Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Internationaler Hurentag: Berlins Bordelle sind bedroht
> In Berlin sehen Sexarbeiter*innen durch eine Gesetzesnovelle ihre
> Existenz bedroht. Am 2. Juni protestieren sie auch dagegen.
Bild: Prostituierte sollen künftig einen speziellen Berufsausweis besitzen
Zum 1. Juli tritt das Prostitutionsschutzgesetz in Kraft. Vor allem
Berliner Bordellen und den Sexarbeiter*innen der Stadt gehe es an den
Kragen, beklagen Kritiker*innen.
„Das hat dramatische Auswirkungen auf die Gewerbestruktur“, erklärt Simone
Wiegratz vom Verein Hydra, einer Beratungsstelle für Sexarbeiter*innen.
Etwa 80 Prozent der Einrichtungen in der Stadt seien Wohnungsbordelle, die
bisher unter keine gewerblichen Regelungen fielen.
Mit dem neuen Gesetz würden diese Orte baurechtlichen Vorschriften
unterworfen. „Die werden die meisten wohl nicht erfüllen“, glaubt Emy Fem,
feministische Sexarbeiterin und Aktivistin. Häufig mieteten
Sexarbeiter*innen gemeinsam Wohnungen an. Die müsste man dann erst einmal
umbauen, um den Gesetzesbestimmungen zu entsprechen. „Ziemlich unmöglich,
die Vermieter davon zu überzeugen“, glaubt Emy Fem.
## In Abhängigkeit gedrängt
Sie bedauert, dass besonders Wohnungsbordelle von der Gesetzesnovelle
bedroht würden. „Gerade in diesen selbstverwalteten Arbeitswohnungen sind
Sexarbeiter*innen am unabhängigsten. Das sollte ein Gesetz fördern.
Stattdessen drängt es uns in Abhängigkeiten.“ Abgesehen von den
Wohnungsbordellen sei das Arbeitsfeld außerdem zu divers, um es
einheitlichen Regelungen zu unterwerfen, meint Wiegratz.
Das von Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig (SPD) auf den Weg gebrachte
Gesetz soll den Worten der Befürworter*innen folgend das
Prostitutionsgewerbe regulieren und Sexarbeiter*innen schützen. Besonders
die Verwendung des Wortes Schutz im Gesetzesnamen kritisiert Emy Fem als
Farce. Das Gesetz gehe an den unterschiedlichen Lebensrealität der
Betroffenen vorbei und bewirke eher das Gegenteil.
## „Prostituiertenausweis“
Die Regelungen sieht neben den Regeln zu Prostitutionsstätten
obligatorische Gesundheitsberatungen und eine Anmeldepflicht vor. Bisher
hätte die Meldung der selbstständigen Tätigkeit beim Finanzamt genügt,
erklärt Wiegartz von Hydra. Sexarbeiter*innen sollen zudem künftig einen
Prostitutiertenausweis tragen.
„Die ohnehin große Stigmatisierung der Berufsgruppe wird dadurch nochmal
erhöht“, glaubt Wiegratz. „Man unterwirft die Menschen Kontrollen, anstatt
sie zu bestärken.“ Erfahrungen aus anderen Ländern hätten außerdem gezeig…
dass das angestrebte Ziel, nämlich Opfer von Menschenhandel zu schützen,
nicht durch eine Registrierung erreicht werde.
Die Registrierung macht auch Emy Fem Sorge: „Das Stigma ist groß. Es gibt
viele, bei denen Familie und Freunde nichts von der Arbeit wissen. Da ist
es aboslut notwendig, anonym zu bleiben.“ Hier liege auch das Problem mit
dem Ausweis, der das Risiko eines ungewollten Outings erhöhe. Viele würden
durch die Pflicht zur Registrierung in die Illegalität gedrängt, glaubt
auch Wiegartz. „Diese Personengruppe wird dann auch für uns als
Beratungseinrichtung unerreichbar.“
Zuständig für die Umsetzung des Bundesgesetzes in Berlin ist die
Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung. Mitte Mai habe
man die Federführung erhalten, so Sprecher Christoph Lang.
2 Jun 2017
## AUTOREN
Anne Pollmann
## TAGS
Prostitutionsschutzgesetz
Sexarbeiterinnen
Prostituiertenschutzgesetz
Prostitution
Prostitutionsschutzgesetz
## ARTIKEL ZUM THEMA
Internationaler Hurentag: Schutz statt Strafe
Sexarbeiter*innen stellen einen Gesetzesentwurf zur Reform des
Prostitutionsschutzgesetzes vor. Dieses empfinden sie nicht als Schutz.
Streitgespräch Prostitution: „Nicht mal genügend Bettwäsche“
Die SPDlerin Leni Breymaier will den Kauf von Sex verbieten, die CDUlerin
Sylvia Pantel die Rechte von Sexarbeiterinnen verbessern. Ein
Streitgespräch.
Straßenstrich in Berlin: „Alle lügen sich in die Tasche“
Der Straßenstrich rund um die Kurfürstenstraße erregt viele Gemüter.
Stephan von Dassel, grüner Bezirksbürgermeister von Mitte, fordert eine
Sperrzone.
Kommentar Prostituiertenschutzgesetz: Dieses Gesetz ist überflüssig
Das neue Prostituiertenschutzgesetz tritt Anfang Juli in Kraft. Dass es
tatsächlich Sexarbeitende schützt, ist mehr als zweifelhaft.
Montagsinterview Prostituiertenbetreuerin Wiltrud Schenk: "Neuerdings wird soga…
Im Rotlichtmilieu war in Berlin nie so viel zu verdienen wie in anderen
Bundesländern. Daran hat sich nichts geändert. Trotzdem steigt die Zahl der
Frauen, die anschaffen gehen. Wiltrud Schenk begleitet Prostituierte seit
20 Jahren als Sozialarbeiterin.
Urteil zu Bordellen: Sex für Geld auch in Wohnungen
Bordellbetreiberin gewinnt Verfahren gegen den Bezirk
Charlottenburg-Wilmersdorf.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.