# taz.de -- 1.-Mai-Demo in Berlin-Kreuzberg: Spaziergang mit viel Feuer | |
> Die 18-Uhr-Demo ist ohne größere Zwischenfälle nach knapp zwei Stunden zu | |
> Ende gegangen. Es gab mehrere Festnahmen. | |
Bild: Immer wieder wurden Feuerwerkskörper gezündet | |
Die krawallträchtige 18-Uhr-Demonstration in Berlin-Kreuzberg ist am | |
Montagabend nach knapp zwei Stunden ohne größere Zwischenfälle zu Ende | |
gegangen. Es gab zwar mehrere Festnahmen während der Demo, insgesamt war | |
die Stimmung im Zug jedoch überwiegend entspannt und oft euphorisch. Die | |
Polizei hielt sich über weite Strecken zurück, obwohl im Demozug immer | |
wieder Nebeltöpfe und Bengalos gezündet wurden. Dichte Rauchschwaden zogen | |
durch die Luft. Laut Veranstalter haben an dem Protest 15.000 Menschen, | |
laut Polizei etwa die Hälfte teilgenommen. | |
Am Endpunkt Spreewaldplatz kam es dann zu vereinzelten Flaschenwürfen auf | |
die Polizei und zahlreichen Festnahmen – der grüne Innenexperte Benedikt | |
Lux sprach von „Auflösungskrawallen“ wie den vergangenen Jahren auch. | |
Insgesamt bewertete aber auch er den Verlauf der Demo bis zu diesem | |
Zeitpunkt als positiv. Nach einer knappen Stunde beruhigte sich die Lage. | |
Genaue Zahlen und Festnahmen liegen bisher nicht vor. | |
Lediglich an einer Stelle des fast fünf Kilometer langen Demozugs drohte | |
die Situation zuvor zu eskalieren: In der Pannierstraße ging die Polizei in | |
die Spitze der Demo hinein, um jemanden festzunehmen. Dabei wurden | |
Schlagstöcke und Pfefferspray eingesetzt. Die Polizei begründete die Aktion | |
später damit, dass Teilnehmer vermummt waren und Fahnenstangen als | |
Schlagstöcke benutzt hätten. | |
„Der Aufzug hat Gewaltpotenzial“, sagte dann auch Polizeipräsident Klaus | |
Kandt am Ende der Demo. Etwa 300 Demonstranten würden als gewaltbereit | |
eingestuft, rund 800 als deren Unterstützer. Seit 30 Jahren kommt es meist | |
während oder nach dieser Demonstration zu Gewaltausbrüchen. Die | |
Mai-Krawalle in Kreuzberg hatten erstmals vor 30 Jahren für Schlagzeilen | |
gesorgt. Sie nahmen in den Vorjahren aber deutlich ab. | |
In diesem Jahr war die Demonstration erstmals nicht angemeldet worden. | |
Zudem startete sie auf dem stets überfüllten Myfest-Gelände am Oranienplatz | |
mit gut 1.000 Teilnehmern. Die Polizei ließ die Demonstranten – von denen | |
viele vermummt waren – gewähren, und zeigte kaum Präsenz, bis die Demo aus | |
dem Myfest draußen war. Erst danach liefen Beamte in Sicherheitskleidung | |
und mit Helmen an den Seiten des Protestzugs. | |
Für Innensenator Andreas Geisel (SPD) war es der erste 1. Mai im Amt. Er | |
war davon ausgegangen, dass es auch 30 Jahre nach den ersten heftigen | |
Krawallen an diesem Tag in Kreuzberg nicht gänzlich friedlich bleibt: „Wir | |
setzen wieder auf die bewährte Doppelstrategie: Kommunikation, solange es | |
friedlich bleibt, und hartes Durchgreifen gegen Gewalttäter.“ Die Polizei | |
war insgesamt mit rund 5.500 Einsatzkräften in ganz Berlin im Einsatz. | |
Innensenator Geisel und Polizeipräsident Kandt verteidigten am Abend am | |
Rande der Demo die Entscheidung, diese durch Kreuzberg ziehen zu lassen, | |
obwohl sie nicht angemeldet war. „Wir haben vermieden einzugreifen, um | |
keine Eskalation auf das Fest zu tragen“, sagte Kandt. | |
Geisel verwies auf das im Grundgesetz festgeschriebene Versammlungsrecht. | |
Eine Anmeldung diene dazu, dass sich die Polizei vorbereiten könne. Das sei | |
gewährleistet gewesen. Die Nichtanmeldung der Demonstration werde aber | |
Konsequenzen haben. Es habe eine Güterabwägung mit Blick auf das Myfest und | |
eine Beschränkung der Demonstration am Abend gegeben. An der Stelle sei es | |
schlauer gewesen, deeskalierend zu wirken. | |
1 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Malene Gürgen | |
Erik Peter | |
Bert Schulz | |
Plutonia Plarre | |
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