| # taz.de -- Krise der Stahlindustrie: Der Ruhrpott brodelt wieder | |
| > Überkapazitäten und Fusionspläne: Beim Stahlkonzern Thyssen-Krupp | |
| > fürchten und kämpfen die StahlarbeiterInnen um ihre Stellen. | |
| Bild: Stellen bedroht: Stahlarbeiter in Duisburg | |
| Berlin taz | Branchenprimus Thyssen-Krupp will eine halbe Milliarde Euro | |
| sparen. Bislang schweigt das Unternehmen jedoch über die dazu konkret | |
| erforderlichen Maßnahmen. | |
| Das soll sich am Donnerstag ändern, wenn bei einer | |
| Sonderbelegschaftssitzung in Hüttenheim voraussichtlich 5.000 | |
| StahlarbeiterInnen zusammenkommen: „Die Vorstandsmitglieder werden Rede und | |
| Antwort stehen müssen“, kündigt Werner von Häfen, Betriebsratsvorsitzender | |
| des Werks Hüttenheim, an. Laut IG Metall und Betriebsrat sind nämlich 4.000 | |
| Arbeitsplätze von den aktuellen Sparplänen in der Stahlsparte von | |
| Thyssen-Krupp bedroht. | |
| Anfang April hatte Deutschlands größter Stahlkonzern angekündigt, die | |
| Sparmaßnahmen in den nächsten drei Jahren umzusetzen; dabei war auch von | |
| „Effizienzsteigerungen beim Personal“ die Rede. Sicher ist bereits: In den | |
| Werken in Duisburg-Hüttenheim und Bochum sollen rund 350 Stellen wegfallen. | |
| Zudem äußerte sich Vorstandschef Heinrich Hiesinger offen über Fusionspläne | |
| mit dem indischen Konkurrenten Tata. | |
| Diese Maßnahmen sollen die Stahlsparte von Thyssen-Krupp wieder rentabel | |
| machen: „Wir müssen unsere Kapitalkosten erwirtschaften, um den Fortbestand | |
| des Stahlgeschäfts zu sichern“, teilte das Unternehmen auf Anfrage der taz | |
| mit. „Das ist seit der Finanzkrise 2008/09 nicht mehr der Fall.“ | |
| Für den Betriebsratsvorsitzenden von Häfen ist die Absicht der Fusion mit | |
| Tata klar: Sie bedeute eine radikale Restrukturierung. Damit würden noch | |
| mehr Arbeitsplätze verloren gehen, sonst lohne sich die Zusammenlegung | |
| nicht. | |
| ## Gigantische Fehlinvestitionen | |
| Thyssen-Krupp hatte zuletzt eingeräumt, dass sich die Lage auf den | |
| Stahlmärkten besonders in den letzten Monaten nicht wie erhofft entwickelt | |
| habe. Die Überproduktion in China führe in Europa zu einem Überangebot. Die | |
| deutschen Werke von Thyssen-Krupp können folglich mehr produzieren, als | |
| profitabel verkauft werden kann: Diese Überkapazitäten will und muss das | |
| Unternehmen durch Arbeitsplatzabbau und Werkschließungen verringern. | |
| Theo Steegmann, ehemaliger Stahlarbeiter und Organisator des | |
| Krupp-Arbeitkampfes vor 30 Jahren, meint gar, Thyssen-Krupp wolle mit der | |
| Fusion den ganzen Stahlbereich loswerden. Der Druck komme dabei vom | |
| schwedischen Großinvestoren Cevian, welcher 15 Prozent der Anteile an | |
| Thyssen-Krupp halte und den Aktienwert steigen sehen wolle. | |
| Der Handlungsbedarf steigt seit den gigantischen Fehlinvestitionen jüngster | |
| Vergangenheit in zwei Stahlwerke in Brasilien und den USA: Thyssen-Krupp | |
| investierte damals insgesamt 12 Milliarden Euro in die mittlerweile wieder | |
| verkauften Stahlwerke. Steegmann zufolge kompensierte der Betrieb die rund | |
| 400 Millionen Euro Verlust pro Jahr in Brasilien mit Gewinnen aus Duisburg. | |
| Damit jedoch nicht genug: Laut Steegmann hat der kriselnde Stahlriese | |
| jahrelang die Gehälter der Angestellten im Ruhrpott gekürzt; diese fühlten | |
| sich folglich durch die nun angekündigten Entlassungen hintergangen. | |
| Die Ausgangslage ist sehr ähnlich wie beim legendären Krupp-Arbeitskampf | |
| vor 30 Jahren. Damals demonstrierten Zehntausende Menschen über 160 Tage | |
| gegen die Schließung des Krupp-Hüttenwerks Rheinhausen, 6.000 Arbeitsplätze | |
| waren bedroht. | |
| Mit einer Großdemonstration am vergangenen Mittwoch scheint nun eine neue | |
| Protestwelle eingeleitet; 7.500 StahlkocherInnen begaben sich zum Stahlwerk | |
| Hüttenheim und machten sich mit Slogans wie „Stopp Stahl-Exit“ oder „Wir | |
| sind euer Kapital, wir sind Thyssen-Krupp“ für den Erhalt ihrer | |
| Arbeitsplätze stark. | |
| 10 May 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Dario Dietsche | |
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