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# taz.de -- Petition der Woche: Niemand will für Lia zahlen
> Andrea Salomon soll für die Hortbetreuung ihrer behinderten Tochter mehr
> zahlen als andere. Sie findet das ungerecht.
Bild: Sie braucht besondere Aufmerksamkeit: Lia Salomon in den Armen ihrer Mutt…
Die siebenjährige Lia hat eine seltene Behinderung. Sie hat das
Ohdo-Syndrom und ist deshalb geistig und körperlich stark eingeschränkt. Im
Hort braucht Lia daher zusätzliche Unterstützung: Während des Mittagessens,
beim Schuheanziehen, bei Toilettengängen. Besonders bei den Hausaufgaben
benötigt sie eine Eins-zu-eins-Betreuung, sagt Helena Lüns-Wenzel. Die
Heilpädagogin betreut Lia gemeinsam mit drei weiteren behinderten Kindern
im Hort Trinitatis im niedersächsischen Lingen.
Bis zur Einschulung war die Betreuung kein Problem, denn in der Kita wurden
die Kosten für eine Heilpädagogin noch übernommen. Seit Lia in der
Grundschule ist, sieht das jedoch anders aus. Für die Betreuung im Hort
müssen Lias Eltern aus eigener Tasche draufzahlen: 550 Euro pro Monat. Mit
den regulären 220 Euro macht das monatlich fast 800 Euro.
Die Mutter, Andrea Salomon, findet das ungerecht. Weil sie für den Hort
nicht mehr zahlen will als Eltern nichtbehinderter Kinder, hat sie mit
Unterstützung eines Sozialverbands beim Landgericht Osnabrück geklagt. Und
gleich zwei Einzelfallpetitionen eingereicht: beim Niedersächsischen
Landtag und beim Deutschen Bundestag. Sie beruft sich darin auf die
UN-Behindertenkonvention, aber auch auf Artikel 3 des Grundgesetzes:
„Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“, heißt es
dort.
Benachteiligen will Lia eigentlich auch niemand. Der Landkreis Emsland
erklärt auf seiner Homepage, dem Recht auf soziale Inklusion einen hohen
Stellenwert beizumessen. Und auch das Land Niedersachsen stellt sich
öffentlich gegen eine Ungleichbehandlung von behinderten und
nichtbehinderten Kindern.
## Niemand will die Kosten tragen
Die Kosten für die Betreuung will trotzdem niemand übernehmen. Das Land
Niedersachsen sagt, die Sache sei kommunale Angelegenheit. Der Landkreis
Emsland wiederum will eine Betreuung nur im Rahmen des Pflichtunterrichts
in der Schule übernehmen. Lias Heilpädagogin Lüns-Wenzel kritisiert das.
„Es wird immer wieder vergessen, dass der Hort auch zur Bildungsarbeit
dazugehört.“
Aber der Landkreis beruft sich auf das Sozialgesetzbuch. Darin steht, dass
sich Eltern an zusätzlicher Betreuung je nach Einkommen selbst beteiligen
müssen.
Salomon verweist in ihren Petitionen darauf, dass der niedersächsische
Kommunalverband Hannover die Hortbetreuung für behinderte Kinder übernimmt.
Auch wenn Hannover das anders regele, sei der Landkreis Emsland im Recht,
erklärt Landrat Reinhard Winter. „Der Landkreis wird für die korrekte
Ausführung von Gesetzen kritisiert“, erklärte er in einer Mitteilung.
## Für Lia zu spät
Dem Landrat zufolge liegt das Problem anderswo. Der Bundestag hat im
vergangenen Dezember ein neues Bundesteilhabegesetz beschlossen. „Der
Bundesgesetzgeber hat es versäumt, spätestens mit dem Bundesteilhabegesetz,
das Sozialgesetzbuch entsprechend zu ändern und auf eine Kostenbeteiligung
in diesen Fällen zu verzichten“, so der Landrat.
Lia selbst wird die Petition wahrscheinlich nicht mehr helfen. In der Neuen
Osnabrücker Zeitung äußerte sich ihre Mutter: „Ich befürchte, für meine …
kommt eine rechtliche Klärung der Situation zu spät“. Lia besucht den Hort
schon seit August 2016. Die Hortkosten könnten sich die Eltern auf längere
Sicht nicht mehr leisten.
Nach dem ganzen Trubel um Lia will sich Andrea Salomon vor der Presse erst
mal nicht wieder äußern. Doch es geht nicht nur um Lia. Ihre Mutter weist
auf ein wichtiges Thema hin. Zwar ist Lias Krankheit selten, betroffen von
den hohen Betreuungskosten sind aber auch viele andere Eltern behinderter
Kinder.
7 May 2017
## AUTOREN
Lea Diehl
## TAGS
Inklusion
Behinderung
Bürokratie
Emsland
Petition
Leben mit Behinderung
Schwerpunkt Landtagswahlen
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Christian Specht
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