# taz.de -- Schwerpunkt Schulbau in Berlin I: Schade, Schule | |
> Die alten Bauten marode, neue fehlen: Schule in Berlin, ein | |
> Sanierungsfall. Mit Ordnung, Geld und frischer Planung will man es wieder | |
> richtig machen. | |
Bild: Hands on: Schulbau ist ein Schwerpunkt des rot-rot-grünen Senat | |
Ist man erst mal der Lösung eines Rätsels ein Stück näher gekommen, | |
erscheint es einem im Nachhinein ja oft sehr naheliegend. Das gilt für | |
viele Dinge, für die Mörder-Frage im Sonntagskrimi, für knifflige | |
Kreuzworträtsel – und auch für die Frage, wie man verflixt noch eins | |
Berlins kaputt gesparte Schulen saniert und zugleich, angesichts der in | |
einigen Bezirken dramatisch wachsenden Schülerzahlen, möglichst schnell | |
neue baut. | |
Im Fall der kaputten Schulen heißt die Lösung: erst Ordnung schaffen, dann | |
viel Geld reinscheffeln. Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) hatte die | |
Bezirke dazu veranlasst, systematisch ihre Schulen zu begehen und jedes | |
kaputte Klo zu dokumentieren. Im März wurde dieser „schulscharfe | |
Statusbericht“ vorgestellt, mit 3,9 Milliarden Euro Sanierungsbedarf. Diese | |
Summe bildet künftig einen Schwerpunkt in den Haushalten, die Rot-Rot-Grün | |
in der gerade erst begonnenen Legislatur noch beschließen will. | |
Im Fall der Neubauten ist es komplizierter: Das komplette Planungssystem | |
ist quasi so marode wie das Schadow-Gymnasium in Steglitz-Zehlendorf – mit | |
einem Sanierungsbedarf von 20 Millionen Euro Berlins größter | |
„Großschadensfall“, wie die Senatsverwaltung für Finanzen die 29 Schulen | |
mit einem Sanierungsbedarf von über zehn Millionen Euro bezeichnet. Denn | |
zwischen der Feststellung im bezirklichen Schulamt, dass man sehr bald eine | |
Schule mehr brauchen wird, und der tatsächlichen Grundsteinlegung steht ein | |
aufgeblasenes, bürokratisches Monster, bei dem eine Verwaltung der anderen | |
ein Bein stellt. | |
Sieben bis acht Jahre dauert es, bis eine Schule fertig ist – das sind | |
beinahe anderthalb Grundschulgenerationen. Eine Taskforce Schulbau, die | |
Senatorin Scheeres (SPD) im Sommer 2016 vorstellte, soll das | |
Bürokratiemonster zur Strecke bringen, indem man Planungs- und Prüfprozesse | |
radikal kürzt. | |
## Eine Frage bleibt: Warum jetzt? | |
Eine Frage bleibt: Warum das alles ausgerechnet jetzt, die Systematik, das | |
viele Geld? Warum jetzt die sehr grundsätzliche Idee eines | |
kreditfinanzierten Landesbetriebs Schulbau, der ab 2018 neben Scheeres’ | |
Taskforce den Neubau außerdem beschleunigen soll. Die Idee, Schulen an der | |
haushälterischen Kontrolle des Parlaments vorbeizufinanzieren, hatte | |
übrigens ausgerechnet die Linkspartei Anfang 2016 zuerst ins Spiel | |
gebracht. | |
Der „Ruck“, den mancher Schulleiter da gerade wahrnimmt, fällt mit dem | |
Regierungswechsel vergangenen Herbst zusammen – aber er hat nicht so viel | |
damit zu tun, dass jetzt Rot-Rot-Grün statt Rot-Schwarz regiert. Für die | |
Idee eines Landesbetriebs hatte sich tatsächlich früh im Wahlkampf eine | |
rot-rot-grüne Allianz gefunden. Allerdings war auch die CDU zunächst dafür, | |
bis sie sich darauf zurückzog, Opposition zu machen (und verlor). | |
Die Systematik, mit der jetzt der Sanierungsstau angegangen wird, ist vor | |
allem das Verdienst einer Bildungssenatorin, der mitunter vorgeworfen wird, | |
sie bleibe blass im Amt. Mit der Erhebung des Sanierungsbedarfs hatte | |
Scheeres 2015 aber eine sehr verdienstvolle Idee – die Frage ist höchstens, | |
warum sie bei ihrer ersten Amtszeit dazu vier Jahre gebraucht hat. | |
Ironischerweise ist das „Jahrzehnt der Investitionen“, mit dem Rot-Rot-Grün | |
einen Schwerpunkt auf den Schulbau legen will, nur möglich, weil viele | |
Vorgängerregierungen zuvor gespart haben – auch auf Kosten der Schulen. Ein | |
gesundgesparter Haushalt wird jetzt also richten, was die Sparpolitik zuvor | |
ruiniert hat. Finanzpolitik ist tatsächlich, anders als Sonntagskrimis, | |
nicht immer so leicht durchschaubar. | |
16 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
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