| # taz.de -- Medien und die AfD: Beziehungsstatus: kompliziert | |
| > Der Umgang der AfD mit Medien ist speziell. Sie schließt kritische | |
| > JournalistInnen von Parteiveranstaltungen aus und setzt auf eigene | |
| > Medienkanäle. | |
| Bild: Beim Landesparteitag in Hannover war die Presse ausgeschlossen | |
| Keine Pressekonferenz, keine Interviews: Als AfD-Bundesvorsitzende Frauke | |
| Petry am Mittwoch überraschend erklärt, im Bundestagswahljahr nicht für | |
| eine Spitzenkandidatur zur Verfügung zu stehen, stellt sie einfach eine | |
| Videobotschaft auf Facebook. | |
| Aufmacher in den Hauptnachrichtensendungen ist sie trotzdem. | |
| JournalistInnen kommen an der AfD eben nicht vorbei – und das, obwohl die | |
| ParteifunktionärInnen sie wahlweise als „Lügenpresse“, „Lückenpresse�… | |
| „Systempresse“ verunglimpfen. | |
| Petry bleibt bis auf Weiteres Bundesvorsitzende und damit an der Macht. Sie | |
| und nicht zuletzt auch ihr Ehemann, der AfD-Politiker Marcus Pretzell, | |
| haben damit nicht nur die bisherige Medienstrategie der AfD geprägt wie | |
| niemand sonst in der Partei – sie dürften es auch weiterhin tun. Was das | |
| bedeutet, weiß kaum jemand so gut wie Melanie Amann, spätestens seit einem | |
| Abend im sächsischen Delitzsch vor auf den Tag genau einem Jahr. | |
| Im Bürgerhaus begrüßt Pretzell die etwa 200 BesucherInnen. Dann stellt er | |
| die Spiegel-Reporterin vor. Amann sei ihm „besonders lieb“. In seiner | |
| Partei sei die Journalistin „weit bekannt dafür, dass sie vertrauliche | |
| Gespräche ungern vertraulich behandelt“ und „gerne mal private Ratschläge | |
| zu Frauke Petry und mir verteilt“. Ein Raunen geht durch den Saal. Amann | |
| macht sich klein auf ihrem Sitz, erinnert sie sich. Der Vortrag selbst | |
| steht auf YouTube. | |
| ## JournalistInnen bloß gestellt | |
| Als Dokumentarfilmer Stephan Lamby Ende März in einem Berliner Kino seine | |
| „Nervöse Republik“ vorstellt und die ProtagonistInnen diskutieren, ist es | |
| Petry, die gegen Amann wettert: „Grundsätzlich“ sollten ReporterInnen | |
| Zugang zu Parteiveranstaltungen haben, aber nicht, „wenn es Protagonisten | |
| gibt, die sich auch in das Privatleben von Politikern eingemischt haben“. | |
| Amann ist wieder im Saal, diesmal aber vor allem von KollegInnen umgeben. | |
| Auch wenn auf der Bühne Spiegel-Chefredakteur Klaus Brinkbäumer bei dem | |
| Versuch, seine Reporterin zu verteidigen, nicht durchdringt: Die Stimmung | |
| ist für sie. | |
| „Petry ist offenbar der Meinung, dass ich einen Feldzug gegen sie führe“, | |
| sagt Amann. Sie weist das deutlich von sich und attestiert Petry | |
| „undefinierten privaten Zorn“. Wichtig ist ihr: Zu anderen | |
| AfD-FunktionärInnen habe sie einen „einigermaßen sachlich-vertrauensvollen | |
| Zugang“. | |
| Weder Petry noch Pretzell haben ihre Vorwürfe auf den Bühnen konkretisiert. | |
| Petrys Sprecher verweist pauschal auf Amanns Buch „Angst für Deutschland: | |
| Die Wahrheit über die AfD“ und eine Besprechung auf Tichys Einblick. Hier | |
| ist von „Klatschjournalismus“ die Rede, vor allem wenn es um Petrys | |
| früheres Leben mit Pastor Sven geht. Bei Pretzell hat sich Amann wiederum | |
| für die Finanzen interessiert. Ist die Kritik vielleicht doch berechtigt? | |
| Amann kontert, sie habe „nie in dem Sinne im Privatleben von Frau Petry | |
| gewühlt, dass ich mich dafür interessiert habe, was sie im Schlafzimmer | |
| macht“. Gleichwohl zähle zur Rolle als Politikerin mehr als politische | |
| Auftritte, derzeit etwa auch die Beziehung zu Pretzell: „Wenn sie mit einem | |
| führenden Mitglied ihrer Partei zusammen ist, dann hat auch die Beziehung | |
| eine politische Funktion. Das kann man nicht ignorieren.“ | |
| ## Kampfansage an die Öffentlich-Rechtlichen | |
| Genau das aber versucht Petry. Amann berichtet: Wenn es um Petrys | |
| Machtbereich in Sachsen gehe, erhalte sie keine Einladungen zu | |
| Veranstaltungen – obwohl sie die AfD seit Parteigründung begleite. Melde | |
| sie sich dennoch an, werde sie abgelehnt, zuletzt im März. Auch | |
| ARD-KorrespondentInnen mussten bereits bei Veranstaltungen vor oder mit der | |
| AfD draußen bleiben. Pretzell schmiss ein ZDF-Team, das zunächst | |
| reindurfte, mit den Worten aus dem Raum „das ist Pressefreiheit – die gilt | |
| auch andersrum“. Anfang dieser Woche präsentierte Petry außerdem in Berlin | |
| ihre Idee einer Medienlandschaft ohne Rundfunkbeitrag – eine Kampfansage an | |
| die Öffentlich-Rechtlichen. | |
| Petry hält KritikerInnen auf Abstand, das bescheinigt ihr auch Michael | |
| Klonovsky. Der einstige Focus-Redakteur war im vergangenen Jahr als | |
| Spindoktor der AfD angetreten. Vor einer Woche verabschiedete er sich und | |
| verbloggte seinen Zorn über „P&P“, wie er das Politikerpaar nennt, wenn er | |
| nicht gleich über das „duale Politbüro“ schimpft. Pretzell sei „ein | |
| unseriöser Mensch mit krankhaftem Drang zur Intrige“, der Petry steuere. | |
| Das alles sei ein „faszinierendes Schmierenkino – aber politisch ein | |
| Desaster“. | |
| Mit Medienprofis können „P&P“ also wenig anfangen. Dazu passt auch diese | |
| Entwicklung: Die AfD hat unter Petry für ihren Bundesparteitag in Köln | |
| einen viel zu kleinen Raum gemietet – zumindest, wenn es darum geht, | |
| JournalistInnen teilnehmen zu lassen. Parteisprecher Christian Lüth staunte | |
| auf Twitter über das „enorme Medieninteresse“ und erklärte: „Mehr als 1… | |
| Anmeldungen für nur 250 Plätze im Saal. Restriktionen vorprogrammiert.“ | |
| Gleichzeitig baut die AfD – ganz nach dem Vorbild der FPÖ – ihre eigenen | |
| Medienkanäle aus. Auf Facebook haben die Botschaften der Partei 320.000 | |
| NutzerInnen abonniert. CDU und SPD kommen nicht mal zusammen auf so viele | |
| digitale Fans – zumindest im Vergleich der Bundesseiten. Mit dem | |
| Onlineportal Der Blaue Kanal hat Petry zudem ein dezidiert „alternatives | |
| Medium“ gegründet. | |
| ## Anhaltenden Provokation | |
| Dazu kommt das Stilmittel der anhaltenden Provokation, für die auch | |
| Alexander Gauland bekannt ist, der nun Spitzenkandidat werden könnte. Petry | |
| hatte einst selbst ihre Mitglieder per Rundschreiben zu diesem Türöffner | |
| für die Berichterstattung aufgefordert, wie sie dem Dokumentarfilmer Lamby | |
| freimütig erzählte: „Wenn wir die Aufmerksamkeit anderweitig nicht | |
| bekommen, dann ist es durchaus auch einmal angebracht, etwas schärfer zu | |
| pointieren, um dann die Gelegenheit zu bekommen, weiter auszuführen.“ | |
| Die AfD-Chefin versucht offenbar zudem, auf die Personalpolitik der Medien | |
| einzuwirken. Jedenfalls berichtete Petry im 40-minütigen Interview mit | |
| Dokumentarfilmer Lamby, das er auf seinem Portal dbate.de veröffentlicht | |
| hat, doch tatsächlich, man müsse anderen Spiegel-JournalistInnen als Amann | |
| „den Rücken stärken“. Sie wolle mit Chefredakteur Brinkbäumer reden, um … | |
| aus ihrer Sicht falsche Berichterstattung „abzustellen“. | |
| Brinkbäumer macht Petry wenig Hoffnung. Amann arbeite „herausragend, | |
| nämlich ruhig, sorgfältig und präzise“. Der Spiegel-Chef befürchtet, dass | |
| es Petry nicht um einen Einzelfall gehe, sondern die AfD „kritische | |
| Berichterstattung grundsätzlich unterbinden“ wolle. Es bleibe allerdings | |
| bei der „neutral kritischen Haltung“ seiner Redaktion zur Partei. „Nein�… | |
| sagt Brinkbäumer, „da gibt es nichts abzustellen.“ | |
| Wer Petry allerdings – vermeintlich – eine Bühne bietet, darf ran. Lamby, | |
| der beobachtet statt wertet, aber auch Spiegel-Reporter Alexander Osang. In | |
| der „Hausmitteilung“ des Spiegels hieß es allerdings, Petry sei „bei | |
| manchen Treffen zugewandt und offen, dann wieder misstrauisch und | |
| ablehnend“ gewesen. | |
| Und auch mit Petrys früherem Mann hat Osang über die AfD-Chefin gesprochen, | |
| wie in großen Buchstaben in der Geschichte steht: „Sven Petry will nicht | |
| über seine Exfrau sprechen – dann redet er viereinhalb Stunden.“ | |
| 21 Apr 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Daniel Bouhs | |
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