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# taz.de -- Späte Ehre für Maler Ernst Eitner: Der unerwünschte Impressionist
> Der Hamburger Maler Ernst Eitner wurde lange verschmäht, seine Bilder
> bekämpfte gar der Kunstverein. Inzwischen aber genießt der „Monet des
> Nordens“ zunehmend Anerkennung.
Bild: Musste lange auf Anerkennung warten: Selbstporträt Ernst Eitners um 1905
Hamburg taz | In Zeiten der Billigfliegerei und weltweiter Vernetzung
scheint das Gute immer irgendwo anders zu sein. Das gilt auch für die Kunst
und die international verschickten Sonderausstellungen in den Museen. Umso
überraschender ist es dann, in unmittelbarer Nachbarschaft wichtige Kunst
zu entdecken – beispielsweise den Hamburger Impressionisten Ernst Eitner.
Als „Schmieralien“ oder „Spinat mit Ei“ wurden seine Bilder einst vom
ungeschulten Blick der Zeit geschmäht, wenig später sprachen Kenner
begeistert vom „Monet des Nordens“. Eitner war vielleicht das
talentierteste Mitglied des „Hamburger Künstlerclubs von 1897“. Zu seinem
150. Geburtstag würdigt das [1][Jenisch-Haus] den Hamburger Künstler mit
einer Ausstellung von hauptsächlich aus Privatbesitz zusammengestellten
Bildern.
## Der Norden in französischem Licht
Familienidyllen im Garten, Blumenwiesen und Sonnenstrände zeigen die
ersehnten Glücksmomente der wilhelminischen Gesellschaft. Hamburg, seine
Vororte und das norddeutsche Umland strahlen in französischem Licht. Der
Frankreichbezug ist keine nachträgliche Interpretation: Das leicht und hell
gemalte „Schilffeld an der Trave“ bekam 1894 in Paris die Silbermedaille im
„Salon des Indépendants“ – damals ein wirklicher Ritterschlag aus der
einstigen Hauptstadt der Kunst.
Der impressionistische Blick ist ganz diesseitig, zwar auf die
Lichtstimmungen fixiert, aber nicht romantisch. Der Hochbahnbau in Klein
Borstel 1913 und andere technische Eingriffe und Maschinen der Zeit hat
Eitner in lichten Farben abgebildet. Auch das künstliche Licht der
Vergnügungen ist impressionistisch erfassbar, wie seine Bilder der Alster
mit Lampions geschmückten Booten bei Nacht zeigen.
Bei alledem schiebt sich heute mitunter das Geschichtsinteresse vor die
Ästhetik: Sind die Örtlichkeiten wiederzuerkennen, kann man als Betrachter
kaum glauben, wie stark vor 120 Jahren die Natur noch im Stadtgebiet
Hamburgs präsent war. Mag der Blick auf das Alstertal heute wieder
romantische Stimmungen wecken, in der Entstehungszeit der Bilder sollte das
Interesse an den wiedererkennbaren Hamburger Orten die Akzeptanz der damals
hier noch revolutionären, impressionistischen Malweise bewirken.
Mit solchen kunsterzieherischen Ideen legte ab 1889 Alfred Lichtwark, der
Gründungsdirektor der Kunsthalle, eine zeitgenössische „Sammlung von
Bildern aus Hamburg“ an und förderte Ernst Eitner und seine Malerkollegen.
In heute schon etwas seltsam anmutendem Patriotismus schrieb Lichtwark 1891
an Eitner: „Wäre ich Maler und hätte dann auch das Glück, Hamburger zu
sein, keine Macht der Welt brächte mich über die Grenzen des einzigen
Gebietes in Deutschland, das einen im edelsten Sinn malerischen Charakter
hat.“
## Hafenstadt mit „malerischem Charakter“
Dieses Zitat lässt sich die Ausstellung im ja nun wirklich malerisch
gelegenen Jenisch-Haus selbstverständlich nicht entgehen. Dort gibt es auch
noch unmittelbarere Bezüge zum Ort: „Sonniger Wintermorgen“, eine
Darstellung einer bis auf den kleinsten Ast ganz verschneiten Baumgruppe
stammt aus der Sammlung der Jenisch-Erben. In der Inszenierung in den
ehemaligen Dienstbotenräumen unter dem Dach ermöglicht die enge Kooperation
mit der Eitner-Familie es zudem, auch Erbstücke mit auszustellen: Stühle
und Atelierutensilien stehen ganz real neben ihren alten Abbildern.
Aus Eitners Selbstbildnissen schaut ein gut bürgerlich gekleideter Mann,
kein irritiert idealistisch verzweifelt Suchender in die Welt. Eine Welt,
die jene Kunst nicht akzeptieren wollte, die sich in Frankreich schon seit
gut 20 Jahren durchgesetzt hatte. Claude Monets, dem Impressionismus seinen
Namen gebendes Seestück mit dem Titel „Impression – soleil levant“ war
immerhin schon im Jahr 1872 entstanden.
Obwohl Lichtwark 1895 einige französische Impressionisten in der Kunsthalle
ausstellte, passte die Gruppe der von Lichtwark geförderten Künstler den
meist konservativen Hamburgern nicht. Anfeindung, ja sogar organisierter
Protest kam auch aus dem Kunstverein. 1896 kam es zu Tumulten, bei denen
fast 1.500 Mitglieder die neueste Kunst und ihre Befürworter niederschrien
und förmlich beschlossen, sich von dergleichen in Zukunft fernzuhalten.
Als Reaktion gründeten dann im Café Felber am Steindamm 1897 Ernst Eitner
und die Künstlerfreunde Julius von Ehren, Arthur Illies, Paul Kayser,
Friedrich Schaper, Arthur Siebelist, Julius Wohlers und der ältere
Liebermann-Freund Thomas Herbst den „Hamburgischen Künstlerclub“ und
versuchten, sich mit Ausstellungen in der Galerie Commeter zu vermarkten.
## Offizielle Weihen erst 1917
Es brauchte noch einige Jahre, bis eine breitere Anerkennung folgte. 1917
gab es gar offizielle Weihen: Der Senat ernannte Eitner anlässlich seines
50. Geburtstages zum Ehrenprofessor. Aber nach dem Gesetz der Avantgarden
ließ eine neue, teilweise sogar bei ihm ausgebildete Künstlergeneration
schon bald mit kubistischen und expressionistischen Malweisen den
gepflegten Spätimpressionismus des Hamburger Künstlerclubs alt aussehen.
Zwar blieben wenige Sammler und der Kunstmarkt ihr treu, doch langsam wird
diese einst in der Kaiserzeit revolutionäre Art Kunst vergessen. 1955 starb
Ernst Eitner. Doch so etwas wie das Drei-Phasenbild mit der untergehenden
Sonne über der Stadt oder manche Ansichten norddeutscher Landschaft bleiben
bis heute eindrucksvoll und frisch. Inzwischen hat eine Besinnung auf
dieses Hamburger Erbe längst begonnen. Es verdient, über das Jubiläum
hinaus geschätzt zu werden.
„Ernst Eitner – Monet des Nordens“: bis 12. November, Jenisch-Haus, Hambu…
4 Jul 2017
## LINKS
[1] http://www.historische-museen-hamburg.de/de/museen/jenisch-haus.htm
## AUTOREN
Hajo Schiff
## TAGS
Hamburg
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