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# taz.de -- Die Wahrheit: Lindner, Chris Lindner
> Die FDP vollzieht ihre Wiederauferstehung im Stil einer Doppel-Null: mit
> großkalibriger Wumme, Aston Martin – aber ohne Elefanten.
Bild: Mit dem Triumphzug wird es erstmal nichts
Der FDP-Parteichef lässt uns warten. Die Sondierungsgespräche in
Düsseldorf, die Christian Lindner mit dem designierten Ministerpräsidenten
Armin Laschet und seiner CDU führt, zögen sich hin, wird uns mitgeteilt.
Laschet verweigere den Kotau, außerdem rücke der Düsseldorfer Zoo die
Elefanten nicht heraus.
„Eine Tierschutzmaßnahme?“, fragen wir, aber die junge Parteimitarbeiterin
schüttelt den Kopf. „Eine Triumphzugmaßnahme“, sagt sie knapp und führt …
in die Presselounge der liberalen Bundesgeschäftsstelle in Berlin.
„Dem größten Wahlsieger aller Zeiten steht ein Triumphzug durch die
Landeshauptstadt zu“, erklärt sie. Wir lachen höflich über den Witz, aber
die Parteisprecherin schaut uns an, als hätten wir gerade die Totenmaske
von Theodor Heuss von der Wand gerissen und aufgesetzt. „Er hat uns aus der
Knechtschaft geführt“, sagt sie und verbeugt sich vor einem der
allgegenwärtigen Lindner-Bilder.
## Personal fehlt, gut, dass es Schaufensterpuppen gibt
Dann schließt sie die Tür und lässt uns vor einem überlebensgroßen
Konterfei des Vorsitzenden allein. Ein Kniebänkchen steht davor und lädt
zum Verweilen in demütiger Pose ein.
Das Selbstbewusstsein der Liberalen ist groß wie lange nicht mehr, dabei
galt die Partei vor Kurzem noch als klinisch tot. Aber seit sich Wolfgang
Kubicki zum Königsmacher im Norden aufzuschwingen droht und Parteichef
Lindner die nordrheinwestfälische FDP aus der Wüste geführt hat, schwimmt
der Neoliberalismus wieder wie ein Fettauge auf der Suppe der Tagespolitik.
Aber hat die Organisation den Aderlass verwunden, der nach der krachend
verlorenen Bundestagswahl 2013 eingesetzt hatte? Derzeit scheint die Partei
nur aus dem Vorsitzenden und seinem unberechenbaren Verbündeten aus
Schleswig-Holstein zu bestehen. Weil den Liberalen das Personal fehlt,
müssten wichtige Ministerposten im womöglich kommenden NRW-Kabinett mit
Schaufensterpuppen besetzt werden.
## Mit Smoking am Roulettetisch
Lindner selbst steht nicht zur Verfügung. Sein luftiges Ego drängt den
Vorsitzenden in die Bundespolitik, wenn nicht gar zu höheren Aufgaben. Das
legen jedenfalls die Motive nahe, die in der Presselounge auf den kommenden
Bundestagswahlkampf einstimmen sollen. Auf einem Schwarz-Weiß-Plakat, das
für die Privatisierung von Autobahnen wirbt, sehen wir Lindner lässig gegen
einen Aston Martin lehnen. Ein weiteres Bild, auf dem Lindner mit
großkalibriger Waffe auf den Betrachter zielt, kündigt entschiedene
Maßnahmen gegen Kriminalität an, und Steuersenkungen für Besserverdienende
werden mit einem smokingtragenden Lindner am Roulettetisch bebildert. Was
sich bei der personalisierten Landeskampagne erahnen ließ, gerinnt mit dem
Tod Roger Moores zur Gewissheit. Der ehrgeizige PR-Stratege empfiehlt sich
längst nicht mehr für die Politik, sondern als nächster James Bond.
Der Vorsitzende komme heute nicht mehr, reißt uns die Pressedame aus den
Überlegungen.
„Sie müssen jetzt sehr tapfer sein“, sagen wir und erläutern die Sachlage,
während sie weinend zusammenbricht. „Vielleicht kommt Philipp Fipsi Rösler
zurück und schmeißt den Laden“, versuchen wir Trost zu spenden, doch
irgendwie scheint die Sache aussichtslos.
26 May 2017
## AUTOREN
Christian Bartel
## TAGS
FDP
Christian Lindner
Philipp Rösler
Boris Becker
Bonn
Schwerpunkt Angela Merkel
Lesestück Meinung und Analyse
Rechtsradikalismus
Schwerpunkt Eurovision Song Contest
Ikea
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