| # taz.de -- Kommentar Ostermärsche und Syrien: Aufklärung statt Folklore | |
| > Das Veto Russlands gegen die Aufklärung des Giftgasangriffs in Syrien ist | |
| > ein Skandal. Es ist Zeit, sich darüber zu empören. | |
| Bild: Vor Frieden kommt Aufklärung | |
| Wieder hat Russland im Weltsicherheitsrat die unabhängige Untersuchung | |
| eines Giftgaseinsatzes in Syrien verhindert – wie schon nach dem | |
| Giftgaseinsatz von 2013 in Ost-Ghouta. Damit sorgt Putin jetzt nach dem | |
| Chemiewaffen-Angriff von Khan Sheikhoun abermals dafür, dass die | |
| Verantwortlichen dieses Kriegsverbrechens nicht ermittelt werden. Das ist | |
| ein Schlag ins Gesicht für die Überlebenden und die Angehörigen der Opfer. | |
| Sie müssen sich nun weiter jahrelang das Mantra anhören, es wisse ja | |
| niemand, wer es gewesen sei! | |
| Wieder wird jede Partei ihre jeweils eigene Verschwörungstheorie basteln | |
| können. Und je mehr Versionen der Tat kursieren, desto besser für die | |
| Täter: Aufgrund der allgemeinen Unsicherheit hält sich die Empörung in | |
| Grenzen, die Verbrechen werden relativiert und am Ende vergessen. | |
| Straflosigkeit ist die Folge. | |
| Das Verhalten Russlands im UN Sicherheitsrat ist für die globale | |
| Friedenspolitik daher eine Katastrophe. Denn wenn schwerste | |
| Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen nicht sanktioniert werden, | |
| können die Täter einfach weitermachen. 29 Jahre nach dem Giftgasangriff in | |
| Halabdscha, 20 Jahre, nachdem die UN-Chemiewaffenkonvention in Kraft trat, | |
| wird in Syrien massiv Giftgas eingesetzt – und was passiert? Nicht einmal | |
| eine Untersuchung des Einsatzes der Massenvernichtungswaffen soll es geben. | |
| Das wird dauerhaft das Verbot des Einsatzes von solchen Waffen in Frage | |
| stellen. Und es wird das nach 1945 etablierte UN-System, seine ohnehin | |
| schon eingeschränkte Handlungsfähigkeit und seinen brüchigen Wertekonsens | |
| mehr und mehr beschädigen. Das bringt vor allem jenen Zulauft, die anstatt | |
| auf kollektive Lösungen lieber auf unilaterale Militärschläge setzen. | |
| ## Globale Friedensbewegung | |
| Wenn an diesem Wochenende die Friedensbewegung zu den Ostermärschen auf die | |
| Straße geht, müsste sie gegen die Kriegsverbrechen in Syrien protestieren, | |
| die zu Lasten des Assad-Regimes und seiner russischen und iranischen | |
| Verbündeten gehen. Sie müsste sich mit denjenigen aus der syrischen | |
| Zivilgesellschaft solidarisieren, die jenseits des Terrors des | |
| Assad-Regimes und der Brutalität der Dschihadisten einen dritten Weg | |
| verfolgen. Vor allem aber müsste sie das Veto Russlands im Sicherheitsrat | |
| endlich in den Fokus der Empörung stellen. | |
| Bei aller gerechtfertigten Kritik an Trump – statt folkloristisch wie seit | |
| Jahrzehnten die USA für alles Übel verantwortlich zu machen, sollte die | |
| Friedensbewegung diesmal ihre Kraft darauf konzentrieren, die | |
| Bundesregierung endlich dazu zu bewegen, all ihre diplomatischen Mittel | |
| einzusetzen um die Handlungsfähigkeit und damit die Glaubwürdigkeit der | |
| Vereinten Nationen wieder herzustellen – etwa in dem sie sich für eine | |
| Sondersitzung aller UN-Mitgliedsstaaten einsetzt. Eine solche | |
| Notfallsitzung der UN-Generalversammlung könnte das Veto Russlands im | |
| Sicherheitsrat umgehen. | |
| Denn nicht der völkerrechtswidrige Angriff der USA auf den syrischen | |
| Militärflughafen letzte Woche, mit dem sich, wie der Besuch des US | |
| Außenministers in Moskau zeigte, Russland längst arrangiert hat, wird den | |
| Weltfrieden langfristig bedrohen, sondern die immer weitere Aushöhlung des | |
| Rechts- und Wertesystems der UN, wie es am Mittwoch abermals durch das | |
| russische Veto geschah. So unwahrscheinlich es ist, dass sich die | |
| Demonstrationen am Wochenende diesem Thema annehmen werden – eine solche, | |
| wirklich auf globalen Frieden zielende Friedensbewegung wäre dringend | |
| nötig. | |
| 14 Apr 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Elias Perabo | |
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