Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Petition der Woche: Wenig Hoffnung für Bivsi
> Die Abschiebung von Bivsi R. nach Nepal sorgte für viel Empörung. Eine
> Petition will erreichen, dass sie und ihre Eltern zurückkehren können.
Bild: Aus Nepal zugeschaltet: Bivsi R. im WDR-Interview
Am Montag, den 29. Mai, betreten zwei Mitarbeiter der Ausländerbehörde das
Steinbart-Gymnasium in Duisburg. Sie kommen, um die 14-jährige Bivsi R.
abzuholen. Sie soll nach Nepal abgeschoben werden, zusammen mit ihren
Eltern, die 1998 als Geflüchtete nach Deutschland kamen. Die Schulleitung
erfährt von der Abschiebung erst wenige Minuten vorher. Für das Mädchen ist
es ein Schock. „Ich konnte mich noch nicht mal von meinen Freunden und von
meiner Klasse verabschieden“, sagt sie dem WDR [1][in einem Skype-Interview
aus Kathmandu] und bricht in Tränen aus.
Aus der Schule wird sie nach Hause gebracht und muss schnell ihren Koffer
packen. Danach wird die Familie zum Flughafen Frankfurt gefahren, wo um 17
Uhr die Maschine startet, die sie nach Nepal bringt. Bivsi R. war noch nie
zuvor in Nepal. Sie fühle sich „wie ein Schwerverbrecher“, sagt sie. Ihre
Eltern seien „fix und fertig“.
Juristisch gesehen lief das Asylverfahren ordnungsgemäß ab. Bivsis Vater
kam vor 19 Jahren nach Deutschland, die Mutter wenig später. Sie
beantragten Asyl, in Nepal herrschte damals Bürgerkrieg. Die Familie kam
sozial und wirtschaftlich in Deutschland an. Der Vater arbeitete zuletzt
als Koch in einem Sushi-Restaurant in Essen, Bivsi besuchte das Gymnasium.
Der Asylantrag wurde jedoch bereits 2002 abgelehnt. Seitdem wehrten sich
die Eltern vor Gericht gegen die Abschiebung, verloren aber alle Klagen.
Zuletzt konnte die Härtefallkommission des Landes NRW sich nicht drauf
einigen, der Familie ein Bleiberecht zu erteilen, und riet, den Fall dem
Petitionsausschuss zu übergeben. Die Ausländerbehörde entschied sich
trotzdem für die Abschiebung.
## „Schule muss ein Schutzraum sein“
Zu Unrecht, findet der Anwalt der Familie, Jörg Gorenflo. Die Behörde hätte
hier durchaus noch Spielraum gehabt, das Bleiberecht zu verlängern. Zu
Recht, sagt Anja Kopka, Sprecherin der Stadt Duisburg, die Abschiebung sei
nicht abzuwenden gewesen. Die Familie habe seit mehr als zehn Jahren
gewusst, dass sie kein Bleiberecht hat, und das Verfahren immer weiter
hinausgezögert. Es gebe in Deutschland kein Einwanderungsrecht, ohne
Asylgrund bleibe daher nur die Abschiebung, unabhängig davon, wie gut die
Familie integriert sei. Die Stadt könne da nichts tun.
Der Schulleiter des Steinbart-Gymnasiums, Ralf Buchthal, kritisiert die
Vorgehensweise. Bivsi sei aus dem laufenden Unterricht geholt worden, für
Schüler und Lehrer eine verstörende Aktion. „Schule muss ein Schutzraum
sein“, sagt er. Für Abschiebungen sei das nicht der richtige Ort.
Aber nicht nur das Wie, auch das Ob sorgt weithin für Empörung. Bivsis
Mitschüler wollen sich mit der Entscheidung der Ausländerbehörde nicht
abfinden, auch außerhalb der Schule setzen sich Menschen für die Familie
ein. [2][Eine Petition an den Deutschen Bundestag] soll deren Rückkehr
ermöglichen. Innerhalb einer Woche haben über 30.000 Menschen
unterschrieben. 50.000 Unterschriften sind nötig, damit sich der
Petitionsausschuss des Bundestags mit dem Thema befasst.
## Erstmals politisch engagiert
Initiiert wurde die Petition von der 20-jährigen Ronja Böhme aus Duisburg.
Sie kennt Bivsi nicht persönlich, wohnt aber in deren Nachbarschaft. Der
taz.am wochenende sagte sie, dass sie sich bisher nicht politisch engagiert
habe. Als sie das weinende Mädchen im Fernsehen sah, habe sie beschlossen,
etwas zu unternehmen. „Ich habe immer nur zugeschaut, jetzt wollte ich
endlich mal was tun.“ Um die Petition hat sich eine Unterstützergruppe
gegründet, die Unterschriften sammelt, eine Demonstration sei geplant.
Die Hoffnung auf eine Rückkehr der Familie liegen damit bei den
Petitionsausschüssen des Land- und des Bundestages. Mit der Abschiebung
nach Nepal sind die deutschen Behörden aber nur noch bedingt zuständig, die
Chancen stehen daher schlecht. Gegenüber dem WDR ließ ein Ausschussmitglied
des Landtages aber wissen, dass man sich der humanitären Seite des Falles
bewusst sei und nach Lösungen suchen werde.
Für Bivsi bedeutet das: Warten. In einem Land, in dem sie noch nie war. Der
Einsatz ihrer Freunde und Unterstützer erreicht sie aber in Kathmandu. Über
Skype sagt sie: „Ich bin einfach nur unglaublich froh, dass ich solche
Freunde habe und dass die mich so stark unterstützen.“
9 Jun 2017
## LINKS
[1] https://www.facebook.com/wdrlokalzeitduisburg/videos/1243963842378846/
[2] http://bit.ly/2rMHHoe
## AUTOREN
Felix Wellisch
## TAGS
Abschiebung Minderjähriger
Abschiebung
Nepal
Asylrecht
Petition
Demokratie
Online-Petition
Abschiebung
Abschiebung Minderjähriger
Abschiebung Minderjähriger
Rote Flora
Proberaum
Martin Luther
Müll
Petition
## ARTIKEL ZUM THEMA
openPetition über Politik von unten: „Wir sehen uns als Bürgerlobby“
Petitionsplattformen sind Seismographen: Wie ist die politische Atmosphäre
vor der Wahl? Ein Gespräch mit Konrad Traupe von openPetition.
Nach Nepal abgeschobene Schülerin: Bivsi ist zurückgekehrt
Vor zwei Monaten musste die 15-Jährige mit ihren Eltern ausreisen. Am
Mittwoch kam sie nach Duisburg zurück. Mitschüler und Politiker hatten sich
für sie eingesetzt.
Kommentar Fall Bivsi R. aus Duisburg: Gute deutsche Pflichterfüllung
Es ist gut, dass Bivsi R. nach Deutschland zurückkehren kann. Aber wieso
ist das ein Gnadenakt? Damit wird Fremdheit fortgeschrieben.
Nach Protesten gegen Abschiebung: Bivsi Rana darf zurückkommen
Die Abschiebung der Gymnasiastin Bivsi Rana und ihrer Eltern aus Duisburg
nach Nepal hatte für Empörung gesorgt. Jetzt nimmt der Fall für sie ein
gutes Ende.
Petition der Woche: Autonomer Kindergarten
Nach dem G20-Gipfel kamen wieder Diskussionen um die Schließung der Flora
auf. Ein Schanzenanwohner hat eine Idee für die Nachnutzung.
Petition der Woche: Ihr kriegt uns hier nicht raus!
Ein Investor will ein Haus in Berlin-Lichtenberg räumen lassen, in dem
tausend Musiker proben. Schafft er es?
Petition zum Leipziger Luther-Ring: Welcher Martin ist der bessere?
Die PARTEI will mit Hilfe einer Petition den Martin-Luther-Ring in
Martin-Sonneborn-Ring umbenennen. Schließlich war Luther Antisemit.
Petition der Woche: Kampf um die Tonne
Die Einwohner von Erndtebrück müssen ihr Altpapier weit durch den Ort
schleppen. Benjamin Lübbert will die Tonne zurück.
Petition der Woche: Schweine als Nachbarn
Ein Kindergarten im Hessischen soll nicht erweitert werden, weil nebenan
ein Viehstall zu sehr stinkt. Der Ortsvorsteher kämpft für den Ausbau.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.