| # taz.de -- Kolumne Geht’s noch?: Dagegensein leicht gemacht | |
| > Sänger Morrissey driftet nach dem Anschlag von Manchester ins | |
| > Rechtspopulistische. Tipp: Nicht jede Anti-Haltung ist automatisch cool. | |
| Bild: Dabei schien Morrissey einst politisch ganz dufte | |
| Wer wenig Zeit zum Nachdenken hat, aber nach einem Hinguckerargument für | |
| die sozialen Medien sucht, gehe wie folgt vor: 1. Man nehme ein aktuelles | |
| medienwirksames Ereignis. 2. Man arbeite heraus, inwiefern „die | |
| Herrschenden“ oder „die Politiker“ nichts dagegen tun, sich nicht für die | |
| Menschen interessieren oder uns erst an diesen Punkt gebracht haben. 3. Man | |
| freue sich über Zigtausende Likes. | |
| Diese Anleitung hat am Mittwoch der britische Sänger Morrissey befolgt. | |
| Nach dem Anschlag auf ein Popkonzert am Montag in Manchester mit 23 | |
| Todesopfern schrieb der Exfrontmann von The Smiths auf Facebook, Theresa | |
| May und andere PolitikerInnen lebten in einer „kugelsicheren Blase“ und es | |
| sei ihnen ein Leichtes, zu behaupten, keine Angst zu haben – denn sie seien | |
| nie unter den Opfern. | |
| Es folgten einige Auslassungen über die „Einwanderungspolitik“ Mays, die | |
| angebliche Angst, auszusprechen, was man denke, und dass niemand den Täter | |
| als Islamisten bezeichne. Die ganze Wasserfarbenpalette aus | |
| Antiestablishment, Political-Correctness-Paranoia und | |
| Fremdenfeindlichkeit. | |
| Dabei schien Morrissey einst politisch ganz dufte: Zu Smiths-Zeiten | |
| erklärte er sich zum Thatcher-Gegner, zwischenzeitlich stand er für Kritik | |
| an Sexismus und Heteronormativität. So weit, so d’accord. | |
| Allerdings macht der Rockstar bei seinen provokanten politischen Äußerungen | |
| häufig keinen Unterschied zwischen berechtigter Kritik und grobem Unfug. | |
| Nach dem Massaker auf der norwegischen Insel Utøya teilte er mit, | |
| verglichen mit der Fleischproduktion von Fastfoodketten, sei das nichts. | |
| Spätestens nach dem Facebook-Beitrag vom Mittwoch ist aber klar, dass | |
| Morrissey die Gegenposition um der Gegenposition willen einnimmt. Egal | |
| welche Meinung vorherrscht, er pflegt die Antihaltung – und sei auch | |
| rassistisch und rechtspopulistisch. Hauptsache, politische Randposition. | |
| Über eine Million Follower hat er trotzdem – oder gerade deshalb. Sein Post | |
| zu Manchester erhielt an die 90.000 Likes. | |
| Das Problem dabei ist nicht Morrissey allein, sondern dass eine fatale | |
| Fehleinschätzung inzwischen recht verbreitet ist: dass jeder Widerspruch | |
| gegen „die Politik“ automatisch kritisch ist. Genau an diesem Punkt treffen | |
| sich nämlich immer häufiger Linke und Rechte. | |
| 26 May 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Peter Weissenburger | |
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