# taz.de -- Kommentar Obama beim Kirchentag: Lasst uns kreischen | |
> Obama leistet beim Kirchentag Wahlkampfhilfe für Merkel. Die punktet so | |
> bei den Jungen – und gerade das ist für die Sozis äußert misslich. | |
Bild: Wer beim Kirchentag für Obama jubelte, konnte Merkel nicht bemäkeln | |
Das Wort „Wahlen“ ist nicht gefallen und keine Partei wurde beim Namen | |
genannt. Aber Expräsident Barack Obama hat [1][bei seinem Auftritt an der | |
Seite von Angela Merkel] auf dem Kirchentag keinen Zweifel daran gelassen, | |
dass er aktive Wahlkampfhilfe leistet. Er hatte sie sich als | |
Gesprächspartnerin auf dem Podium gewünscht und ohnehin bereits betont, | |
dass er, Obama, Merkel wählen würde. | |
Nun also in jedem zweiten Satz „Angela und ich“ oder „wie Angela schon | |
sagte“, gekrönt von der Aussage, dass Merkel seine „liebste Partnerin“ | |
gewesen sei und „großartige Arbeit nicht nur hier, sondern auf der ganzen | |
Welt“ geleistet habe. Mehr Liebe in der Politik geht kaum. Der Expräsident | |
versuchte, Merkel an jenem Glamour teilhaben zu lassen, der ihn zum | |
Polit-Popstar gemacht hat. | |
Die jungen Leute am Brandenburger Tor würden auch kreischen, wenn Obama nur | |
das Telefonbuch vorlesen würde. Er ist eben Obama. Und deshalb wurde für | |
die Kanzlerin gleich mitgejubelt, obwohl sie Merkel ist. Und Obamas | |
Grandezza wirkte durchaus auch auf die Kanzlerin. Ihre Redebeiträge, die | |
sonst diese sanft einschläfernde Wirkung entfalten und ein Gefühl wohliger | |
Leere hinterlassen, waren gestern geradezu spritzig. Natürlich applaudierte | |
Obama ihr – allein dieses Foto ist ein Traum für jeden Wahlkampfmanager. | |
Für die [2][deutschen Sozialdemokraten] ist das äußerst misslich. Obama | |
unterstützt Merkel ausgerechnet dort, wo ihr Herausforderer Martin Schulz | |
zuletzt gepunktet hat: bei jungen Leuten. Er verhilft ihr zu etwas mehr | |
Coolness und ein bisschen Kreischfaktor. Warum nur unterstützt er die | |
„falsche“ Kandidatin? | |
## Sympathien schlagen Parteibuch | |
Die Frage ist leicht zu beantworten: In der Politik spielen persönlichen | |
Sympathien eine viel größere Rolle, als sich die meisten Politiker | |
eingestehen wollen. Obama ist tatsächlich ein großer Merkel-Fan. Der | |
Mainstream der Demokraten in den USA entspricht außerdem der in die Mitte | |
gerückten Merkel-CDU. | |
Obama sieht in der Kanzlerin diejenige, die angesichts von Trump und | |
anderen Krisen die Erfahrung und Ruhe mitbringt, um den Laden | |
zusammenzuhalten. Warum Obama das der deutschen Linken nicht zutraut – | |
diese Frage sollte sich die SPD stellen. Denn nach dem kurzen | |
[3][Sankt-Martin]-Festtagen sehen auch viele WählerInnen Merkel wieder so. | |
Die Regierungsalternative links von der CDU überzeugt derzeit nicht. Sie | |
braucht mehr Strahlkraft, mehr Inhalte und, ja, auch etwas mehr | |
Kreischfaktor. | |
25 May 2017 | |
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## AUTOREN | |
Silke Mertins | |
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