# taz.de -- Afrofeministisches Festival in Paris: Befreiung oder Selbstausgrenz… | |
> Bei einem afrofeministischen Festival sollen einige Veranstaltungen nur | |
> für schwarze Frauen angeboten werden. Das entfachte eine Debatte. | |
Bild: Weiße und schwarze Frauen und Männer gemeinsam für „Black Lives Matt… | |
Paris taz | Ende Juli organisiert das Kollektiv Mwasi in Paris das | |
„militante afrofeministische Festival auf europäischer Ebene“ mit dem Titel | |
Nyansapo (was für die Ashanti in Ghana eine Bezeichnung für Symbol der | |
Weisheit sei). Die Ankündigung des Programms im Internet hätte | |
wahrscheinlich kaum Aufsehen erregt, wenn der Veranstaltung dabei nicht | |
explizit vorausgeschickt worden wäre, dass „80 Prozent des Festivals“ einem | |
„nicht gemischten“ Publikum von „Schwarzen Frauen“ vorbehalten sei. | |
Begründet wird dies mit der doppelten oder mehrfachen und spezifischen | |
Diskriminierung: „In der westlichen kapitalistischen und patriarchalischen | |
Gesellschaft wollen wir innerhalb unserer Gemeinschaften gegen alle Arten | |
der Unterdrückung kämpfen, denen wir als Schwarze Frauen ausgesetzt sind. | |
(…) Es geht Mwasi auch darum, unsere Identitäten und unser Image als | |
Schwarze Frauen (oder als Frauen verstandene Personen) zurückzuerobern.“ | |
Diese Initiative blieb auch in rechtsextremen Kreisen nicht unbemerkt. Ein | |
bekannter Politiker des Front National, Wallerand de Saint Juste, der von | |
Sympathisanten darauf aufmerksam gemacht worden war, sah in dem Wunsch | |
Schwarzer Frauen, sich – wenn nicht ausschließlich, so doch vorwiegend – | |
ohne störendes Beisein von Männern oder weißen Frauen zu treffen, einen | |
schockierenden Beweis für das Aufkommen eines „Rassismus gegen Weiße“ in | |
Frankreich. | |
Diese Debatte existiert seit Langem und dient der extremen Rechten dazu, | |
ihre eigenen fremdenfeindlichen und rassistischen Aggressionen vor der | |
einheimischen Bevölkerung quasi als Defensivmaßnahmen zu verharmlosen oder | |
zu rechtfertigen. Der FN protestierte dagegen, dass die Pariser | |
Stadtbehörden für das Festival öffentliche Räumlichkeiten zur Verfügung | |
stellten und forderte ein Verbot der Veranstaltung. | |
## Debatte über Afrofeminismus wird weitergehen | |
Doch schnell wuchs die Polemik dank Twitter und diverser Diskussionsgruppen | |
über diesen Kreis hinaus. Die bekannte Antirassismusorganisation LICRA | |
empörte sich darüber, dass es bei einer solchen Veranstaltung heiße: | |
„Zutritt für Weiße verboten!“ und kommentierte auf Twitter, die schwarze | |
Bürgerrechtskämpferin Rosa Parks müsse sich „im Grab umdrehen“, denn da | |
werde der Kampf gegen Rassismus zum „Alibi für einen Rückzug ins | |
Identitäre“. Für die LICRA läuft das schon fast auf eine Form freiwilliger | |
Ghettobildung und Selbstausgrenzung hinaus. Eine Vertreter der LICRA sprach | |
gar von einem „umgekehrten Ku-Klux-Klan“! | |
Die sozialistische Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo geriet wegen des | |
Vorwurfs, sie dulde oder unterstütze diese Veranstaltung, der den | |
Bemühungen für eine gemischte und tolerante Gesellschaft widerspreche, | |
unter Druck. Das Kollektiv Mwasi fühlte sich seinerseits durch die | |
vehementen Attacken oder Unterstellungen auf dem Internet nur bestätigt in | |
der Haltung, dass eine Abgrenzung zur Selbstorganisation des Kampfs mehr | |
denn je nötig sei. | |
Die zwischen die Fronten geratene Hidalgo fand schließlich einen Ausweg, um | |
in dieser Polemik ihr Gesicht wahren zu können: Sie ordnete an, das | |
Festival Nyansapo werde weder verboten noch unterstützt oder offiziell | |
gebilligt. Alle Workshops oder Veranstaltungen, zu denen ein gemischtes | |
Publikum von TeilnehmerInnen nicht zugelassen sei, müssten in strikt | |
privaten Räumlichkeiten stattfinden. | |
Was, wie von den Organisatorinnen ohnehin geplant, in öffentlichen Lokalen | |
vorgesehen sei, müsse dagegen für alle offen sein. Die Debatte über den | |
„Afrofeminismus“ und über das Konzept der identitären Selbstorganisation | |
unter Ausschluss aller nicht direkt und gleichermaßen Betroffenen wird | |
weitergehen. | |
30 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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