# taz.de -- Wahl in Frankreich: Gegen das System spielen | |
> Emmanuel Macron und Marine Le Pen stehen in der Stichwahl. Fünf Lehren, | |
> die wir aus der Frankreich-Wahl mitnehmen können. | |
Bild: Es ist ein enttäuschendes Wahlergebnis für den Kandidaten der Républic… | |
## 1. Die Anti-System-Karte war die richtige | |
Mit seiner „sowohl rechts als auch links“-Linie hat Emmanuel Macron | |
geschafft, was noch vor kurzer Zeit für einen Kandidaten ohne oder | |
zumindest fast ohne Erfahrung undenkbar schien: Er ist an den politischen | |
Parteien – und anderen Repräsentanten des gesamten linken Spektrums – | |
vorbeigezogen, hat seine Kandidatur durchgesetzt und steht nun an der | |
Spitze des ersten Wahlgangs. Damit hat die Seifenblase, die angeblich schon | |
längst hätte platzen müssen, standgehalten – allen Kritikern zum Trotz, die | |
zuletzt vor allem von rechts kamen. | |
Der Verzicht Hollandes, der juristische Ärger François Fillons, die | |
Entmachtung seiner primären Konkurrenten, die schlechte Kampagne von Benoît | |
Hamon: Die Sterne standen unaufhörlich gut für Emmanuel Macron. Für den | |
zweiten Wahlgang ist noch alles offen, aber in allen vorstellbaren | |
Konstellationen wäre auch laut Umfragen ein Duell gegen Marine Le Pen das | |
vorteilhafteste für ihn. Allerdings muss er dazu noch die bisherigen | |
Mélenchon-WählerInnen überzeugen, für ihn zu stimmen, wenn er einen | |
möglichst großen demokratischen Zusammenschluss will. | |
## 2. Ein Wiedersehen mit der Justiz für Fillon | |
Nicht nur ist François Fillon von der Scheinbeschäftigungs-Affäre eingeholt | |
worden. Auch sein Umgang mit den Vorwürfen ließ ein anderes Gesicht | |
erkennen als jenes, auf dem seine Kampagne bislang beruht hatte. Unmöglich, | |
da noch den Wählern gegenüber von Integrität, Wahrheit und Aufopferung zu | |
sprechen, wo ein solcher Zweifel über ihm schwebte. Wenngleich seine | |
Beharrlichkeit auch alle überraschte und es ihm ermöglichte, bis zum Ende | |
im Rennen zu bleiben, musste Fillon sich schließlich auf die reaktionärste | |
Randgruppe seiner Unterstützer verlassen. | |
All das lässt auf grundlegende Umbildungen in der konservativen Partei | |
schließen, sobald diese Niederlage offiziell verkündet ist. Denn mit Macron | |
an erster Stelle und dem Ausscheiden Fillons beim ersten Wahlgang schlägt | |
nun auch ein wenig die Stunde der Rache für Alain Juppé, Verlierer der | |
konservativen Vorwahlen, der den Kandidaten auf dem Höhepunkt des Skandals | |
beinahe ersetzt hätte. Francois Fillon hingegen wird sich nun voll und ganz | |
seinen juristischen Problemen widmen können. | |
## 3. Die Vorwahlen, eine fehleranfällige Innovation | |
Das Prinzip Vorwahlen hat einen Knacks. Jean-Luc Mélenchon, Emmanuel Macron | |
und Marine Le Pen, in so klassischer Manier wie nur möglich ernannte | |
beziehungsweise selbsternannte Kandidaten, haben besser abgeschnitten als | |
die Gewinner der Vorwahlen der zwei größten Parteien in Frankreich, die | |
gleich aus dem ersten Wahlgang rausflogen. Es ist zweifelhaft, ob dieses | |
Prinzip, das als Frischekur für die französische Demokratie präsentiert | |
worden war, diese Wahlen überhaupt überlebt. | |
## 4. Kein „Attentats-Effekt“ | |
Die Attacke auf den Champs-Elysées am Donnerstag hat wieder in Erinnerung | |
gebracht, dass der islamistische Terror diesen demokratischen Prozess | |
empfindlich durcheinander bringen könnte. Auch wenn Marine Le Pen es in den | |
zweiten Wahlgang schafft, scheint es ihr aber dennoch nicht gelungen zu | |
sein, aus dem Klima des Terrors Profit zu schlagen, wie sie geglaubt hatte. | |
Dasselbe gilt für François Fillon. Zwar fand die Wahl am Sonntag in einer | |
Atmosphäre statt, in der die Spannung geradezu mit Händen greifbar war, sie | |
blieb aber ohne Vorfälle. | |
## 5. Die Umfragen schlagen Big Data | |
Wer würde die Ergebnisse des ersten Wahlgangs besser vorhergesagen – die | |
„klassischen“ Wahlumfragen oder die Daten, die auf der Online-Präsenz der | |
Kandidaten beruhten? Das war ein zweites Wettrennen bei diesen Wahlen, das | |
im Hintergrund stattfand. Nach den Abstimmungen der letzten Zeit, die | |
einiges an Überraschungen bargen – Trump, Brexit und so weiter – wurde auf | |
einen Fehler der Meinungsforscher gelauert. Schlussendlich haben sie in | |
ihren Prognosen aber ganz ordentlich vorhergesagt, welche Dynamiken sich | |
entwickeln sollten. Big Data hingegen, das einen Aufstieg Fillons | |
versprochen hatte, muss sich in diesem Sinne noch verbessern. | |
Übersetzung aus dem Französischen: Johanna Roth | |
23 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
David Carzon | |
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