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# taz.de -- Lange Nacht der Museen: Mit Stil durch die Nacht
> Die Lange Nacht der Museen feiert diesen Samstag ihr 20-jähriges Jubiläum
> – getreu dem Motto „Made in Berlin“ geht es um Berliner Persönlichkeit…
> und Kunstwerke.
Bild: Nachts sind Museen offenbar aufregender: Andrang am Bode-Museum 2015
Wie stark prägt Karl Friedrich Schinkel das heutige Stadtbild? Welche
Geschichten erzählt eigentlich das Museum der Unerhörten Dinge? Und wie
bewegt man sich im virtuellen Raum? Fragen wie diese werden im Zuge der
„Langen Nacht der Museen“ am kommenden Samstag in 80 Häusern bei 800
Veranstaltungen beantwortet. Unter dem Motto „Made in Berlin“ stehen
diesmal Berliner Persönlichkeiten, Kunstwerke und Erfindungen im
Mittelpunkt.
Wie immer geht es mit einem einzigen Ticket (siehe Kasten), das die Nutzung
von Bus und Bahn beinhaltet, von Ausstellungen über Workshops bis hin zu
Lesungen. Zwischendurch kurz zur Currywurstbude. Heißt: mit dem
kulinarischen Wahrzeichen Berlins in der Hand einem Vortrag, zum Beispiel
über die Stasi, lauschen.
## Stilvolles Nachtschwärmen
Sich eine Nacht lang treiben lassen. Umherschwirren. Und gleichzeitig
Geschichte erleben – quasi stilvolles Nachtschwärmen. Diese originelle Idee
hatte Wolf Kühnelt 1997. Er war damals Projektleiter der Kulturprojekte
Berlin, des Veranstalters stadtweiter Großprojekte. Kühnelt ließ die „Lange
Nacht der Museen“ erwachen.
Mittlerweile wundert man sich über den inflationären Gebrauch des
Veranstaltungstitels. Es gibt die Lange Nacht der Religion. Der
Wissenschaft. Der Astronomie. Der Wohnheime. Der Hausaufgaben. Die Lange
Nacht der Ohren. Ja, so gar die Lange Nacht der Elsbeere. Wolf Kühnelt gilt
als Gründungsvater dieser Welle. Und nun wird sein Projekt 20 Jahre alt.
## Innovationen schaffen
Dass sein Veranstaltungsformat in den folgenden Jahren eine solche
Entwicklung nehmen würde, hätte der gelernte Musik- und
Kommunikationswissenschaftler nicht ahnen können. Ein, wie er selbst sagt,
„relativ einfacher Gedanke“ stieß auf fruchtbaren Boden – und entpuppte
sich als Innovation.
„Vor 20 Jahren machte das KaDeWe um 18 Uhr zu, da dachte keiner dran, die
Museen im Dunkeln aufzulassen“, erinnert sich Wolf Kühnelt an die Anfänge
der Veranstaltungsreihe. Auch heute noch sei der Anspruch an die
Projektleitung, innovativ zu denken – „so wie wir damals“. Dabei müsse m…
aufpassen, „kein burleskes Event“ entstehen zu lassen, das sich über den
Charakter der Museen lege.
So ganz einfach gestaltete sich der Prozess vor 20 Jahren allerdings nicht,
zu groß war die Furcht bei vielen, den klassischen Museumsgedanken und
-charakter zu verlieren. Man befand sich wahrhaftig im Ungewissen der
Nacht: Wird das erfolgreich? Wer wird so kommen? Was passiert, wenn
Tausende oder Zehntausende die Museen stürmen? Und stehen „dann nur ein
paar besoffene Bockwurstessende vor den Gemälden“, wie Kühnelt damals
befürchtete.
Es kam anders. Die Veranstalter schafften „es tatsächlich, die Berliner ins
Museum zu bekommen. Das war außergewöhnlich“, meint Annette Meier, die
heutige Projektleiterin der „Langen Nacht“. Der klassische Museumsbesuch
bekam damit einen außergewöhnlichen Anstrich. Nachts durch die Stadt zu
ziehen und die hell erleuchteten Häuser zu betreten – diese Einladung ließ
die Leute in die Museen strömen. „Ein ganz besonderes Flair“, erinnert sich
Kühnelt.
Mittlerweile ist längst nicht mehr alles so, wie es begonnen hat. Der
Wandel der Zeit verschont auch Kunst und Kultur nicht. So mischen sich
dieses Jahr etwa virtuelle Tischtennisspiele und tanzender Roboter ins
Programm.
Aber die zweimal im Jahr stattfindende Veranstaltung zieht wie nie. In 120
Städten, verteilt auf 23 Länder, machen inzwischen Museumsbesucher nach
Berliner Modell die Nächte durch. Auch im Pariser Louvre und den Museo del
Prado von Madrid schließen die Museumsdirektoren mindestens einmal im Jahr
nach Sonnenuntergang noch lange nicht die Türen.
## Cocktailbars unter Sauriern
Das Ambiente in den Museen wirkt zur Langen Nacht „offener, einladender,
bunter als sonst“, befindet Meier. Cocktailbars unter Sauriern, Liegestühle
in der Gemäldegalerie und Expressführungen frischen den mitunter drögen
Museumsbesuch auf. So stellt die Nacht mittlerweile auch für junge Leute
einen Gegenentwurf zum standardisierten Abendprogramm, bestehend aus Kneipe
oder Spätkauf, dar.
Kühnelt denkt, dass dieses gesonderte Kulturangebot die Schwellenangst
senkt. Viele Heranwachsende bekommen so erste Eindrücke von Kunst und
Kultur. Ob bei einer Open-Air-Filmreihe mit Künstlerporträts im Hof des
Podewil oder bei der Langen Nacht der Halbstarken im Kommunikationsmuseum
im Zeichen der Rockin’ Fifties.
Heute gibt es ein ausgeklügeltes Bus- und Bahnsystem, Touren werden
angeboten, Routen sind ausgewiesen. Die einen reisen mit Interrailtickets
durch Europa, die anderen durch die Museumslandschaft Berlins. Die einen
organisieren sich mit Routenplaner und Programmheft. Die anderen lassen
sich treiben, vagabundieren durch die Nacht und machen sich mit herrlicher
Orientierungslosigkeit auf den Weg.
## Im Oldtimer durch den Kiez
In dieser Ausgabe der Langen Nacht der Museen widmet sich Berlin sich
selbst. Zur Sonderedition anlässlich des 20-jährigen Geburtstages werden
am Samstag Kieztouren in Oldtimerbussen angeboten. „Es ist eben nicht das
klassische Bildungsprogramm“, wie Projektleiterin Meier sagt. Man will
Berlinern ihre Stadt, ihren Kiez bieten. „Das ist Berlin pur.“
Die Lange Nacht will die vielfältigsten Facetten der Museenlandschaft
Berlins zur Geltung bringen. Dabei werden sie „nicht in Discos verwandelt“,
beruhigt Kühnelt. Nur besteht das Publikum womöglich nicht bloß aus
verkopften Funktionären, sondern stellt sich vielfältiger und bunter auf.
Mit Currywurst und Cocktail.
18 Aug 2017
## AUTOREN
Max Noelke
## TAGS
Museen in Berlin
Museumsinsel
Para-EM
Gentrifizierung
Hamburg
Schwerpunkt taz Leipzig
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