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# taz.de -- Alltag in Griechenland: Die Kunst, von 300 Euro zu leben
> Die Rentnerin Anna Zoi versucht, die kleinen Freuden des Lebens zu
> genießen. Ein Kunstwerk der Documenta hilft ihr dabei.
Bild: Klein, solidarisch, bunt: Im Pavillion des Künstlers Rasheed Araeen gibt…
Athen taz | Entzückend sieht die lebenslustige Dame im sommerlichen
Oberhemd aus: Anna Zoi, 70 Jahre alt, alleinstehend. Vor dem alten Rathaus
in Athen trifft die robuste Rentnerin neue Freunde, kommt ungezwungen mit
ihnen ins Gespräch. Aktueller Anlass ist eine Installation des
pakistanischen Künstlers Rasheed Araeen für die Documenta, die in diesem
Jahr auch in Athen präsent ist.
Der Minimalist hat ein buntes Festzelt aufgestellt, in dem jeden Tag über
200 Menschen kostenloses Essen bekommen und scheinbar zwanglos
zusammensitzen: Ältere und Jüngere, Flüchtlinge und Einheimische, die
Athener und ihre Tagestouristen. Auch das ist Kunst in dieser Ecke der
griechischen Hauptstadt, in die sich nach Sonnenuntergang kaum jemand
traut. Viele kommen wegen der Armenspeisung, sitzen schüchtern in ihrer
Ecke, sind nicht auf Unterhaltung aus.
„Nein, es geht mir nicht um das Essen. Ich komme hierher, weil ich einsam
bin und das Gespräch mit anderen suche, ich brauche das“, sagt Anna Zoi. Es
ist der schönste Moment des Tages. Ohne Schwermut erzählt die Rentnerin aus
ihrem Leben. Große Sprünge sind nicht mehr drin. Vor der Krise lebte die
Dame von immerhin 650 Euro im Monat. Nach sämtlichen Sparrunden und
Rentenkürzungen bekommt sie nur noch 300 Euro. Ihre Freunde sind ihr
Reichtum, findet sie.
Begeistert berichtet Anna Zoi von ihrer jüngsten Bekanntschaft mit
Besuchern aus Deutschland. Kurz vor Ostern hatte sie hier, am alten
Rathaus, Adriana und ihren Mann kennengelernt. Sie fragte die beiden, ob
sie Lust hätten, am Ostersonntag das Stadtviertel Maroussi im Norden Athens
zu besuchen. Dort steigt jedes Jahr ein traditionelles Osterfest im Freien
mit allem, was dazu gehört: Lammspieße im Garten, Rotwein für alle,
Volkstanz und ansteckend gute Laune – Krise hin oder her.
„Die beiden sind gekommen und haben zum Glück auch zwei Freunde
mitgebracht. Sie konnten einfach nicht glauben, dass sie mitmachen dürfen,
obwohl sie dort niemanden kennen“, sagt die Rentnerin aus Athen.
Fast zu Tränen gerührt waren sie und ihre deutsche Freundin, erinnert sich
Anna Zoi. Irgendwann habe man sich auch über die wirtschaftlichen Probleme
im Land unterhalten. Die Gäste aus Deutschland wollten mehr wissen. Da wird
Anna Zoi auf einmal wortkarg: „Ja, die waren natürlich ganz traurig.“
15 Jun 2017
## AUTOREN
Jannis Papadimitriou
## TAGS
Wolfgang Schäuble
Schwerpunkt Krise in Griechenland
Athen
Schulden
Griechenland-Hilfe
Austerität
Documenta
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