# taz.de -- Beginn der Brexit-Verhandlungen: Scheiden tut erst später weh | |
> Zu Beginn der Brexit-Verhandlungen geben sich Briten und EU-Europäer | |
> betont freundlich. Dabei steht viel auf dem Spiel. | |
Bild: Die Verhandler sind um Freundlichkeit bemüht: der britische Minister Dav… | |
Brüssel taz | Fast ein Jahr haben EU-Europäer und Briten auf diesen Moment | |
hin gearbeitet. Historisch würde er sein und natürlich traurig, hieß es vor | |
Beginn der Brexit-Gespräche in Brüssel. Doch nun, da sich | |
EU-Verhandlungsführer Michel Barnier und der britische Brexit-Minister | |
David Davis endlich gegenübersitzen, geht es entspannt und locker zu. | |
„Uns verbindet mehr als uns trennt“, gibt sich Davis betont freundlich. | |
„Wir beginnen diese Verhandlungen in einer positiven und konstruktiven | |
Tonlage“, fügt er hinzu. „Zuerst müssen wir die Unsicherheiten angehen, d… | |
der Brexit verursacht“, erwidert Barnier. Ihm geht es um Schadensbegrenzung | |
– so wie der gesamten Rest-EU. | |
Vor allem die ökonomischen Unsicherheiten sind riesig. Zwar ist der | |
befürchtete Zusammenbruch an den Finanzmärkten ausgeblieben. Die britische | |
Wirtschaft hat sich seit dem EU-Referendum im Juni 2016 besser gehalten als | |
erwartet. Doch nun zieht die Inflation an, die Unruhe wächst. Harter Brexit | |
oder weicher Brexit – das ist jetzt die Frage. | |
Vor der Unterhauswahl hatte Premierministerin Theresa May einen „harten“ | |
Brexit versprochen, also den völligen Rückzug aus dem EU-Binnenmarkt und | |
aus der Zollunion. Doch seit der Wahlschlappe Anfang Juni fordert sogar | |
Schatzminister Philip Hammond eine lockerere Gangart mit längeren | |
Übergangszeiten bis zum endgültigen „Goodbye“. | |
Auch die EU würde einen weichen Brexit bevorzugen – vor allem, wenn | |
Großbritannien dabei am Ende doch noch im gemeinsamen Binnenmarkt bleiben | |
sollte. Denn dann könnten nicht nur die Geschäfte mit der Insel ungehindert | |
weitergehen. Auch die Freizügigkeit der EU-Arbeitnehmer – der zentrale | |
Knackpunkt im Brexit-Streit – wäre gerettet. | |
## Eine positive Atmosphäre schaffen | |
Doch ob es so weit kommt, ist offen. Seine Regierung strebe „eine neue, | |
tiefe und besondere Partnerschaft“ mit der EU an, sagt Davis zum Auftakt | |
der Scheidungsgespräche. „Es gibt mehr, was uns verbindet, als uns trennt“, | |
fügt er hinzu. Konkreter wird es nicht. | |
Am ersten Tag der Verhandlungen geht es vor allem darum, eine positive | |
Atmosphäre zu schaffen und den Terminplan festzuzurren. Die EU hat für die | |
anderthalbjährigen Verhandlungen eine strikte Abfolge vorgegeben. | |
Brüssels Chefverhandler Barnier will zunächst über drei zentrale Themen | |
sprechen: die künftigen Rechte der EU-Bürger in Großbritannien und der | |
Briten in der EU, die finanziellen Verpflichtungen Londons gegenüber | |
Brüssel (bis zu 100 Milliarden Euro) und die Durchlässigkeit der Grenze | |
zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland. | |
Erst wenn bei diesen Themen „ausreichende Fortschritte“ erzielt sind, will | |
die EU über das von May ersehnte neue Freihandelsabkommen reden. Bereits im | |
Herbst könne es so weit sein, hieß es bisher in Brüssel. Doch angesichts | |
des Chaos nach der Wahl in London möchte sich nun keiner mehr festlegen. | |
## May gefährdet die Verhandlungen | |
Vor allem die angeschlagene Premierministerin May macht der EU große | |
Sorgen. Sie könnte unter innerparteilichen Druck bei den Tories geraten; in | |
London wird sogar über ihren Sturz spekuliert. Das würde die | |
Brexit-Gespräche akut gefährden. Es könnte sogar zum Desaster führen – we… | |
die Zeit davonläuft und keine Einigung zustande kommt. | |
Dann würde Großbritannien nämlich ungeordnet aus der EU ausscheiden – ohne | |
Regeln für den Handel, den Personenverkehr und all die anderen Dinge, die | |
Großbritannien an Europa binden. Für die Wirtschaft wäre dies der GAU. Vor | |
allem Deutschland würde leiden. Schließlich ist Großbritannien für deutsche | |
Unternehmen der drittgrößte Exportmarkt. | |
May hat schon einmal mit dem Szenario ohne Einigung gedroht. Allerdings war | |
dies vor der Unterhauswahl. Seither ist unklar, welches Ziel die | |
Premierministerin anstrebt. Die britische Regierung habe bisher nicht klar | |
zu erkennen gegeben, was sie eigentlich erreichen wolle, kritisiert der | |
Europaabgeordnete Elmar Brok (CDU). | |
19 Jun 2017 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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