# taz.de -- Kommentar Erwerbsminderungsrente: Kein komfortabler Ausweg | |
> Sie bedeutet den Abstieg unter das Existenzminimum. Ihre Erhöhung ist ein | |
> Schritt, um Krankheit als soziales Risiko stärker zu berücksichtigen. | |
Bild: Rücken kaputt, Job verloren, Abstieg unter das Existenzminimum? | |
Sie gilt als letzter Ausweg, um auszusteigen, wenn man nicht mehr kann: die | |
Erwerbsminderungsrente. Tausende durchlaufen jedes Jahr das Prozedere mit | |
Krankschreibungen, Reha, Begutachtung, oft Ablehnung. Es hält sich immer | |
noch das Gerücht, dass man über „die Erwerbsunfähigkeitsschiene“ vorzeit… | |
aus dem stressigen Job aussteigen und dann mit einer deutlich über | |
Sozialhilfeniveau liegenden Rente rechnen könnte. Es ist nur ein Gerücht. | |
711 Euro netto monatlich erhält im Durchschnitt, wer als Neuzugang eine | |
volle Erwerbsminderungsrente bezieht. 15 Jahre zuvor bekamen Neuzugänge 738 | |
Euro, bei deutlich niedrigeren Preisen. Die Erwerbsminderungsrente bedeutet | |
oftmals den Abstieg unter das Existenzminimum. Die Altenpflegerin, die mit | |
60 Jahren, kaputten Nerven und kaputtem Rücken in die volle „EM“-Rente | |
geht, muss aufstockende Grundsicherung beantragen, wenn sie keinen besser | |
gestellten Partner hat. | |
Vielleicht ist das der Grund, warum die Zahl der Anträge auf diese Renten | |
nicht steigt. Man bleibt lieber als chronisch Kranke irgendwie im Job, als | |
eine mickrige Invalidenrente zu beantragen, die den Gang zum Sozialamt mit | |
der Offenlegung von Sparkonto, Autobesitz und Kleingarten nach sich zieht. | |
Abgesehen davon bekommen viele chronisch Kranke gar keine „EM“-Rente, weil | |
sie der Gutachter als arbeitstauglich beurteilt. Die stagnierende | |
Antragszahl und die über die Jahre gleichbleibenden Ablehnungsquoten | |
zeigen, dass die von der Wirtschaft beschworene Missbrauchsgefahr bei der | |
EM-Rente gering ist. | |
Das Gesetz aus dem Hause von Andrea Nahles (SPD) zur Erhöhung der | |
Erwerbsminderungsrenten, das am Donnerstagnachmittag im Bundestag | |
beschlossen wurde, ist daher ein richtiger Schritt, Krankheit als soziales | |
Risiko stärker zu berücksichtigen. Bitter allerdings, dass die Erhöhung | |
erst künftigen FrührentnerInnen zugutekommen soll. | |
2 Jun 2017 | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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