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# taz.de -- Zum ersten Todestag von Prince: Testament aus der Gruft
> Das Multitalent hinterließ der Nachwelt viele popmusikalische Schätze.
> Nun erscheint seine Biografie auf Deutsch – ein Mammutwerk.
Bild: Prince im Februar 1985
Prince ist tot. Heute vor einem Jahr starb der Pop-Gigant im Fahrstuhl
seines Anwesens Paisley Park im Alter von 57 Jahren an einer Überdosis
Schmerzmittel. Und doch: Prince lebt! Nicht nur in der Musik, die er seit
seinem Debüt „For You“ (1978) auf insgesamt 48 Alben, zahlreichen EPs, als
Kollaborateur in etlichen Nebenprojekten und als Komponist für Hits anderer
Interpreten veröffentlichte – Sinead O’Connors Version von „Nothing
Compares to U“ und „Eternal Flame“ der Bangles seien hier stellvertretend
genannt.
Unveröffentlichtes Material, das Prince seit Bestehen des Paisley Park ab
1985 in einem klimatisierten, mit Eingangscode gesicherten und nur über den
Fahrstuhl erreichbaren Lagerraum namens „The Vault“ (Tresor oder auch
Gruft) aufbewahrte, überschreitet das Volumen der veröffentlichten Werke.
Prince hinterließ kein Testament, angeblich sind die Rechte an den
Outtakes, Live-Mitschnitten und Hunderten unveröffentlichten Songs –
darunter laut seiner langjährigen Toningenieurin Susan Rogers viele
persönliche, die eher wie Tagebucheinträge funktionierten und nie zur
Veröffentlichung gedacht waren – inzwischen geklärt.
Also wird Prince Rogers Nelson aus Minneapolis, Minnesota, demnächst wieder
präsent sein. Eine EP mit sechs unveröffentlichten Songs ist seit heute
erhältlich. „Deliverance“ hat Prince zusammen mit Toningenieur Ian Boxill
zwischen 2006 und 2008 produziert. Sein gehassliebtes Label Warner hat
vergangenen November mit „4ever Prince“ eine erste postume Compilation mit
40 Songs aus der Zeit von 1978 bis 1993 (als Prince sich von Warner
lossagen wollte und publicityträchtig zum „Symbol“ wurde) auf den Markt
geworfen.
Dass so eine Hit-Sammlung im Prince-Universum wenig Sinn macht, da viele
Alben ein Konzept verfolgen und Songs sich thematisch aufeinander beziehen,
ist nur eine der vielen Erkenntnisse, die Matt Thorne mit „Prince – Die
Biografie“ liefert. Der britische Musikjournalist arbeitete lange an dem
über 700 Seiten Ziegelstein, der im Original erstmals 2012 erschien und für
dessen deutsche Fassung er ein „postumes“ Kapitel hinzugefügt hat. Thorne
konzentriert sich auf das künstlerische Werk des Multitalents.
Details über Entstehungsprozesse der einzelnen Alben flankiert er mit einer
akribisch recherchierten Übersicht zu Prince’ mannigfaltigen Nebenprojekten
und Protegés, Filmen und Büchern. Ganz im Sinne des Künstlers, der sich
gern nebulös gab und durch gezielte Falschmeldungen an der eigenen
Mystifizierung strickte, erwähnt Thorne Privates oder gar Skandalöses nur,
wenn es für die Genese eines Songs von Interesse ist oder einen Wendepunkt
in dieser singulären Popkarriere markiert.
## Prince arbeitete lieber mit starken Frauen
Etwa dass nach „Lovesexy“ Spiritualität und Glauben Einzug in die von
Perversitäten nur so strotzenden Songtexte der frühen Alben hielten. Thorne
analysiert die flamboyanten Kostümierungen von Prince, nimmt aber keine
kulturhistorische Ikonografie von dessen Styling wie beispielsweise des
Sonnenkönigaufzugs zu Zeiten von „Purple Rain“ (1984) vor.
Mehrmals verweist er darauf, dass Prince seine weiblichen Protegés von
Vanity bis Mayte, seiner ersten Ehefrau, stets sexualisiert und oft als
Opfer zeigt. Doch genauso seien Frauen in seinen Songtexten unerreichbar
und demütigten ihn. Thorne schreibt, dass Prince vor Männern Angst hatte
und lieber mit starken Frauen arbeitete. Angenehmerweise verzichtet er aber
auf psychologische Deutungen und würdigt den elementaren Einfluss der
Musikerinnen Wendy und Lisa. Wie viele andere Musiker*innen, Produzenten,
Arrangeure kommen sie ausführlich zu Wort. Lisa bestätigt, dass der
Kammerton im Hause Prince „autoritär“ gewesen sei, glaubt aber, dass
dadurch das Beste aus den Beteiligten herausgeholt wurde.
„Prince – Die Biografie“ schlägt einen Bogen von der multiethnischen,
multireligiösen und multigender Zusammenstellung seiner Bands, insbesondere
The Revolution, bis zu Prince’ langem Kampf mit der Musikindustrie, die
sein Werk gegen seinen Willen als „Black Music“ vermarktete. Vielleicht war
gerade dies Motor für Prince’ stilistische Vielfalt, von Funk über Jazz und
klassischer Musik bis zu Rock und HipHop. Thorne vergisst auch nicht seinen
Einfluss auf die Entwicklung des Dancefloor-Genres Chicago House. Und er
legt dar, dass Prince angesichts der weltumspannenden Bedeutung von HipHop
durchaus zwiespältig darauf reagierte.
Hat nichts genutzt: Chuck D von Public Enemy wird mit den Worten zitiert,
Prince’ Gesang auf „Sign o’ the Times“ habe seinen Rapstil maßgeblich
geprägt. Thorne betrachtet sein Subjekt aber nie zu ehrfürchtig – er
erwähnt die Gefahr von Lobhudelei jedoch oft, als sei er darauf bedacht,
bloß keine Angriffsfläche für Kritik zu bieten. Leider ist dem Kompendium
„nur“ ein Werkregister angefügt, Stichwort- und Personenregister mit
Einträgen wie „Medikamentenabhängigkeit“ und „Gustav Mahler“ wären
wünschenswert gewesen. Für Princeologen ist „Prince – Die Biografie“
unverzichtbar. „Normal“ Interessierte wird die Lektüre Mühe kosten – k�…
aber Anlass sein, sich mit dem Mammutwerk eingehender zu befassen.
20 Apr 2017
## AUTOREN
Sylvia Prahl
## TAGS
Prince
Popmusik
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Schriftsteller
David Bowie
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Tod
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