieder demonstrieren. Es gäbe
ein Feindbild. Deshalb ist es immer wieder ein Abwägen: In welchen
politischen Situationen ist es sinnvoll, zu mobilisieren – und in welchen
trage ich eher zur Polarisierung bei? Und: Sollte man den Diskurs nicht an
eine Stelle verschieben, an der die AfD nicht so stark ist, die soziale
Frage zum Beispiel?
Frau Klose, Herr Khan, würden Sie zustimmen, dass es nicht immer richtig
ist, auf die Straße zu gehen?
Khan: Ich finde es richtig, flexibel zu agieren.
Klose: Es ist nicht sinnvoll, zu jedem Anlass ein Gegen-Event zu
organisieren. Wo sollte man da anfangen? Rechtspopulistische Positionen
sind keine singulären Erscheinungen mehr – sondern begegnen uns in den
Parlamenten, in den Medien und im Netz ständig. Soll man zu jeder
Veranstaltung gehen, wo eine Beatrix von Storch auf dem Podium sitzt? Das
Problem ist, dass schon die schiere Masse an Zustimmung die Kritik
verstummen lässt. Viele argumentieren, die AfD sei doch eine demokratisch
legitimierte Partei, die ihre Positionen überall einbringen dürfe. Oder es
wird gesagt, man dürfe diese großen Teile der Bevölkerung nicht ausgrenzen
oder als rassistisch bezeichnen. In diesem Klima ist eine breitenwirksame
Mobilisierung gegen rechts sehr schwierig. Bestimmte Partner wie Vertreter
demokratischer Parteien, Kirchen, zum Teil auch Schulen hat man da gar
nicht mehr an Bord. Manche befürchten auch, sich zu eindeutig zu
positionieren – und was machen sie dann, wenn die AfD irgendwann am
Geldhahn sitzt?
Herr Khan, wie ist es da mit den Gewerkschaften?
Khan: Die Gewerkschaften sind vor Ort aktiv, gerade in Ostdeutschland, wo
zivilgesellschaftliche Strukturen schwach sind oder viele Menschen gar
nicht mehr erreichen. Aber auch wir haben viele Mitglieder, die denken,
dass es sich bei der AfD um eine reguläre demokratische Partei handelt. Um
das aufzubrechen, helfen keine Events. Die einzige Möglichkeit ist
kontinuierliche Arbeit. Wir organisieren deshalb Bildungsangebote,
Projekttage in Betrieben und sogenannte Stammtischkämpfertrainings, die die
neoliberalen, arbeitnehmer- und frauenfeindlichen Positionen der AfD klar
machen. Die richten sich gegen einen großen Teil unserer Mitglieder, das
müssen wir stärker deutlich machen.
Bautz: Bei Campact war es eine große Frage, ob wir gezielt über die AfD
aufklären, weil wir eigentlich parteipolitisch neutral sind und uns das
sehr wichtig ist. Wir haben also abgefragt, ob die 1,9 Millionen Menschen
in unserem Newsletter-Verteiler das richtig finden. 90 Prozent der
Antworten haben gesagt: Ja, macht das. Wir haben dann mit Internetfilmen
herausgestellt, welche sozial- und steuerpolitischen Positionen die AfD
eigentlich vertritt und wie die denen, die sie wählen, total konträr
laufen. Wie bei Trump: Die Leute wählen jemanden, der überhaupt nicht ihre
Interessen vertritt.
Das Mittel heißt also: einerseits Bildung und Aufklärung, andererseits
Straße?
Klose: Und die Überprüfung der eigenen Position. Mit sinnentleerten
Begriffen wie Vielfalt und Toleranz, wie wir sie häufig verwenden, kommen
wir nicht weiter. Da sollten wir inhaltlich dringend nachlegen. Das sind
zum Teil Hülsen, die im Kampf gegen den Rechtsruck benutzt werden.
Khan: „Bunt statt braun“.
Klose: Ja, genau so was. Vielfalt ist wichtig und selbstverständlich. Wenn
sie angegriffen wird, muss die Vielfalt aber auch Einheit und
Geschlossenheit zeigen, sich deutlich und unerschrocken gegen die
positionieren, die sie in Frage stellen.
Wie sieht das konkret aus?
Klose: Überall da Position beziehen, wo einem etwas begegnet, sei es im
familiären oder beruflichen Kontext. Das geht mit einer gewissen Furcht und
Handlungsunsicherheit einher, das verstehe ich. Aber trotzdem ist es
praktisch leicht umsetzbar. Und außerdem: Nicht auf die großen
Gegenproteste hoffen, die sowieso nicht kommen, wenn es um das Thema geht,
sondern im Kleinen sagen: Das geht euch alle ganz schön was an.
Wie kommen wir zu diesem solidarischen Zusammenstehen?
Klose: Wichtig ist zum Beispiel der Dreiklang Rassismus erkennen, benennen
und Haltung zeigen. Gegenüber Rassismus kann es keine Neutralität geben, er
ist keine Position wie jede andere, über die wir diskutieren sollten. Um zu
sehen, was es bedeutet, wenn Rechtspopulisten an der Macht sind, müssen wir
nur in einige Nachbarländer schauen. Außerdem ist es wichtig, praktische
Solidarität zu leisten. Es gibt ständig Möglichkeiten, nach dem Nachbarn
oder der Nachbarin zu schauen, zusammenzurücken und kleine Zeichen zu
setzen.
Betrifft das auch die Solidarität mit Minderheiten?
Klose: Die Minderheiten gehen uns etwas an! Solidarität fängt da an, wo man
sich für die Rechte anderer statt nur für die eigenen Interessen einsetzt,
und genau das müssen wir der armseligen Politik des Ressentiments, der
Abschottung und des völkischen Nationalismus entgegensetzen.
Herr Bautz, Herr Khan, würde sich die Art der Kampagnen ändern, wenn bei
Ihnen nicht vor allem weiße Akademiker mitmachen würden?
Khan: Bei uns arbeiten zwar nicht vor allem Akademiker, aber ob sich die
gesellschaftliche Vielfalt in der Organisation spiegelt, spielt eine große
Rolle. Es ist auch eine große Herausforderung, wegzukommen von dieser
Bekenntnispolitik hin zu eigenen strukturellen Veränderungen, die deutlich
machen: Wir sind schon längst viele Schritte weiter. Ein ethnisch homogenes
Deutschland ist eine Illusion und hat mit unserer Realität nichts zu tun.
Das müssen wir in unseren Strukturen viel stärker zum Ausdruck bringen.
Herr Bautz, ist das bei Ihnen auch so?
Bautz: Wir versuchen dadurch, dass wir an vielen verschiedenen Themen
arbeiten, verschiedene Spektren der Gesellschaft anzusprechen. Aber
natürlich sind bei uns viele Weiße mit einem relativ hohen Bildungsniveau.
Es ist schwer, das zu öffnen und zu verändern.
Klose: Die Frage ist doch: Wie kann man es schaffen, dass sich Menschen
durch bestimmte Themen direkt angesprochen fühlen? Dass sie den
Rechtspopulismus ernst nehmen und begreifen, dass er eine Eigendynamik
entwickelt und einschneidende Folgen hat – spätestens, wenn seine Vertreter
an der Macht sind? Das interessiert die meisten nicht, solange es sich
gegen Minderheiten richtet. Da höre ich zum Beispiel: Es ist schlimm, wenn
die Heime angezündet werden – aber was hat das mit mir zu tun?
Wie kann man das aufbrechen?
Bautz: Die progressive Linke hierzulande hat Schwierigkeiten, Erzählungen
zu finden, die Leute begeistern. Es braucht starke Narrative, die die
Breite der Gesellschaft ansprechen. Wo das dieses Jahr versucht werden
kann, ist beim G-20-Gipfel, wenn Trump nach Deutschland kommt, eine
Leitfigur für eine rechtspopulistische Bewegung. Dem muss man eine
Alternative entgegensetzen und sagen: Wir brauchen viel stärkere soziale
Gerechtigkeit, einen gerechten Welthandel, Fortschritte beim Klimaschutz.
Da müssen wir eine linke Gegenerzählung platzieren.
Warum hat sich Campact dann ausgerechnet hier dafür entschieden, nicht für
ein gemeinsames Bündnis zu mobilisieren, sondern die Demos zu spalten und
nun schon vor dem Gipfel auf die Straße zu gehen?
Bautz: Ich bin ein großer Fan von breiten Bündnissen. Aber man muss auch
genügend Schnittmengen miteinander haben. Die G 20 sind für uns nicht nur
Hort allen Übels, wie es die Großdemonstration formuliert, die am Ende des
Gipfels stattfindet – denn wir sehen den G 20 zwar als Teil des Problems,
aber auch als Teil der Lösung. Wir brauchen gerade in Zeiten, wo Autokraten
immer stärker werden, dringender denn je internationale Zusammenarbeit.
Khan: Ich glaube kaum, dass die G-20-Proteste auch etwas gegen
Rechtspopulismus und rechte Strukturen in Deutschland beitragen.
Bautz: Man drückt damit Solidarität zu einer sehr wichtigen Bewegung in den
USA aus, die sich ganz klar gegen Rechtspopulismus stellt und auch über die
Bereitschaft zu zivilem Ungehorsam nachdenkt. Das ist eine enorme
Politisierung. An so einer Stelle macht Mobilisierung total Sinn. Überall
auf der Welt kommen Rechtspopulisten in Regierungsämter. Wenn Trump kommt,
haben auch viele Menschen in Deutschland das Bedürfnis, auszudrücken: Nein,
wir wollen keine Rechtspopulisten, nicht in Deutschland, nicht in Europa
und auch nicht in den USA. Es gibt einen Zusammenhang im globalen Kampf
dagegen, dass die Rechte weltweit immer stärker den Diskurs übernimmt.
Klose: Ich sehe ganz klar ein Problem in der Spaltung. Dass es auch auf der
Straße nicht gelingt, an einem Strang zu ziehen, macht die mutlose und
defensive Haltung gegenüber dem Rechtspopulismus deutlich. Die Mehrheit der
Menschen teilt keine rechtspopulistischen oder rechtsextremen Positionen.
Wir müssen doch zeigen, dass wir viele sind, wir müssen unsere sozialen und
politischen Errungenschaften offensiv verteidigen!
Herr Bautz, Sie haben von einer linken Gegenerzählung gesprochen. Wie genau
kann die denn aussehen?
Bautz: Bei aller Kritik an Macrons neoliberal ausgerichteter
Wirtschaftspolitik – in puncto klarer Positionierung für Europa hat er das
geschafft. Wie es auch Bernie Sanders in den USA geschafft hat, den Diskurs
aufzubrechen. Da ging es dann nicht mehr um Bürger gegen Minderheiten,
sondern um Bürger gegen Wirtschafts- und Finanzlobby. Diese Verschiebung
der Konfliktlinie ist ein gutes Mittel.
Khan: An dieser Verschiebung arbeiten wir. Die soziale Frage zu stellen und
im Alltag zu verankern ist doch nicht schwer. Es gibt viele Möglichkeiten,
konkrete Kämpfe zu unterstützen, zum Beispiel Tarifkämpfe für bessere
Arbeitsbedingungen. Die Menschen, die sich hier zusammen wehren,
widersetzen sich der radikalen Ökonomisierung ihres Lebens. Streik ist eine
Schule der Demokratie. Sich einsetzen für etwas, sich demokratische Rechte
nehmen, das steht im Widerspruch zu den autoritären Konzepten von Rechten
und Neoliberalen. Diese Auseinandersetzungen werden als Beitrag zum
Demokratiebewusstsein und für die Verschiebung der Kräfteverhältnisse zu
wenig beachtet. Auch von Organisationen wie Campact: Ich habe manchmal den
Eindruck, dass euch Arbeitsbedingungen von Hühnern wichtiger sind als
Arbeitsbedingungen von Menschen.
Bautz: Wir reden nicht nur über Hühner, sondern wollen als Campact auch
stärker Position im sozialpolitischen Bereich beziehen. Wir arbeiten
deshalb auch am Aufbruch 2017, bei dem Campact-Aktive in Wohnzimmern und
Kneipen ihre Freunde einladen und über die großen Herausforderungen der
Zeit diskutieren. Welche Visionen gibt es, wie kann es anders gehen? Wir
wollen zehn konkrete Forderungen an die Bundesregierung erarbeiten. Beides,
die Mobilisierung für G 20 und der Aufbruch 2017, soll helfen, dass der
links-progressive Teil der Gesellschaft wieder in die Offensive kommt.
Um welche Themen soll es gehen?
Bautz: Vor allem um Gerechtigkeits- und soziale Themen. Der kurze
Schulz-Hype hat uns gezeigt, wie wichtig die den Bürgern sind, da ist die
AfD in den Umfragen nach unten gegangen. Weil die SPD nicht nachgelegt hat,
ist es dann wieder gekippt. Aber gegen die AfD hilft nur, die Unterschiede
zwischen den Parteien deutlich zu machen. Wir müssen zeigen, dass es eine
funktionierende Demokratie gibt, dass es einen Unterschied macht, ob ich
wählen gehe und was ich wähle. Der Bundestagswahlkampf darf jetzt noch
nicht gelaufen sein. Ein Wahlkampf ohne jegliche Kontroverse, der schon
wieder in eine neue Große Koalition mündet, ist Gift für unsere Demokratie.
Um etwas gegen die AfD zu machen, ist Polarisierung zwischen den Parteien
extrem entscheidend.
23 Jun 2017
## AUTOREN
Marlene Halser
Patricia Hecht
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