| # taz.de -- AfD-Parteitag in Köln: Schwere Schlappe für Frauke Petry | |
| > Die AfD-Chefin unterliegt bei Kölner Parteitag. Auch ihr Co Meuthen | |
| > watscht sie ab. Eine Kursänderung der Partei bedeutet das allerdings | |
| > nicht. | |
| Bild: Es wird einsam und düster um Frauke Petry. Fast ist sie zu bedauern. Fas… | |
| Köln taz | Am frühen Samstagnachmittag stehen die Delegierten des | |
| AfD-Bundesparteitags auf und klatschen begeistert Beifall. Vorn auf der | |
| Bühne hat Parteichef Jörg Meuthen in seiner Rede gerade alle Register | |
| gezogen. „Wenn wir den Hebel jetzt nicht umlegen, dann ist die | |
| unwiderrufliche Veränderung unsere Heimat in ein muslimisches Land eine | |
| mathematische Gewissheit“, ruft Meuthen in den Saal, und die Delegierten | |
| toben. | |
| Er wirft Kanzlerin Angela Merkel „Politik zum Schaden des deutschen Volkes“ | |
| vor, bezeichnet den SPD-Chef als „Kim Yong Schulz“ und gibt auch auch | |
| Justizminister Heiko Maas und der Grünen Claudia Roth einen mit, zwei | |
| Lieblingsfeinden der AfD. „Mit diesen Figuren werden wir keine Koalitionen | |
| eingehen“, sagt Meuthen. Wieder brandet Applaus auf. | |
| Damit watscht der AfD-Chef, der einst als Wirtschaftsliberaler gewählt | |
| wurde, nicht nur die genannten PolitikerInnen, sondern auch seine Kochefin | |
| Frauke Petry ab, allerdings ohne ihren Namen zu nennen. Denn Petry will die | |
| Partei auf einen realpolitischen Kurs zwingen, wie sie es nennt. | |
| Schon zuvor hatte Meuthen in seiner Rede gefordert, so mancher in der | |
| Partei müsse eigene Karriereambitionen zurückstellen und „im Dienst der | |
| Sache sein starkes Ego zurücknehmen“. Auch das darf getrost als Angriff auf | |
| Petry verstanden werden. Als die Delegierten lautstark applaudieren und | |
| vereinzelte „Meuthen“-Rufe aufkommen, sitzt die hochschwangere Parteichefin | |
| auf dem Podium ganz am Rand des Vorstandstischs und starrt auf ihr Handy. | |
| ## Verliererin Petry, Gewinner Meuthen | |
| In diesem Moment wird klar: Petry ist die große Verliererin dieses | |
| Parteitags. | |
| Am Morgen hatte Petry noch einmal für ihren „Zukunftsantrag“ geworben, der | |
| die AfD zu einer strategischen Richtungsentscheidung zwingen will. Die | |
| Parteichefin fordert, dass sich die Partei auf einen „realpolitischen Kurs“ | |
| festlegt und gegen „Fundamentalopposition“, ihr Antrag hat zu viel Ärger in | |
| der Partei geführt. Er wird von vielen als spalterisch empfunden. | |
| Auch, weil Petry in der Antragsbegründung Vizechef Alexander Gauland als | |
| Vertreter dieser Fundamentalopposition namentlich benennt. „Es tut mir | |
| leid, dass er das als persönlichen Angriff verstanden hat“, sagt Petry in | |
| Köln und bietet an, gemeinsam mit Gauland den Antrag neu zu formulieren. | |
| Inhaltlich aber bleibt sie dabei: Das öffentliche Bild der Partei dürfe | |
| nicht von einer „lauter Minderheit“ bestimmt werden. | |
| Doch sie kann sich nicht durchsetzen. Die Delegierten beschließen, sich mit | |
| diesem und zahlreichen anderen Anträgen – darunter auch einer, der das | |
| Parteiausschlussverfahren gegen AfD-Rechtsaußen Björn Höcke abbiegen will – | |
| nicht zu befassen. Die offizielle Begründung: Der Parteitag solle sich auf | |
| die Verabschiedung des Wahlkampfprogramms konzentrieren. Doch damit haben | |
| Petrys Gegner erreicht, was sie wollten: Petry scheitert mit ihrem | |
| Hauptziel für diesen Parteitag. | |
| ## Vorsitzende will Petry bleiben | |
| Ein Antrag dagegen, kein Spitzenteam für die Bundestagswahl aufzustellen, | |
| schmettern die Delegierten knapp ab. Hätten sie ihn angenommen, hätte dies | |
| Petrys Position wieder gestärkt. Die Parteichefin hatte vor wenigen Tagen | |
| nach wochenlangen Machtkämpfen in der Führungsspitze erklärt, sie stehe | |
| weder als alleinige Spitzenkandidatin noch für ein Team zur Verfügung. | |
| Sie hatte nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie eine Teamlösung ablehnt. | |
| Bundesvorstand und eine Mitgliederbefragung aber hatten genau dafür | |
| votiert. Gäbe es nun gar kein Spitzenteam, wäre Petry als Parteichefin, die | |
| zudem auf Platz eins der sächsischen Landesliste steht, automatisch die | |
| zentrale Person im Wahlkampf gewesen – zumal ihr Kochef Meuthen nicht für | |
| den Bundestag kandidiert. Doch so kam es nicht. | |
| Trotz ihres Scheiterns will Petry vorerst keine Konsequenzen ziehen. „Ich | |
| bin und bleibe Parteivorsitzende“, sagte sie vor Journalisten. Der | |
| Bundesvorstand der AfD soll erst nach der Bundestagswahl neu gewählt | |
| werden. Sie behalte sich vor, in den kommenden Monaten des Wahlkampfs zu | |
| beobachten, wie sich der Weg der Partei ohne die von ihr geforderte | |
| strategische Klärung gestalte, sagte Petry weiter. Solange die Partei nicht | |
| erkennen lasse, wohin ihr Weg gehe, müssten diejenigen den Wahlkampf | |
| führen, die eine Kursklärung ablehnten. | |
| ## Keine Kursänderung der Partei | |
| Was das genau heißt, sagte sie nicht. Zunächst wird sich Petry sicher ihrem | |
| Privatleben zuwenden. In wenigen Wochen erwartet die 41-Jährige ihr fünftes | |
| Kind, ihr Mann Marcus Pretzell ist Spitzenkandidat für die NRW-Landtagswahl | |
| im Mai.. | |
| Die Schlappe für Petry allerdings bedeutet keine Kursänderung der Partei. | |
| Zwar hat sich Petry für Höckes Ausschluss stark gemacht, sie selbst aber | |
| hat auch immer wieder Signale nach ganz rechtsaußen gesendet – zum Beispiel | |
| als sie erwog, den Begriff „völkisch“ wieder positiv zu besetzen. In dem | |
| Konflikt geht es weniger um inhaltliche Fragen, denn um Strategie und | |
| Macht. | |
| Am Nachmittag diskutiert der Parteitag das Wahlprogramm. Das Spitzenteam | |
| für die Bundestagswahl, für das auf den Gängen des Kölner Maritim Hotels | |
| Parteivize Gauland, die wirtschaftsliberale Baden-Württembergerin Alice | |
| Weidel und die Lebensschützerin Beatrix von Storch, die im Europaparlament | |
| sitzt, gehandelt werden, wird aller Voraussicht erst am Sonntag gewählt. | |
| Zwischendurch kursierte das Gerücht, Petry habe den Parteitag verlassen. | |
| Petry schritt umgehend an das Mikrofon auf der Bühne und sagte, als | |
| Parteivorsitzende bleibe sie „selbstverständlich“ bis zum Ende. Dann | |
| meldete sie sich auf einen Kaffee ab. | |
| 22 Apr 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Sabine am Orde | |
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