# taz.de -- Schutzräume im Norden überfüllt: Flucht ins Frauenhaus | |
> Schutzräume für Frauen sind oft überfüllt. Das liegt auch daran, dass sie | |
> viele Geflüchtete beherbergen. Zudem fehlen jedoch oft Infrastruktur und | |
> Wohnraum | |
Bild: Sicherer Ort: Frauenhäuser bieten auch vielen ZwangsmigrantInnen einen U… | |
Der Alarm kam aus Wismar, Schwerin und Ludwigslust. „Wir sind voll“, | |
klagten am Mittwoch die dortigen Frauenhäuser und lieferten gleich einen | |
Grund mit: Weil viele geflüchtete Frauen Plätze in den Einrichtungen | |
beanspruchen, platzen diese aus allen Nähten. Wismar meldete bereits einen | |
Aufnahmestopp, Schwerin und Ludwigslust seien nahe ihrer Kapazitätsgrenze. | |
Nahe am Limit sind auch die Frauenhäuser in den anderen Nord-Ländern, nur | |
führt man das hier nicht auf auf eine vermehrte Nachfrage von Frauen mit | |
Migrationsvordergrund zurück. „Das es in Meck-Pomm so einen Run auf die | |
Frauenhäuser gibt, könnte auch daran liegen, das es dort zu wenig soziale | |
Angebote für Flüchtlingsfrauen gibt“, sagt Oya Cüne, Mitarbeiterin eines | |
Hamburger Frauenhauses. Wo es kaum Beratungsangebote und Therapien für | |
Frauen mit Gewalterfahrungen gebe, rückten die Frauenhäuser auch für | |
Betroffene automatisch mehr in den Fokus. | |
In Hamburg sei der Andrang von geflüchteten Frauen eher vor zwei Jahren ein | |
Problem gewesen, inzwischen gebe es eine spürbare Entspannung wegen der | |
zurückgehenden Flüchtlingszahlen, aber auch, weil die Infrastruktur für | |
geflüchtete Frauen ausgebaut wurde. Beratungsstellen wie „Savia“ in | |
Hamburg-Altona seien für weibliche Flüchtlinge inzwischen eher erste | |
Ansprechpartnerinnen als die fünf autonomen Frauenhäuser der Stadt. | |
In diesen gibt es insgesamt 61 Betten für Frauen und Kinder, dazu noch | |
sieben Notbetten bei starkem Andrang. Die Plätze werden zumeist über eine | |
zentrale Notaufnahmestelle für Hamburg und Schleswig-Holstein verteilt. | |
Davon profitiert unter anderem das Autonome Frauenhaus in Lübeck. Auch | |
dieses Haus ist fast immer voll. Zwar verschärfe „jede neue Gruppe von | |
Frauen, die wir betreuen müssen, diese Situation“, erklärt Ilse Lichthäler | |
vom Lübecker Frauenhaus, doch fiele die Gruppe der Zwangsmigrantinnen dabei | |
aktuell ins Gewicht. | |
Ein größeres Problem sei, so Lichtenthäler, dass Frauen aus anderen | |
Kulturkreisen nicht wüßten, was ein Frauenhaus ist und was es dort für | |
Regeln gibt: „Die Frauen wissen oft nicht, warum die Adresse niemandem | |
verraten werden darf und die Türen verschlossen bleiben – sie fühlen sich | |
anfangs oft wie im Gefängnis.“ Allerdings seien Frauen mit einer | |
Fluchtgeschichte sehr gut in der Lage, sich neuen Situationen anzupassen | |
und würden sich nach anfänglichen Schwierigkeiten meist schnell einleben. | |
Schnell einleben tun sich auch die Frauen, die in einer vor wenigen Wochen | |
eröffneten Flüchtlingsunterkunft im Bremer Norden untergebracht sind, deren | |
70 Plätze nur für Frauen und ihre Kinder zur Verfügung stehen. „Es gibt | |
viele Frauen, die aufgrund ihrer Erlebnisse nicht mehr mit Männern | |
zusammenleben können“, begründet Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) die | |
Eröffnung dieser Einrichtung. | |
Diese Unterkunft wirkt sich auch positiv auf die Bremer Frauenhäuser aus. | |
„Das neue Wohnhaus für geflüchtete Frauen entzerrt auch unsere | |
Belegsituation“, betont Sabine Krämer vom Autonomen Bremer Frauenhaus. | |
Ohnehin sei weniger der Andrang von geflüchteten Frauen, sondern es seien | |
eher ihre spezifischen Probleme eine Herausforderung für die | |
Mitarbeiterinnen gewesen: Unsicherer Aufenthaltsstatus, | |
Übersetzungsprobleme und die Flucht-Traumata seien Themen, die mit dieser | |
Gruppe von Frauen verbunden seien. | |
Auch Ute Schimpf vom Autonomen Frauenhaus Hannover sieht nicht die Gruppe | |
der geflüchteten Frauen, sondern den angespannten Wohnungsmarkt der | |
Landeshauptstadt als Hauptgrund dafür, „dass wir tatsächlich immer wieder | |
Frauen abweisen müssen“. Schimpf erklärt: „Die Frauen bleiben oft länger | |
hier als notwendig wäre, weil sie keine Wohnanschlussperspektive haben.“ | |
9 Jun 2017 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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